Building Information Modeling im Kommen

BIM kommt! Das Thema „Building Information Modeling“ entwickelt sich gegenwärtig in Deutschland kontinuierlich weiter. Zwar hat sich die computerbasierte, vernetzte Arbeitsmethodik am 3-D-Modell auf dem deutschen Markt noch nicht durchgesetzt. Immer mehr große Projekte, gerade auf dem internationalen Planungsmarkt, werden aber unter Einsatz des Instrumentes BIM realisiert. Dazu kommt, dass BIM politisch gewollt ist: So benennt die Baukostensenkungskommission der Bundesregierung, die im November 2015 ihren Abschlussbericht vorgelegt hat, das Building Information Modeling als zu empfehlende Methodik, um integrales Planen zu gewährleisten.

17. Dezember 2015von Christof Rose

Dort heißt es: „Im Allgemeinen bietet der Einsatz von computergestützten Planungsmethoden, wie z. B. Building Information Modeling (BIM), durch die Verzahnung sämtlicher ansonsten voneinander getrennter Planungsschritte die Möglichkeit der Steigerung von Produktivität und Planungsqualität, der effizienteren Gestaltung von Arbeitsabläufen sowie einer wirtschaftlicheren Umsetzung, da durch die zusätzliche Einbindung des Faktors Zeit der gesamte Bauablauf im Vorfeld geplant, visualisiert und simuliert werden kann.“ Bundesminister Alexander Dobrindt stellte Mitte Dezember einen Stufenplan zur Einführung von „Building Information Modeling“ (BIM) vor. Der Stufenplan ist Teil des Aktionsplans Großprojekte, der, so der Wunsch des Ministers, einen „Kulturwandel am Bau“ begründen soll. 

Reaktion auf Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur
BIM sorgt für die Synchronisierung aller Daten, auf die alle Projektbeteiligten zugreifen können. So kann die vollständige Ausführungsplanung vor der Realisierung anhand eines Datenmodells überprüft werden. Zusätzlich zur Planung werden Daten zu Kosten und Terminen zu jedem Planungsdetail angegeben. Dadurch werden deutlich mehr Informationen als bisher vernetzt. Der ambitionierte Stufenplan des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sieht eine Vorbereitungsphase bis 2017 vor. Danach soll das Verfahren bei allen Bauprojekten des Ministeriums eingesetzt werden. Auch die Bundesarchitektenkammer (BAK) beschäftigt sich mit dem Stufenplan, da er BIM-Marksteine auch für Architektenleistungen setzt.

BIM-Expertengruppe der BAK
Die Bundesarchitektenkammer hat eigens eine BIM-Expertengruppe eingerichtet, in der erfahrene Architekten aus verschiedenen Bundesländern die aktuelle Entwicklung analysieren und Handlungsempfehlungen entwickeln. Die Gruppe begleitet insbesondere kritisch den „BIM-Stufenplan“, von Bundesinfrastrukturminister Alexander Dobrindt. Die BAK hat sich auch für die Definition der BIM-Prozesse nach den Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) engagiert.

Blickpunkt "Building Information Modeling" -
Interview mit Wolfgang Zimmer von Koschany + Zimmer Architekten KZA:


Für die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen wirkt der Essener Architekt Wolfgang Zimmer, Mitglied im EDV-Ausschuss der AKNW, in der BIM-Expertengruppe mit. Sein Architekturbüro Koschany + Zimmer Architekten KZA arbeitet bereits seit geraumer Zeit mit dem Instrument des Building Information Modeling.

Wolfgang Zimmer, ist das Thema „BIM“ nach Ihrem Eindruck bereits in großer Breite in der Architekturbranche in Deutschland angekommen?

  • Wolfgang Zimmer: Wir wissen aus Umfragen, dass gegenwärtig etwa 15 Prozent der Architekturbüros in Deutschland mit BIM arbeiten, in unterschiedlicher Tiefe. Das sind überwiegend die größeren Einheiten, die auch entsprechend vernetzt arbeiten müssen. Ich glaube aber, dass BIM kommt und sich weiter durchsetzen wird.

Wie sind Sie bei KZA-Architekten dazu gekommen, das Instrument BIM einzusetzen?

  • Wir haben viel darüber gehört und gelesen und kamen zu der Überzeugung, dass die Zusammenführung aller Planungsbeteiligten in einem virtuellen Raum und an einem Modell für unsere Planungsprozesse, die ja immer komplexer werden, der richtige Weg sein müsse. Wir haben dann in unserem Büro ein Team aus drei jungen Mitarbeitern gebildet, die das Thema für uns systematisch aufarbeiteten.

Mit welchen Investitionen muss man rechnen, wenn man als Architekturbüro auf BIM umstellen möchte?

  • Wir haben damals mehrere zehntausend Euro für die Einrichtung gleich mehrerer Arbeitsplätze ausgegeben. Ich bin aber davon überzeugt, dass sich diese Investition lohnt. Nicht allein, weil immer mehr Auftraggeber danach fragen werden. Auch die Abläufe im Büro werden durch BIM optimiert. Es muss in einem frühen Projektstadium Klarheit über viele Detailfragen hergestellt werden. Alle Kolleginnen und Kollegen, die an einem Projekt mitwirken, arbeiten mit dem Modell, bis hin zum Bauleiter, der nicht mehr ausschließlich mit einem ausgedruckten Plan, sondern inzwischen mit einem Tablet auf der Baustelle unterwegs ist. Später wird auch das Facility Management auf die Daten zugreifen: Wir können alle Handlungsanweisungen im System hinterlegen, Prüfzyklen definieren, Pflegeroutinen festlegen und vieles mehr.

Wie muss man sich die Zusammenarbeit der beteiligten Fachplaner und Gewerke in der Praxis vorstellen?

  • Grundlage der BIM-Arbeitsweise ist das Zeichnen in 3D mit einer entsprechenden BIM-fähigen Software. Neben der Zeichnung werden den einzelnen Gebäudeelementen Qualitäten und Parameter zugeordnet, die sich in Listenform darstellen lassen und als Grundlage der Massenermittlung für die Ausschreibung dienen. Die Zusammenarbeit mit ebenso „BIM-fähigen“ Ingenieurbüros erfolgt über eine eigens entwickelte Schnittstelle (IFC-Schnittstelle). Die Planungsleistungen des jeweiligen Fachplaners werden dabei in einem eigenen 3D-Fachmodell erbracht und dann in ein 3D-Koordinationsmodell eingelesen, das der Architekt erstellt hat. Über eine weitere Software wird geprüft, ob es Kollisionen zwischen den unterschiedlichen baulichen und technischen Gewerken gibt. Leider gibt es zurzeit weder verbindliche Normen noch Regeln dieser Zusammenarbeit. Meiner Meinung nach muss dringend die Definition von Mindestinhalten von BIM-Planungen in Anlehnung an die ISO Norm 19650 festgeschrieben bzw. in eine DIN umgesetzt werden. In dieser Frage sind die Kolleginnen und Kollegen der BAK aktiv.

Auch die Planungstiefe in den verschiedenen Leistungsphasen wird kontrovers diskutiert. Inwieweit führt BIM hier zu einer Verschiebung?

  • Wenn man dem BIM-Planungsprozess die Leistungsphasen der HOAI zugrunde legt, sind in den entsprechenden Leistungsphasen auch nur die Inhalte ins BIM-Modell zu übernehmen, die in der jeweiligen Leistungsphase vorgesehen sind. Mit anderen Worten: weitere Inhalte z.B. in der Vorplanung oder Entwurfsplanung, die bereits inhaltlich an die Ausführungsplanung heranreichen, sind entsprechend der HOAI zu beauftragen.

Sprechen wir über Ihre Arbeit in der Expertengruppe der Bundesarchitektenkammer. Wie ist der Stand in Sachen BIM auf Bundesebene?

  • In der Bundesregierung sind gleich drei Ministerien mit der Einführung von BIM befasst: Wirtschaft, Bauen und Umwelt, Verkehr und digitale Infrastruktur. Im Februar 2015 wurde von Verbänden und Institutionen aus der Branche die „Planen und Bauen 4.0 – Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH“ (PB 4.0) gegründet. Zu den Gründungsgesellschaftern gehören u.a. die Bundesarchitektenkammer und die Bundesingenieurkammer, der Verband beratender Ingenieure, der Hauptverband der Dt. Bauindustrie und die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen. Die neue Gesellschaft PB 4.0 versteht sich als nationale Plattform und als Kompetenzzentrum in den Bereichen Forschung, Regelsetzung und Marktimplementierung. Ihre Aufgabe ist es, als Wegbereiter die Einführung von BIM voranzubringen. Dazu hat die PB 4.0 einen Auftrag des BMVI zur Entwicklung eines „Stufenplans zur BIM-Einführung“ erhalten. Dieser Stufenplan wurde am 15. Dezember von Bundesminister Alexander Dobrindt in Berlin vorgestellt. Es geht also ganz konkret voran im Moment.

Liefen die Beratungen zwischen den ja ganz unterschiedlich ausgerichteten Partnern harmonisch ab?

  • Ganz im Gegenteil. Es gab drei Workshops der PB 4.0, an denen auch die Bundesarchitektenkammer beteiligt war. In den ersten Beratungsstufen gab es Überlegungen, die wesentliche Inhalte des Selbstverständnisses der Architekten in ihrer Stellung zum Auftraggeber verändert hätten. Insbesondere sah der erste Entwurf die Aufhebung der Trennung von Planen und Bauen vor. Dagegen haben wir heftig opponiert. Im Rahmen der Sitzungen der Expertengruppe haben wir dann wesentliche Änderungen erwirkt, die wir in der Aufsichtsratssitzung der PB 4.0 auch durchsetzen konnten. So wurde die von der BAK-Expertengruppe entwickelte Definition für BIM wird vollständig in den Stufenplan des Ministeriums übernommen. Sämtliche Bezüge zu einer Aufweichung oder Aufhebung des Prinzips der Trennung von  Planung und Ausführung wurden gestrichen. Und die Leistungsphasen der HOAI werden nun ausdrücklich als Planungsprozess zu Grunde gelegt.

Wie schätzen Sie den weiteren Verlauf der BIM-Entwicklung ein?

  • Zurzeit haben wir den Eindruck, dass die Architektenbüros tatsächlich zu den Vorreitern bei der BIM-Anwendung gehören. Viele Fachingenieure sind noch nicht in der Lage, BIM anzuwenden. Ebenso werden BIM-Leistungen noch nicht in dem erwarteten Umfang seitens der Auftraggeber nachgefragt. Ich bin allerdings überzeugt, dass ein größerer Bekanntheitsgrad der neuen digitalen Arbeitsweise durch verstärkte Werbung und Aufklärung mittelfristig zu einer größeren Nachfrage und somit zu einer stärkeren Marktdurchdringung führen wird. BIM ist ohne Frage im Planen und Bauen die Technologie der Zukunft - gerade auch für die kleinen und jungen Architekturbüros, die hier eine große Kompetenz entwickeln können.

Welche dringlichen Fragen sind nach Ihrer Einschätzung noch zu klären, bevor die Bundesregierung BIM zum Standard erheben kann?

  • Wesentliche Aspekte in der Anwendung sind noch unscharf. Etwa die Vertragsgestaltung für die verschiedenen BIM-Partner; auch die angesprochenen Fragen der Honorierung und der Haftung. Nicht zuletzt aus Architektensicht ganz wichtig: Wie steht es mit dem Urheberrecht bei kooperativen Planungsprozessen? Aber auch die Qualifizierung „BIM-Kompetenz“ als Eignungskriterium im Vergabeverfahren ist noch zu klären.

In der Diskussion erscheint BIM bisweilen als Allheilmittel, das Planungen beschleunigen und Bauprozesse kostengünstiger machen kann. Teilen Sie diese Einschätzung?

  • BIM kann sicherlich vieles leisten und auch manche Prozesse optimieren. Letzten Endes bleibt es aber eine Methode der Zusammenarbeit, die die Baubeteiligten, die Technologie und die Arbeitsorganisation von der ersten Idee an integriert. -  Mehr aber auch nicht.

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