Architektur mit BIM

Machen – aber nicht zu kompliziert!“ Diesen Rat gab der Düsseldorfer Architekt Matthias Pfeifer seinen zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die am 15. Dezember zur Fachtagung „Planen und Bauen mit BIM“ in die Akademie der Wissenschaften und der Künste gekommen waren. Da BIM kein bis ins Detail standardisierter Prozess sei, hätten die Beteiligten die Gelegenheit, die Anforderungen nach den individuellen Notwendigkeiten und nach ihren jeweiligen verfügbaren Mitteln und Kenntnissen zu definieren. „So können alle in immer ausgereiftere BIM-Prozesse hineinwachsen“, beschrieb Pfeifer die mögliche Entwicklung der in Deutschland immer noch jungen Planungsmethodik. Wie auch die weiteren Redner der Fachtagung betrachtete der RKW-Gesellschafter das Building Information Modeling nicht als revolutionär, sondern als evolutionär.

20. Dezember 2016von Herbert Lintz

Mit der Fachveranstaltung widmete sich das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW unter Mitwirkung der AKNW den besonderen Herausforderungen der Digitalisierung für Architekten und Stadtplaner. In der Baubranche erfolgt die Digitalisierung vor allem mit der Einführung des Building Information Modeling (BIM). In Vorträgen und Diskussionsbeiträgen kamen Architekten, Baujuristen und Bauherren mit Erfahrungen in der Anwendung von BIM zu Wort und stellten Praxisbeispiele vor.
„Wer den Wandel von analog zu digital verschläft, droht verdrängt zu werden“, stellte Reinhard Blümel, Leiter der Gruppe Bauwirtschaft und Hochbauangelegenheiten des Bauministeriums, in seiner Begrüßung fest. Die Baubranche liege an vorletzter Stelle im Digitalisierungsprozess. Dabei biete gerade die Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens große Chancen für die Einhaltung von Zeit und Kosten, beim Management von Baurisiken oder bei der Verbesserung von Transparenz, Akzeptanz und Vernetzung.
In einer Diskussionsrunde führten die Architekten Matthias Pfeifer (RKW, Düsseldorf), Wolfgang Zimmer (KZA, Essen) und Thomas Höxtermann (Nattler Architekten, Essen) in das Thema ein. „In Zukunft kann ein komplexes, voll umfängliches Datenmodell die Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten außerordentlich erleichtern“, erklärte Thomas Höxtermann. Damit das funktioniert, müssten die Daten mit Disziplin, Erfahrung und gleicher Zielrichtung angelegt, genutzt und stets kontrolliert werden.

System der Fehlervermeidung

In Großbritannien seien sich Architekten und Bauherren einig, dass mit BIM Einfluss auf die Qualität der Planung genommen werden könne, berichtete Wolfgang Zimmer. BIM verbessere deutlich die Analyse und Simulationsfähigkeit und das Erkennen potenzieller Fehler. „Systemführer ist der Architekt“, lautete das Credo von Wolfgang Zimmer. In der Praxis modelliere jeder Planer sein eigenes Modell nach den spezifischen Erfordernissen. Architekturmodell und Fachmodelle würden dabei in ein Koordinierungsmodell zusammengefasst. Dieses modellbasierte Planen erfordere kooperatives Arbeiten, Offenheit und eine gute Teamleistung, wenn die Potenziale der Methode  ausgeschöpft werden sollten, fasste Zimmer zusammen.
Einig waren sich die drei Architekten in der Beurteilung, dass BIM die Kreativität des Architektinnen und Architekten nicht einschränke, da der Entwurf immer noch auf einem weißen Blatt Papier beginne. Erst später werde das digitale Gebäude modelliert. Zudem sei Geduld angebracht: Bis alle in den Hochglanzprospekten angepriesenen Optionen von BIM mit der gemeinsamen Planung, Simulierung, Ausführung, Nutzung und Bewirtschaftung eines Bauwerks genutzt werden können, werde sicher noch einige Zeit vergehen.

BIM funktioniert innerhalb der HOAI
Wolfgang Zimmer und Matthias Pfeifer sind Co-Autoren der Informationsbroschüre „BIM AKNW“, welche die Architektenkammer NRW gemeinsam mit der Rechtsanwaltskanzlei Kapellmann und Partner als juristischen Leitfaden für den Umgang mit BIM erarbeitet hat. Aus der Kanzlei informierte Rechtsanwalt Dr. Jörg L. Bodden über das auf die Besonderheiten von BIM modifizierte Leistungsbild.
Da die HOAI methodenneutral ist, „funktioniert BIM im Wesentlichen innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen des Preis- und Werkvertragsrechts.“ Bodden räumte mit dem Missverständnis auf, dass sich durch BIM Leistungsphasen nach vorne verschieben würden. Wenn der Bauherr zu einem früheren Zeitpunkt eine höhere Planungstiefe wünsche, müsse eben eine rechtzeitige Beauftragung und Vergütung der Leistungen erfolgen.

Beispiel: Gesundheitscampus Bochum
Als gebautes BIM-Beispiel stellten der Berliner Architekt Peter Czekay und der Kölner TGA-Ingenieur Bernhard Pfeifer den Gesundheitscampus NRW in Bochum vor. „Es war keine Vorgabe des Bauherrn, wir selber wollten das Projekt in BIM planen“, beschrieb Peter Czekay den Antrieb und bestätigte damit den Trend: Viele Architekten suchen derzeit den Einstieg in die neue Methode, um sich auf zukünftige Anforderungen einzustellen. Für die Planung der technischen Gebäudeausrüstung des Campus wurden verschiedene Modelle für die einzelnen Gewerke erforderlich, da die jeweiligen Spezialprogramme noch nicht hinreichend miteinander kommunizierten. Die ausführenden Firmen arbeiteten ohnehin noch auf Grundlage einer 2 D-Planung. Aus der Erfahrung der Planung in little-closed-BIM leiteten Czekay und Pfeifer Anforderungen an big-open-BIM-Planungen ab. Für die Zukunft forderten sie ein Modell, das alle Daten und Elementinformationen enthält, das in allen Phasen genutzt wird, das Berechnungen und Simulierungen ermöglicht und schlussendlich auch die Organisation des Gebäudebetriebs begleitet.

BLB NRW: Auf dem Weg zu BIM

Aus Sicht des öffentlichen Bauherrn berichtete Lutz Grimsel, Architekt und Geschäftsbereichsleiter im Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW. Er beschrieb BIM als Managementmethode, die der BLB im Zusammenhang mit einem Partnerschaftsmodell zwischen Bauherrn, Planerteam und ausführenden Unternehmen sehe. „BIM reduziert nicht die Planungs- und Baukosten, kann aber die zugehörigen Risiken minimieren“, hob Lutz Grimsel hervor. Nicht alle BLB-Projekte seien für BIM geeignet, derzeit sehe sich der BLB auf einen Weg in Richtung BIM.
Mit dem Projekt BIMiD will das Fraunhofer Institut für Bauphysik anhand konkreter Bauprojekte Erkenntnisse gewinnen, um BIM insbesondere der mittelständisch geprägten Bauwirtschaft zum Erfolg zu verhelfen. Projektleiter Peter Noisten stellte den sogenannten BIM-Referenz-Bau-Prozess vor. Aus zwei mit BIM geplanten Objekten in Braunschweig und Ingolstadt wurden die tatsächlichen BIM-Prozesse erfasst, wissenschaftlich begleitet und beschrieben.

Architekten und Bauherren gefordert!

In seinem Ausblick nahm Markus Lehrmann, Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer NRW, sowohl Architekten als auch Bauherren in die Pflicht. „Architekturbüros jeder Größenordnung sollten sich mit BIM auseinandersetzen!“ Bei dem hohen gesellschaftlichen Anspruch an Architektur hätten Architekten und Stadtplaner weiterhin die Rolle des Konzeptgebers. Bei richtiger Anwendung des Planungswerkzeugs könne BIM zu mehr Planungssicherheit, Prozessoptimierung, höherer Wirtschaftlichkeit und besserer Qualität beitragen. „BIM fordert aber auch die Bauherren“, stellte Lehrmann fest. Die exakte vertragliche Definition der Leistungen, die Klärung der Verantwortlichkeiten und Schnittstellen und verbindliche Entscheidungen seien bei BIM unabdingbar. Unter diesen Voraussetzungen gehöre es zur klassischen Architektenkompetenz, nicht nur ein funktionsfähiges Gebäude, sondern auch ein zugehöriges Datenmodell zu entwickeln.    

Download des juristischen Leitfadens für BIM finden Sie hier.

Download des Fraunhofer BIM-Referenz-Bau-Prozesses unter www.bimid.de


Teilen via