Gehälter und Arbeitsbedingungen

Im Mai und Juni 2015 wurden die abhängig beschäftigten Kammermitglieder der deutschen Architektenkammern online zu den Rahmenbedingungen ihrer beruflichen Tätigkeit und ihren Gehältern befragt. Bundesweit wurden 53 072 Kammermitglieder zur Teilnahme eingeladen; in Nordrhein-Westfalen bat die AKNW 14 310 Kammermitglieder, an der Befragung mitzuwirken. 2354 Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen füllten den Fragebogen aus (Rücklaufquote: 16,5 %). - Im Folgenden stellen wir die zentralen Ergebnisse der Befragung dar, die vom Institut Hommerichforschung in Bergisch Gladbach durchgeführt wurde.

06. November 2015von Nicole Reiß, HommerichForschung

Unter den angestellten Mitgliedern der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen überwiegen die Männer: 59 % der Befragten sind männlich, 41 % weiblich. 77 % der Befragten sind Architekten, 7 % Innenarchitekten, 8 % Landschaftsarchitekten und  11 % Stadtplaner. Durchschnittlich sind die Befragten seit 17 Jahren berufstätig. 44 % der befragten Angestellten haben in 2014 in einem Architektur- oder Planungsbüro gearbeitet. In der gewerblichen Wirtschaft waren 24 % der Befragten beschäftigt. 31 % befanden sich in einem Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst.

33 % der Befragten beschreiben ihre berufliche Tätigkeit als „selbstständiges Ausführen von Tätigkeiten nach Anleitung“. 67 % geben an, Tätigkeiten vollständig selbstständig auszuführen bzw. eine leitende Funktion innezuhaben. In der Teilgruppe der weisungsgebunden Tätigen stellen Frauen mit 57 % die Mehrheit, während sie in der Gruppe der Befragten mit Leitungsfunktion mit 33 % unterrepräsentiert sind.

Position und Aufgaben

Angestellte in Architektur- und Planungsbüros sind überwiegend und häufiger als andere im Bereich der Ausführungs-/Werkplanung, der Entwurfsplanung, der Ausschreibung/Vergabe und der Bauleitung tätig. Angestellte in der gewerblichen Wirtschaft arbeiten demgegenüber häufiger als ihre Kollegen in den Bereichen Projektleitung, Projektsteuerung, Bauberatung/Baubetreuung und Projektentwicklung. Bei Angestellten im öffentlichen Dienst liegt häufiger als bei den übrigen Kammermitgliedern ein Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich Gebäudeunterhalt, Bauleitplanung, Bautechnische Verwaltung und Stadt- und Raumplanung.

Wer verdient wieviel?

Die Vollzeit tätigen Angestellten in NRW haben im Jahr 2014 im Mittel 54 000 Euro  verdient. Differenziert nach Art des Arbeitgebers zeigt sich, dass Angestellte in Architektur- und Planungsbüros mit 44 000 Euro signifikant weniger verdienen als die Angestellten im öffentlichen Dienst (60 000 Euro) bzw. in der gewerblichen Wirtschaft (65 474 Euro). Diese Abstufung gilt für alle Bundesländer, für die aufgrund ausreichender Fallzahlen ein Vergleich aller drei Teilgruppen möglich ist.

Im Ländervergleich zeigt sich ein deutliches Gehaltsgefälle: Die höchsten Gehälter in Architektur- und Planungsbüros erhalten Angestellte in Hessen (46 100 Euro), gefolgt von Rheinland-Pfalz (44 351 Euro) und Nordrhein-Westfalen (44 000 Euro). Die niedrigsten Gehälter werden diesen Angestellten in Sachsen-Anhalt (36 120 Euro). In der gewerblichen Wirtschaft ist das Gehaltsgefälle genauso steil: Es reicht im Ländervergleich von 72 000 Euro in Hessen bis 54 000 Euro im Saarland. Nordrhein-Westfalen belegt in diesem Ländervergleich den 4. Platz.

Mit zunehmender Berufserfahrung steigt das Bruttojahresgehalt: Im Mittel verdienen Angestellte, die mehr als 20 Jahre im Beruf sind, das 1,8-fache ihrer Kollegen mit maximal fünf Jahren Berufserfahrung.
Angestellte mit hoher beruflicher Eigenverantwortung (selbstständiges Ausführen von Tätigkeiten/leitende Funktion) verdienen im Mittel 1,3mal so viel wie weisungsgebundene Angestellte.
Frauen verdienen signifikant weniger als Männer: Im Mittel erhalten weibliche Angestellte 78 % des Gehalts ihrer männlichen Kollegen. Das durchschnittliche Bruttojahresgehalt der befragten Frauen liegt bei 45 765 Euro (Median). Die männlichen Angestellten verdienen im Schnitt 58 463 Euro. Dieser Zusammenhang gilt in allen erfassten Bundesländern.

24 % der Vollzeit tätigen Angestellten beziehen ein 13. Monatsgehalt; Weihnachtsgeld wird 44 % ausgezahlt. Ein Viertel bekommt zusätzlich zum Gehalt Urlaubsgeld. Vermögenswirksame Leistungen erhalten 33 % der Vollzeit tätigen Angestellten. Geldwerte Vorteile, Erfolgsprämien und andere Leistungen geben 44 % der Vollzeit tätigen Befragten an. Angestellte in Architektur- und Planungsbüros erhalten signifikant weniger zusätzliche Geldleistungen als Angestellte in der gewerblichen Wirtschaft und im öffentlichen Dienst.

Gehaltsanpassung bei 35 %

35 % der befragten Angestellten geben an, ihr Gehalt werde in regelmäßigen Abständen angepasst. In unregelmäßigen Abständen wird das Gehalt von 45 % der Angestellten angepasst. 20 % geben an, bei ihnen finde keine Anpassung des Gehalts statt. Differenziert nach Arbeitgeber zeigt sich, dass zwei Drittel der Angestellten im öffentlichen Dienst (67 %) regelmäßig eine Gehaltserhöhung erhalten. In der gewerblichen Wirtschaft liegt dieser Anteil bei 38 %, bei den Architektur- und Planungsbüros bei 10 %. Ein Drittel der Angestellten in Architektur- und Planungsbüros geben an, gar keine Gehaltsanpassung zu bekommen.

In 75 % der Fälle erfolgt die Gehaltsanpassung nach Tarifvertrag, in 3 % der Fälle auf Basis des Lebenshaltungsindex. Die übrigen 22 % geben an, das Gehalt werde unabhängig von einem Tarifvertrag oder dem Lebenshaltungsindex angepasst. 71 % der befragten Angestellten erwarten für 2015 einen Anstieg ihres Gehalts im Vergleich zu 2014..

Arbeitszeit und Überstunden

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der angestellten Kammermitglieder in Vollzeit liegt bei 40 Wochenstunden, die der Teilzeittätigen bei 26 Wochenstunden. Differenziert nach Bundesland zeigt sich kein Unterschied hinsichtlich der Arbeitszeiten bei den Vollzeittätigen.

Vollzeittätige Angestellte im öffentlichen Dienst arbeiten signifikant weniger Stunden pro Woche als Angestellte in Architektur- und Planungsbüros oder in der gewerblichen Wirtschaft: 88 % der Angestellten im öffentlichen Dienst arbeiten 30 bis unter 40 Stunden wöchentlich gegenüber 38 % der Angestellten in der gewerblichen Wirtschaft und 11 % der Angestellten in Architektur- und Planungsbüros.
Insgesamt sind 17 % der Befragten in Teilzeit tätig. Der Anteil Teilzeit tätiger Frauen liegt signifikant höher als der Anteil Teilzeit tätiger Männer. So sind 36 % der befragten Frauen teilzeittätig, aber nur 3 % der männlichen Befragten.

Die weit überwiegende Mehrheit der Befragten (78 %) hat in 2014 Überstunden geleistet. Angestellte in der gewerblichen Wirtschaft (83 %) und in Architektur- und Planungsbüros (84 %) berichten dies signifikant häufiger als ihre Kollegen im öffentlichen Dienst. Vollzeit tätige Angestellte, die Überstunden leisten, arbeiten pro Woche durchschnittlich 6 Stunden mehr als vertraglich festgelegt.
Voll bezahlt wurden Überstunden im Referenzjahr 2014 nur bei einem kleinen Anteil der Befragten (4 %). In 14 % der Fälle wurden sie teils bezahlt, teils per Freizeitausgleich abgegolten.
Ausschließlich per Freizeitausgleich wurden die Überstunden von 43 % der Befragten abgegolten. 40 % bekamen sie gar nicht vergütet.

Berufliche Fort- und Weiterbildung

97 % der Befragten geben an, in den der Befragung vorausgegangenen zwei Jahren an Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen zu haben. Bei Angestellten aus dem öffentlichen Dienst liegt dieser Anteil mit 99 % signifikant über dem der Angestellten in der gewerblichen Wirtschaft (96 %) oder in Architektur- und Planungsbüros (95 %). Differenziert nach Bundesländern wird deutlich, dass Angestellte in Ländern mit Fortbildungspflicht deutlich häufiger an entsprechenden Veranstaltungen teilnehmen als Angestellte aus Ländern, in denen eine solche Verpflichtung nicht besteht.

Die Mehrheit der Angestellten wird für Fortbildungsveranstaltungen unter (anteiliger) Fortzahlung des Gehalts beurlaubt (85 %). Insgesamt übernehmen 71 % der Arbeitgeber auch (anteilig) die Kosten für Fortbildungsveranstaltungen. In Architektur- und Planungsbüros fällt dieser Anteil mit 54 % signifikant geringer aus als in der gewerblichen Wirtschaft (78 %) oder im öffentlichen Dienst (90 %).

Berufsständisches Engagement

Mit 78 % ist der überwiegenden Mehrheit der Angestellten nicht bekannt, ob ihr Arbeitgeber sie zum Zweck berufsständischen Engagements in der Architektenkammer oder einem Berufsverband unter Fortzahlung des Gehalts sowie ohne Anrechnung von Urlaubstagen freistellen würde. Bei 8 % der Befragten besteht diese Möglichkeit, bei 14 % der Angestellten nicht.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für 45 % der Befragten ein Thema mit persönlicher Relevanz, da sie neben der beruflichen auch einer familiären Verpflichtung nachkommen müssen. 26 % der Kammermitglieder haben in der Vergangenheit ihre berufliche Laufbahn einmal oder mehrmals unterbrochen, um ihren familiären Verpflichtungen nachkommen zu können. Dies ist bei den weiblichen Befragten signifikant häufiger der Fall als bei ihren männlichen Kollegen (41 % im Vergleich zu 15 %). Zusätzlich fällt die Unterbrechung bei den weiblichen Kammermitgliedern mit durchschnittlich 23 Monaten (Median) deutlich länger aus als bei den Männern mit 3 Monaten.

Auf die Frage, welche Modelle zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung von der jeweiligen Arbeitsstelle angeboten werden, gibt ein Drittel der befragten Kammermitglieder (70 %) an, ihr Arbeitgeber biete eine Gleitzeit-Regelung an. 50 % der  Befragten arbeiten in einem Büro, einem Unternehmen oder einer Behörde, die die Möglichkeit zur Teilzeittätigkeit bieten. 29 % der angestellten Kammermitglieder ist es möglich, aus dem Home-Office zu arbeiten.

Abschließend wurden alle Befragten gebeten, ihrer Arbeitsstelle eine Gesamtnote bezogen auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu geben. Insgesamt betrachtet bewerten 57 % der Befragten ihre eigene Arbeitsstelle in diesem Punkt als sehr gut oder gut. 25 % bewerten die eigene Arbeitsstelle als befriedigend und 18 % als ausreichend oder mangelhaft. Die zufriedensten Angestellten hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf arbeiten im öffentlichen Dienst. Sie bewerten ihre eigene Arbeitsstelle signifikant häufiger mit sehr gut oder gut (71 %) als Angestellte in Architektur- und Planungsbüros (49 %) und in der gewerblichen Wirtschaft (51 %).

Vom Angestellten zum Bürogründer?

2015 wurden die abhängig Beschäftigten erstmals danach gefragt, ob sie schon einmal in Erwägung gezogen haben, sich selbstständig zu machen. 3 % der Befragten bejahen diese Frage und geben an, eine selbstständige Tätigkeit gezielt anzustreben. 23 % ziehen eine selbstständige Tätigkeit in Erwägung, haben aber keine konkreten Pläne. Für 45 % der Befragten kommt eine selbstständige Tätigkeit derzeit nicht in Frage. Vor allem Befragte, die noch am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn stehen, streben gezielt eine selbstständige Tätigkeit an oder ziehen sie zumindest in Erwägung.

Ausführliche Version der Struktur- und Gehaltsbefragung herunterladen (PDF)

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