Rechtsproblem des Monats: Schadensersatzpflicht für mangelhafte Planung eines anderen Büros?

05. September 2017von Katrin Dietrich

Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW:"Kürzlich habe ich von einem Bauherrn einen neuen Auftrag erhalten. Ich soll für ein größeres Vorhaben die Ausschreibung und die Bauüberwachung übernehmen, die Pläne sind bereits durch ein anderes Architekturbüro erstellt worden. Ich habe der Ausführung dieses Auftrages zunächst gelassen entgegengesehen, allerdings hat ein Kollege mich nun sehr verunsichert. Er meinte, es würde in solch einer Konstellation zu meinen Aufgaben gehören, auch die Pläne des mit der Planung beauftragten Architekten auf Richtigkeit zu überprüfen. Würde ich dies unterlassen und durch eine mangelhafte Planung ein Schaden entstehen, könne auch ich als bauüberwachender Architekt mich schadensersatzpflichtig machen. Stimmt das etwa?"

Ja, ein solches Risiko kann bestehen.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat sich in seiner Entscheidung vom 02.03.2017 (Az: 8 U 152/15) mit einer vergleichbaren Konstellation beschäftigt und festgehalten, dass der bauüberwachende Architekt die ihm übergebenen Pläne auf solche Mängel untersuchen muss, die nach den von ihm zu erwartenden Kenntnissen erkennbar sind. Übersieht der Architekt einen Fehler, der ihm grundsätzlich auffallen muss, und wird nach dem fehlerhaften Plan gebaut, ist der Architekt gegenüber dem Besteller zum Schadensersatz verpflichtet.

Das OLG führt in seiner Entscheidung aus, dass der bauüberwachende Architekt dem Besteller die Verwirklichung des plangerechten und mangelfreien Bauwerks schulde. In den durch die Aufgabe vorgegebenen Grenzen umfasse dies auch die Prüfung der ihm vorgelegten Pläne, ob diese geeignet sind, das Bauwerk mangelfrei entstehen zu lassen. Umfang und Intensität der Prüfungspflicht in Bezug auf die Pläne Dritter oder des Bauherrn hingen dabei von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich müsse der bauüberwachende Architekt die ihm vorgelegten Pläne auf solche Mängel untersuchen, die nach den vom ihm zu erwartenden Kenntnissen erkennbar seien. Regelmäßig könne von einem bauüberwachenden Architekten erwartet werden, dass er in der Lage ist, die ihm vorgelegten Pläne darauf zu überprüfen, ob sie den geplanten oder schon bestehenden tatsächlichen Verhältnissen vor Ort entsprechen. 

Das OLG kommt unter Beachtung dieser Maßstäbe zu dem Ergebnis, dass dem Architekten in dem betreffenden Fall auch ohne Spezialwissen und auf Basis seiner Kenntnisse der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort hätte auffallen müssen, dass der ihm übergebene Fundamentplan spiegelverkehrt war.

Der Besteller, der dem bauaufsichtsführenden Architekten einen mangelhaften Plan zur Verfügung gestellt hat, müsse sich im Verhältnis zu diesem Architekten allerdings ein Mitverschulden entgegenhalten lassen. Den Besteller treffe nämlich nach der Rechtsprechung des BGH im Verhältnis zum bauaufsichtführenden Architekten in der Regel die Obliegenheit, einwandfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Ein Verschulden des vom Besteller beauftragten planenden Architekten müsse sich der Besteller zurechnen lassen.

Praxistipp:

Der Fall des OLG Karlsruhe zeigt, dass der ausschließlich mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt aus Haftungsgründen gut beraten ist, wenn er die ihm vom Bauherrn übergebene Pläne nicht einfach ungeprüft übernimmt. Durch die notwendige Überprüfung entsteht ein zusätzlicher Koordinierungs- und Einarbeitungsaufwand, der nach § 8 Abs. 3 HOAI 2013 gesondert vergütungsfähig ist. Diese gesonderte Vergütung ist schriftlich zu vereinbaren.

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