Strukturuntersuchung 2010: Gehälter sind gestiegen

In welchen Strukturen arbeiten angestellte Architektinnen und Architekten in Nordrhein-Westfalen, und was verdienen sie? Diesen und weiteren grundlegenden Fragen zu der Arbeitssituation ihrer angestellten Mitglieder ist die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen mit einer neuen Strukturuntersuchung und Gehaltsumfrage auf den Grund gegangen.

10. November 2010von ros

Die Untersuchung, die auf Initiative des Fachausschusses „Belange der Tätigkeitsarten“ der Architektenkammer NRW durchgeführt wurde, knüpft an eine Erhebung aus dem Jahr 2008 an. Im Sommer 2010 wurden 12.862 Fragebögen an die angestellten und beamteten Kammermitglieder versandt. 3.413 Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner sandten die Bögen ausgefüllt zurück. Das entspricht einer Rücklaufquote von 26,5 %. Die Ergebnisse der Befragung sind damit repräsentativ. Allen Ergebnissen, die im Folgenden dargestellt werden sollen, liegen nicht überprüfte Angaben der Mitglieder zu Grunde.  Die Architektenkammer bedankt sich bei allen Mitgliedern für die hohe Beteiligung an der Umfrage. Der Fragebogen ist mit ähnlichen Untersuchungen anderer Länderkammern abgestimmt worden. So ist ein direkter Vergleich mit den Umfragen, die in anderen Bundesländern von den dortigen Architektenkammern durchgeführt werden, möglich. 

I. Grundlagen der Erhebung

Im Folgenden wird differenziert nach der Einkommenssituation in Architektur- und Planungsbüros, nach den Gehältern im öffentlichen Dienst und nach denen in der gewerblichen Wirtschaft. Das durchschnittliche Alter der Befragten[1] in Architektur- und Planungsbüros lag bei 41 Jahren und war damit niedriger als bei Angestellten in der gewerblichen Wirtschaft (46 Jahre) und im öffentlichen Dienst (49 Jahre). Während angestellte Mitglieder der Fachrichtung Architektur vornehmlich in Architektur- und Planungsbüros beschäftigt sind, sind Innenarchitekten häufiger in der gewerblichen Wirtschaft und Landschaftsarchitekten und Stadtplaner vornehmlich im öffentlichen Dienst tätig. Eine gesonderte Aufschlüsselung der Gehälter aus den kleinen Fachrichtungen (Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten, Stadtplaner) konnte nicht vorgenommen werden, da die Beteiligung dieser Personengruppen zu gering war und daher eine statistische Auswertung nicht möglich ist. Im Rahmen der Umfragen wurden zwei Tätigkeitsgruppen gebildet, die im Folgenden mit Gruppe A und Gruppe B bezeichnet werden. In der Tätigkeitsgruppe A sind Angestellte, die nach Anleitung Aufgaben selbstständig ausführen. Die Tätigkeitsgruppe B umfasst Angestellte, die selbstständig Aufgaben ausführen bzw. eine leitende Funktion bekleiden.[1] Unter Befragten sind sämtliche Personen zu verstehen, die ihre Daten zur Verfügung gestellt haben.

II. Die wichtigsten Ergebnisse 

Je nach Tätigkeitsgruppe und Berufsjahren beträgt die Spannbreite des durchschnittlichen Bruttojahresgehaltes 2009 bei Mitgliedern 

 

  • in Architektur- oder Planungsbüros zwischen 31.000 € und 71.000 €
  • in der gewerblichen Wirtschaft zwischen 39.000 € und 88.000 €.                                

 

Diese Spannbreite differenziert sich u. a. nach der Anzahl der Berufsjahre nach Abschluss der Ausbildung, nach der Größe des Büros und nach dem Standort des Büros. Augenfällig und zugleich interessant ist, dass Faktoren wie Bürogröße und Standort stärker mit der Gehaltsentwicklung korrelieren als die Berufserfahrung.Das Brutto-Jahresgehalt eines jungen Kammermitglieds, das in einem Architektur- oder Planungsbüro beschäftigt ist, liegt nach zweijähriger Mitgliedschaft in der Architektenkammer bei etwa 29.200 € (einschließlich aller zusätzlichen Geldleistungen und Überstundenvergütungen; Durchschnitt der Tätigkeitsgruppen A und B). Das Anfangsgehalt eines neuen Kammermitglieds lässt sich aufgrund der geringen Anzahl der zurückgesandten Fragebögen der Berufsanfänger nicht ermitteln. 

Nach sechs- bis zehnjähriger Beschäftigung als Architekt bzw. Architektin, Innenarchitekt, Landschaftsarchitekt oder Stadtplaner erhöht sich das Gehalt auf etwa € 35.500 (Tätigkeitsgruppe A). Hier wird deutlich, dass die Gehälter der Befragten in Architektur- und Planungsbüros seit der Gehaltsumfrage 2008 um 5,1 % gestiegen sind. Der Anstieg in der Umfrage 2004 zur Umfrage 2008 betrug hingegen nur 1,2 %. Das Durchschnittsgehalt eines Angestellten in einem Architektur- oder Planungsbüro (einschließlich sämtlicher zusätzlichen Geldleistungen, Überstundenvergütungen etc.) belief sich im Zeitraum 2009 auf 43.900 €. Im Jahre 2007 waren dies noch 41.750 €. Die Erwerbsmöglichkeiten in der gewerblichen Wirtschaft liegen höher. Hier beträgt das durchschnittliche Jahresentgelt (einschließlich sämtlicher Zulagen und Gratifikationen etc.) in der Tätigkeitsgruppe A 53.550 € und in der Tätigkeitsgruppe B 70.200 €. 

Öffentlicher Dienst 

Die Vergütung der Kammermitglieder, die im öffentlichen Dienst arbeiten, richtet sich grundsätzlich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Mehr als 60 % der Befragten werden nach Entgeltgruppe 11 oder 12 vergütet, 16,4 % befinden sich in der Entgeltgruppe 13. 

Der Großteil der beamteten Mitglieder ist in der Besoldungsgruppe A 13 bzw. A 14 eingestuft (24 % bzw. 20 % der Beamteten). 14,5 % gaben die Besoldungsgruppe A 15 an, 5,5 % die Gruppe A 16. Etwa 6 % erhalten eine Vergütung nach B 2 bis B 5.

Besondere Zuwendungen 

25 % aller Angestellten erhalten ein 13. Monatsgehalt. Weihnachtsgeld wird gut einem Drittel (34 %) der Befragten ausgezahlt. 19 % bekommen zusätzlich zu ihrem Gehalt Urlaubsgeld. Vermögenswirksame Leistungen erhalten 27 % der Angestellten, 7 % geben geldwerte Vorteile an. Erfolgsprämien werden 20 % der Befragten ausgezahlt.  

Örtliche Gegebenheiten 

68 % aller Befragten arbeiten in einer Großstadt mit mehr als 100.000 Einwohnern. Im Einzugsgebiet einer Großstadt bzw. eines Ballungsraumes sind 82 % der Befragten tätig. Nur 5 % arbeiten in Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern. 

Arbeitszeit und Urlaub 

Die durchschnittliche vereinbarte Wochenarbeitszeit der in Vollzeit Tätigen liegt bei 39,8 Stunden. Überstunden werden von 85 % der Befragten geleistet. Allein bezogen auf den öffentlichen Dienst antworten 74 % der Befragten, dass sie Überstunden leisten.Nur bei einem kleinen Teil der Befragten (7 %) erfolgt eine finanzielle Vergütung der Überstunden, am häufigsten geschieht dies in Architektur- und Planungsbüros (11 %). Mitarbeiter in der gewerblichen Wirtschaft erhalten selten eine Vergütung der geleisteten Überstunden (2 %). Oftmals werden Überstunden durch Freizeit ausgeglichen. 

Der durchschnittliche Jahresurlaub bei vollzeittätigen Mitgliedern liegt bei 28,5 Tagen. Hier zeigen sich geringe Unterschiede bei den jeweiligen Arbeitgebern. Es zeigt sich, dass der öffentliche Dienst die längste Erholungsphase möglich macht (im Durchschnitt 29,7 Tage). Fortbildungsmaßnahmen 

Über die gesetzlich vorgegebenen Fortbildungsveranstaltungen von acht Unterrichtsstunden im Jahr hinaus haben etwa 67 % der Befragten an weiteren Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen. 77 % der Befragten wurden hierzu unter Fortzahlung des Gehalts von Ihren Arbeitgebern beurlaubt. Insgesamt übernehmen rund 3/4 der Arbeitgeber die Kosten für die  Fortbildungsveranstaltungen.  

Sonstiges 

Ein Drittel der Befragten gibt an, ein Universitätsstudium absolviert zu haben, zwei Drittel geben einen Fachhochschulabschluss an. In der gewerblichen Wirtschaft sind vornehmlich Fachhochschulabsolventen tätig.  

Das Verhältnis der männlichen Befragten zu den weiblichen liegt - wie auch bei den bisherigen Umfragen - bei ca. zwei Drittel zu einem Drittel. In der gewerblichen Wirtschaft sind erwartungsgemäß vornehmlich männliche Kammermitglieder tätig (75 %). In den Architektur- und Planungsbüros liegt der Anteil der Männer bei 57 %, im öffentlichen Dienst bei 62 %.  

Dass die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich fixiert sein müssen, hat sich inzwischen fast überall herumgesprochen. Es gibt kaum mehr Befragte, die angeben, es liege kein schriftlicher Arbeitsvertrag vor.  

Einen befristeten Arbeitsvertrag haben 6,0 % der befragten Angestellten. Differenziert nach den Anstellungsverhältnissen wird deutlich, dass Angestellte im öffentlichen Dienst wesentlich häufiger einen befristeten Arbeitsvertrag haben (8,2 %) als Angestellte in Architektur- und Planungsbüros (5,7 %) oder in der gewerblichen Wirtschaft (3,7 %).  

93 % der Befragten sind Mitglieder des Versorgungswerks. Der Anteil der im öffentlichen Dienst Beschäftigten, die in das Versorgungswerk einzahlen, liegt bei 85 %. 

12 % aller Angestellten dürfen ohne Genehmigung einer berufstypischen Nebentätigkeit nachgehen. 65 % benötigen hierzu erst die Erlaubnis durch den Arbeitgeber. 

Beim Großteil der Angestellten liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit (Mehrfachnennungen waren möglich) im Bereich der Planung (62 %), gefolgt von der Bauleitung und der Projektsteuerung (jeweils etwa 40 %). Weitere Schwerpunkte bildeten die Baubetreuung bzw. Bauberatung (15 %), die Gebäudeunterhaltung (14 %) sowie die Erstellung von Gutachten (8 %).In Architektur- und Planungsbüros überwiegt erwartungsgemäß der Anteil der Angestellten, die vornehmlich Planungstätigkeiten erbringen (86 %).  

Bei sämtlichen Anstellungsverhältnissen ist festzustellen, dass der Anteil der Angestellten, deren Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich der Planung liegt, mit zunehmender Dauer der Berufserfahrung abnimmt. Je länger ein Angestellter in einem Architektur- oder Planungsbüro tätig ist, desto häufiger liegt seine Tätigkeit schwerpunktmäßig im Bereich der Bauleitung bzw. Projektsteuerung. In der gewerblichen Wirtschaft nimmt der Anteil der Angestellten mit dem Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich der Gebäudeunterhaltung mit steigender Berufserfahrung zu.   

III. Resümee 

Der größte Teil der im Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder findet nach wie vor eine Beschäftigung im klassischen Tätigkeitsfeld eines Architektur- oder Planungsbüros. Auch nimmt die Planungstätigkeit den Großteil der zu erbringenden Arbeitsleistungen ein. Der Umstand, dass in Planungsbüros eher selten befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen werden, wird sich damit begründen lassen, das in diesem Bereich auch freie Mitarbeiter herangezogen werden, um hier ein hohes Maß an Flexibilität bei der Personalstruktur zu erzielen.  

Anders als in der gewerblichen Wirtschaft und im öffentlichen Dienst bilden leistungsabhängige Zusatzvergütungen in Planungs- und Architekturbüros noch die Ausnahme. Der allgemeine Trend, Mitarbeiter durch leistungsbezogene Vergütungsmodelle stärker am Erfolg des Büros zu beteiligen, scheint sich in Architektur- und Planungsbüros nicht so stark durchzusetzen.  

Während im Zeitraum der Gehaltsumfragen 2004 bis 2008 von den Befragten nur ein Gehaltsanstieg von 1,2 % angegeben wurde, ist das Gehalt im Bezugszeitraum der Umfragen von 2008 auf 2010 um 5,1 % gestiegen.  

Beachtenswert ist der Umfang der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen über das gesetzliche Erfordernis hinaus. 

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