Strukturuntersuchung: Die Situation Freischaffender in NRW

Nach 2007, 2009 und 2012 führte die Architektenkammer NRW in diesem Jahr zum vierten Mal in Kooperation mit der Bundesarchitektenkammer eine Befragung zu den Büro- und Kostenstrukturen in Architektur- und Planungsbüros durch. Erstmalig beteiligten sich alle 16 Architektenkammern der Länder an der Befragung. - Sorge muss vor allem die Einkommenssituation kleiner Büros machen.

13. November 2014von Dipl.-Soz. Nicole Reiß - Hommerich Forschung und Dienste

Die Befragung fand zwischen Mai und Juni 2014 statt. Bundesweit nahmen 6.833 Architekten und Planer an der Befragung teil. In NRW beteiligten sich 1.610 freischaffend tätige Mitglieder. 1.021 dieser Befragten machten detaillierte Angaben zu Umsätzen und Kosten des eigenen Büros im Berichtsjahr 2013.
Das Jahr 2013 war aus Sicht von 60 % der befragten Büros ein sehr gutes oder gutes Geschäftsjahr. 11 % der freischaffenden Kammermitglieder bewerteten die wirtschaftliche Situation ihres Büros im vergangenen Jahr demgegenüber als schlecht oder sehr schlecht. Die verbleibenden 29 % wählten den neutralen Skalenwert 3. Die Erwartungen für das Gesamtjahr 2014 fallen ähnlich aus. 59 % der Inhaber erwarten für das eigene Büro ein sehr gutes oder gutes Geschäftsjahr. 10 % rechnen demgegenüber mit einem (sehr) schlechten wirtschaftlichen Ergebnis.

Große Büros überwiegend (sehr) zufrieden

Differenziert nach Bürogröße zeigt sich: Größere Büros standen 2013 wirtschaftlich besser da als kleinere Büros. 52 % der Alleininhaber ohne Mitarbeiter bewerteten 2013 als wirtschaftlich (sehr) gutes Jahr. Dieser Anteil steigt mit zunehmender Bürogröße auf 61 % für kleine Büros mit 2 bis 4 tätigen Personen und weiter auf jeweils rund 70 % für mittelgroße Büros (5 bis 9 tätige Personen) und große Büros (10 und mehr tätige Personen). Wirtschaftlich (sehr) schlecht verlief das Jahr 2013 für 15 % der Ein-Personen-Büros, 11 % der kleinen Büros sowie jeweils 8 % der mittelgroßen und großen Büros.
80 % aller befragten Büros waren zum Zeitpunkt der Befragung voll ausgelastet. Auch hier zeigt sich, dass sich größere Büros häufig in einer besseren wirtschaftlichen Lage befinden als kleinere. 94 % der großen und 92 % der mittelgroßen Büros hatten zum Zeitpunkt der Befragung keine freien Kapazitäten. Die Vergleichsanteile für kleine Büros (81 %) und Alleininhaber ohne Mitarbeiter (71 %) fielen deutlich niedriger aus.
Bezogen auf die Auftragsbestände zeigen sich ebenfalls Unterschiede nach Bürogröße. Die Auftragsbestände der zum Befragungszeitpunkt voll ausgelasteten Büros ermöglichten in Ein-Personen-Büros für durchschnittlich 7 Monate, in kleinen Büros für durchschnittlich 7,5 Monate und in mittelgroßen und großen Büros für durchschnittlich 9 Monate die Aufrechterhaltung eines uneingeschränkten Geschäftsbetriebs.

Umsätze und Kosten

Der Pro-Kopf-Umsatz nordrhein-westfälischer Architektur- und Planungsbüros lag im Berichtsjahr 2013 im Mittel bei 56 000 € (Median). Mit zunehmender Größe der Büros steigen die Pro-Kopf-Umsätze. In Ein-Personen-Büros lag der Umsatz je Einzelunternehmer im Mittel bei 49 000 €. In Büros mit 2 bis 4 tätigen Personen betrug er 53 000 €. Büros mit 5 bis 9 tätigen Personen setzten im Jahr 2013 im Mittel rund 65 400 € je Inhaber bzw. Mitarbeiter um. In Büros mit 10 und mehr tätigen Personen waren es rund 78 900 € pro Kopf.
Seit der ersten Befragung mit Berichtsjahr 2006 ist der mittlere Pro-Kopf-Umsatz stetig gestiegen: von (jeweils gerundet) 46 000 € in 2006 über 51 000 € in 2008 und 54 000 € in 2011 auf aktuell 56 000 €. Die Kosten pro Vollzeit tätiger Person lagen im Berichtsjahr 2013 im Mittel bei 24 000 €. Mit zunehmender Bürogröße steigen die Kosten pro Kopf. In Ein-Personen-Büros lagen sie bei 12 300 €, in kleinen Büros bei rund 24 300 €. Mittelgroße Büros mit 5 bis 9 tätigen Personen hatten 2013 Kosten von rund 40 600 € pro Kopf. In großen Büros (10 und mehr Tätige) lag der Vergleichswert bei rund 57 100 €.
Durchschnittlich 77 % der Kosten in Architektur- und Planungsbüros im Berichtsjahr 2013 waren Arbeitskosten. Die Sachkosten hatten dementsprechend einen durchschnittlichen Anteil von 23 %. Der Anteil der Arbeitskosten steigt erwartungsgemäß mit zunehmender Größe der Architekturbüros: von 73 % in Ein-Personen-Büros auf 83 % in großen Büros mit 10 und mehr Vollzeit tätigen Personen.

Überschüsse

Der Überschuss bezeichnet die Differenz von Honorarumsatz und Kosten (ohne Inhabergehälter oder Gesellschaftergeschäftsführergehälter). Überschüsse dürfen dabei nicht mit Gewinnen verwechselt werden, weil sich letztere erst nach Abzug der Inhabergehälter ermitteln lassen.
Der Überschuss je Inhaber bzw. Partner lag im Jahr 2013 im Mittel bei 46 000 € (Median). In Abhängigkeit von der Größe der Büros sind deutliche Unterschiede in der Höhe des Überschusses je Inhaber festzustellen: Alleininhaber ohne Mitarbeiter konnten in 2013 im Mittel einen Überschuss in Höhe von 30 000 € erwirtschaften. In kleinen Büros mit 2 bis 4 tätigen Personen lag der Überschuss je Inhaber im Mittel bei 50 000 €, in mittelgroßen Büros waren es 85 500 €. In Büros mit 10 und mehr tätigen Personen wurden in 2013 mittlere Überschüsse in Höhe von 137 500 € je Inhaber erzielt.
In 32 % der nordrhein-westfälischen Architektur- und Planungsbüros lag der 2013 erwirtschaftete Überschuss je Inhaber bzw. Partner bei maximal 30 000 €, d.h. in rund einem Drittel der Büros blieben Ende 2013 maximal 30 000 € je Inhaber übrig, aus denen dieser sein Jahresgehalt einschließlich aller Sozialversicherungsbeiträge finanzieren musste. Bei Betrachtung der verschiedenen Bürogrößenklassen zeigt sich, dass es sich hierbei vor allem um kleine Büros handelte: 50 % der Ein-Personen-Büros erwirtschafteten im Jahr 2013 einen Überschuss von maximal 30 000 €. In kleinen Büros mit 2 bis 4 tätigen Personen lag dieser Anteil bei 26 %. In mittelgroßen (5 bis 9 tätige Personen) und größeren Büros (10 tätige Personen und mehr) fiel der Vergleichsanteil mit jeweils 15 % deutlich geringer aus.

Auftragsstruktur

2013 verteilten sich die von nordrhein-westfälischen Architektur- und Planungsbüros erbrachten Leistungen in nahezu gleichen Teilen auf die Bereiche „Neubau“ (45 %) und „Bestandsbau“ (55 %). Dabei zeigt sich, dass kleine Büros mit weniger als fünf tätigen Personen in erster Linie im Bestand tätig waren, während mittelgroße und große Büros überwiegend Neubauprojekte bearbeiteten.
Für den größten Teil der Aufträge nordrhein-westfälischer Architektur- und Planungsbüros sorgten 2013 private Bauherren mit einem durchschnittlichen Anteil von 46 % am gesamten Auftragsbestand. Rund ein Drittel der Aufträge wurde von gewerblichen Auftraggebern erteilt. Auf die öffentliche Hand waren 14 % des Auftragsbestands zurückzuführen. Von eher geringer Bedeutung waren sonstige Auftraggeber wie Religionsgemeinschaften, Vereine, Verbände oder Stiftungen mit einem durchschnittlichen Anteil von 8 %.
Differenziert nach Größe der Büros zeigen sich folgende Zusammenhänge: Der Anteil privater Auftraggeber am gesamten Auftragsbestand eines Büros geht mit wachsender Bürogröße zurück. War 2013 in Ein-Personen-Büros und in Büros mit 2 bis 4 tätigen Personen der überwiegende Anteil des Auftragsbestands auf private Bauherren zurückzuführen (durchschnittlich 57 % bzw. 47 %), so standen private Auftraggeber in mittelgroßen (5 bis 9 tätige Personen) und großen Büros (10 und mehr Tätige) mit durchschnittlichen Anteilen von 29 % bzw. 17 % an allen Aufträgen nur noch an zweiter oder dritter Stelle.
Der Anteil gewerblicher Auftraggeber am gesamten Auftragsbestand steigt demgegenüber mit wachsender Bürogröße. Lag er in Ein-Personen-Büros in 2013 bei durchschnittlich 29 %, so sorgten gewerbliche Auftraggeber in Büros mit 10 und mehr tätigen Personen im Referenzjahr für durchschnittlich 40 % aller Aufträge.
Auch die Bedeutung öffentlicher Auftraggeber wächst mit zunehmender Größe des Büros. Während sie in Ein-Personen-Büros mit einem durchschnittlichen Anteil am gesamten Auftragsbestand von 9 % nur eine untergeordnete Rolle spielten, sorgten sie in großen Büros (10 und mehr tätige Personen) im Schnitt für ein Drittel der Aufträge.

Nur wenig Arbeit im Ausland

Die Auftragsstruktur nordrhein-westfälischer Architektur- und Planungsbüros ist stark von Aufträgen aus dem eigenen Bundesland geprägt. Durchschnittlich 89 % des gesamten Auftragsvolumens ging 2013 auf Aufträge aus NRW zurück. Aufträge aus anderen Bundesländern sorgten im Schnitt für 9 % des Auftragsbestands. Nahezu keine Rolle spielten Aufträge aus dem Ausland: 1 % des gesamten Auftragsvolumens der Büros war 2013 auf Projekte im europäischen Ausland, ebenfalls 1 % auf Projekte im außereuropäischen Ausland zurückzuführen.
Mit zunehmender Bürogröße dehnt sich der Radius der Tätigkeit der befragten Büros aus. Während der Anteil der Aufträge aus dem eigenen Bundesland am gesamten Auftragsvolumen mit wachsender Bürogröße abnimmt, gewinnen Aufträge aus anderen Bundesländern und dem Ausland mit zunehmender Bürogröße an Bedeutung. Ein Vergleich der Ergebnisse für die Referenzjahre 2006, 2008, 2011 und 2013 gibt keine Hinweise auf eine zunehmende Internationalisierung nordrhein-westfälischer Architektur- und Planungsbüros.

Fazit

Seit 2006 sind die Pro-Kopf-Umsätze wie auch die Überschüsse pro Inhaber gestiegen. Der Anteil der Büros, die einen Überschuss je Inhaber von maximal 30.000 € erwirtschaften, ist von 43 % im Jahr 2006 auf 32 % im Jahr 2013 gesunken. Dieses Ergebnis bedeutet aber auch, dass noch immer in rund einem Drittel der Büros am Jahresende maximal 30.000 € pro Inhaber übrig bleiben, aus denen dieser sein (noch zu versteuerndes) Jahresgehalt einschließlich aller Sozialversicherungsbeiträge finanzieren muss. Besonders häufig handelt es sich hierbei um Ein-Personen-Büros. Bei der Hälfte der Alleininhaber ohne Mitarbeiter blieben Ende 2013 höchstens 30.000 € übrig.

Weitere Informationen

Strukturuntersuchung 2014 - Zusammenfassung (PDF)

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