Upcycling: Aus Liebe zum Material

Einige Meter Stahlseil, Metalle aller Art, Holzreste, Glas und Stoffe: Für die Essener Architektin Konstanze Ziemke sind diese Materialien, die als Bauabfall im Container landen, kein Müll, sondern Grundlage für künstlerische Arbeiten. Aktuell präsentiert sie eine Auswahl ihrer Objekte unter dem Titel "Upcycling Unlimited" in der Wirtschaftskanzlei Dr. Ganns, Heinekamp und Heibgesin Solingen - mit bemerkenswerter Resonanz.

16. Mai 2018von Interview: Christof Rose

Konstanze Ziemke, wie sind Sie auf die Idee verfallen, sich Bauschrott zu besorgen, um daraus künstlerische Objekte zu formen?

"Der bewusste Umgang mit Roh- und Werkstoffen war mir schon immer ein großes Anliegen. Nach meinem Architekturstudium in Berlin und München habe ich einige Jahre in Architekturbüros gearbeitet. Dort habe ich für die Öffentlichkeitsarbeit viel über Objekte geschrieben; die Qualität von Materialien spielte dabei immer eine große Rolle. In den letzten Jahren habe ich dann die Medienarbeit für den Baustahlverband gemacht. So kam mir die Idee, aus diesen oft hochästhetischen Resten aus Baumaterialien neue Objekte zu entwickeln. Das ist ein ebenso kreativer Prozess wie ein klassischer Entwurf, zumal man mit der gegebenen Menge und Beschaffenheit auskommen muss. Nach der theoretischen Konzeption entstehen die Details bei der Ausführung.Ursprünglich basierte die praktische Umsetzung auf Flechten und Stricken; inzwischen überwiegen freie Arbeitstechniken."

Was möchten Sie mit Ihren Objekten ausdrücken?

"Zunächst mich selbst! Ich habe Freude am kreativen Umgang mit Material und viel Lust, Dinge auszuprobieren. Wenn man Altmaterialien mit Respekt behandelt und sie in einen neuen Sinnzusammenhang stellt, entwickeln sie vielfach einen ganz besonderen Charme und eine hohe Ästhetik. Ich setze also vermeintlich wertloses Material neu in Wert, indem ich ungewohnte Sichtweisen auf das Material ermögliche."

Verbinden Sie mit dem „Upcycling“ auch eine politische Botschaft?

"Jeder sollte mit Ressourcen verantwortlich wirtschaften und ihren Einsatz genau kalkulieren. Das gilt für unser Metier der Planungs- und Baubranche in ganz besonderer Weise. Einige meiner Objekte folgen rein ästhetischen Überlegungen, von anderen erhoffe ich mir, dass der Betrachter zum Nachdenken gebracht wird. Grundsätzlich scheint mir der haptische Umgang mit Material wichtig, gerade auch für Architektinnen und Architekten. Jeder Student sollte sich mal auf einer Werkstoffdeponie blutige Finger geholt haben. Das schult die Achtsamkeit und lässt ihn das Material besser kennen lernen als so manche Vorlesung. Meine Maxime lautet: "Bau-Stoffe auf-werten"."

Woher beziehen Sie das Material für Ihre künstlerischen Objekte?

"Am Anfang habe ich einfach gefragt, ob ich auf Baustellen und Schrottplätzen Restmaterial mitnehmen durfte. Bei ELG Haniel in Duisburg hat man mir erlaubt, in der Mittagspause 30 Minuten lang über die riesigen Flächen des Recycling-Experten zu streifen und alles mitzunehmen,was ich tragen konnte. Bei Carl Stahl in Süssen sammelt man so manchen Produktrest lieber für mich als fürs Recyclen vor Ort. Ich verarbeite eigentlich jedes Material; eines meiner persönlichen Lieblingsobjekte heißt "Klassik - LP1" - eine Raumskulptur aus Langspielplatten,Acrylglas, Spiegelglas, Schraubenzieher und Stahl."

In welche Richtung wollen Sie Ihre Kunst weiterentwickeln?

"Ich freue mich, dass ich meine Objekte nun schon mehrfach ausstellen konnte. Der Zuspruch motiviert mich, das Thema Upcycling weiter zu verfolgen. Ich habe bislang ohne große Werkstatt gearbeitet, würde aber gerne auch größere Stahlskulpturen realisieren. Je mehr ich mache,desto mehr Ideen habe ich."

Konstanze Ziemke-Jerrentrup stammt aus Bad Oeynhausen. Die Architektin hat drei erwachsene Kinder und lebt in Essen. Sie arbeitet als Architektin für die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen. www.konstanzeziemke.de

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