Vernissage: „Ein Kännchen Kaffee bitte!“

Sie heißen „Café Overbeck“, „Café Burrichter“ oder „Café Jansen“, und sie strahlen eine große Ruhe und Entspanntheit aus. Die Konditorei-Cafés der 1950er bis -70er Jahre, die der Kölner Fotograf Tobias D. Kern über nunmehr zehn Jahre mit seiner Großbildkamera abgelichtet hat, sind Relikte einer langsam verschwindenden Epoche. „Die Fotos von Tobias Kern dokumentieren eine Epoche deutscher Nachkriegsgeschichte“, erklärte Dr. Christian Schramm, Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, in seiner Begrüßung anlässlich der Vernissage zur Ausstellung „Ein Kännchen Kaffee bitte!“ am 7. März im Haus der Architekten. „Die Ausstellung verweist auch auf die Wandlungsprozesse, die unsere Innenstädte in den letzten Jahren stark verändert haben.“ Das Essener Café Overbeck musste Ende 2014 aufgeben - nach 82 Jahren Traditionskonditorei.

16. März 2017von Christof Rose

„Die fetten Zeiten sind vorbei“, fasste Jule Schaffer das Thema der Ausstellung in prägnante Worte. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Photographischen Sammlung der SK Stiftung Kultur in Köln stellte den Fotografen und Fotokünstler Tobias D. Kern vor. Mit der Serie von Café-Konditoreien der Nachkriegszeit habe Kern ein Dokumentationsformat gewählt, das in seinem Aufbau an die Systematik von Bernd und Hilla Becher erinnere: „Jedes Café wird in der gleichen Perspektive fotografiert, Totale, Innenräume, Details“, erläuterte Jule Schaffer.

Obwohl die Räume in der Regel völlig menschenleer seien, strahlten die Bilder doch eine gewisse intime Atmosphäre aus. „Es gelingt Tobias Kern, Herz und Kopf in gleicher Weise anzusprechen.“
Im Gespräch mit dem Fotografen arbeitete Jule Schaffer zudem heraus, wie es gelingt, heute Aufnahmen von Konditorei-Cafés zu machen, die aussehen, als seien sie vor vierzig oder mehr Jahren entstanden. „Ich räume natürlich störenden Gegenstände zur Seite“, stellte Kern klar. Auch die Schwarz-Weiß-Fotografie helfe, Farben, die nicht in die Zeit passen, verschwinden zu lassen. Es werde aber nichts in der Postproduktion am Computer verfälscht. „Mein Anspruch ist ein künstlerisch-dokumentarischer“, betonte Tobias D. Kern.

Den rund 100 Besuchern auf der Vernissage am 7. März gefielen die Arbeiten ausgesprochen gut. Viele fühlten sich an Cafés in ihrer Heimatstadt erinnert, die man in Kindheits- oder Jugendtagen besucht hatte. „Kaffeeklatsch mit Oma oder Tante“ war ein verbindendes Motiv der persönlichen Erinnerungen, die durch die Fotos evoziert wurden.

AKNW-Vizepräsident Christian Schramm verwies darauf, dass die Kaffee-Kultur heute viel ausgeprägter sei als in den Nachkriegs-Jahrzehnten, die auf den Fotos noch einmal zum Leben erweckt wurden. „Starbucks, Woyton und McCafé bieten vielfältige Kaffee-Variationen, und zwar zu gleicher Qualität weltweit. Den individuellen Charme der hier dokumentierten Traditionshäuser erreichen sie aber nicht.“ Schramm erinnerte an weitere Fachgeschäfte, die aus den Innenstädten verschwunden seien. „Es ist wichtig, dass solche Entwicklungen dokumentiert werden, um sie nachvollziehbar zu machen. Wie in der Denkmalpflege gilt: Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft bauen.“

Tobias D. Kern plant, die Serie der Konditorei-Cafés in einem Buch zu dokumentieren. Für die Finanzierung des Projektes werden noch Unterstützer gesucht.

Die Ausstellung ist bis zum 31. März 2017 im Haus der Architekten in Düsseldorf zu sehen.

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