Ziemlich beste Freunde

Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Klaus Brüggenolte: Wir müssen neu bauen – nur wo? Diese Frage stellt sich in Düsseldorf, Köln und den anderen Wachstumsstädten unseres Landes in immer verschärfter Form. Auch die Ausweisung von Flächen für Gewerbe, Industrie und Handel wird immer schwieriger.

22. Februar 2017

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

Wir müssen neu bauen – nur wo? Diese Frage stellt sich in Düsseldorf, Köln und den anderen Wachstumsstädten unseres Landes in immer verschärfter Form. Auch die Ausweisung von Flächen für Gewerbe, Industrie und Handel wird immer schwieriger, weil viele Kommunen stadträumlich im wahrsten Sinne des Wortes an ihre Grenzen stoßen. Der neue Landesentwicklungsplan 2025 gibt zudem das Ziel vor, deutlich weniger neues Bauland auszuweisen, um die problematische Versiegelung des Bodens zu reduzieren.
Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung das Projekt „Stadt.Umland.NRW“ gestartet. Wie unser Bauminister Michael Groschek auf dem Neujahrsempfang der Architektenkammer NRW betonte, geht es dabei darum, über Stadtgrenzen hinweg zu denken und im Bereich des Städtebaus interkommunal zu agieren. Ein lobenswerter Ansatz. Und eigentlich auch ein Konzept, zu dem es keine echten Alternativen gibt.

Die Idee von „Stadt.Umland.NRW“ ist einfach: Die Großstädte des Landes und ihre Nachbarkommunen sind aufgerufen, Zukunftskonzepte einer integrierten Raum- und Mobilitätsentwicklung zu erarbeiten. Diesen Prozess unterstützt das Land mit Fördermitteln. Eine Vorauswahl sieht acht interkommunale Projekte vor, die weiter entwickelt werden sollen - von Köln über Düsseldorf und das Ruhrgebiet bis Paderborn.
So positiv diese Entwicklung zu sehen ist, so kritisch müssen wir immer wieder feststellen, dass das kommunale Kirchturmdenken parallel dazu weiter fröhliche Urstände feiert. Aktuell sorgt vor allem die geplante Ansiedlung mehrerer Factory Outlet Center in unserem Bundesland für Streit unter den jeweiligen Nachbarn. Am 1. Februar hat der Rat der Stadt Duisburg beschlossen, dass auf dem Gelände hinter dem Hauptbahnhof das größte Outlet-Center des Landes entstehen darf. Mehr als 170 Geschäfte könnten dort, in fußläufiger Distanz zur Innenstadt, ihre Markenartikel günstiger an Kunden verkaufen. Die Nachbargemeinden sind besorgt, vorsichtig ausgedrückt.

Ähnlich verhält es sich im Bergischen Land. Remscheid plant ein Factory Outlet Center im Stadtteil Lennep, Wuppertal ein Designer Outlet in der Innenstadt. Gegenseitig wirft man sich vor, die Abstimmung mit dem Nachbarn bewusst unterlassen zu haben. In Rietberg wird über ein „City-Outlet“ nach dem Vorbild von Bad Münstereifel nachgedacht. Die Stadt Werl plant seit 2011 an der Autobahn 445 ein Großzentrum für preisreduzierte Markenmode - hier hat die Bezirksregierung Arnsberg im vergangenen Jahr ein Veto eingelegt.

NRW-Bau- und Stadtentwicklungsminister Michael Groschek hat das Thema auf dem Neujahrsempfang der AKNW am 26. Januar angesprochen. „Wir wollen nicht, dass neben jedem Kirchturm ein Outlet-Center entsteht“, sagte Groschek und kündigte eine Stadtentwicklungsinitiative an, in welcher er diese Prozesse in Kooperation mit den Einzelhandelsverbänden und der Immobilienwirtschaft steuern will.
Die Architektenkammer NRW hat sich jüngst in ihrem Positionspapier „Stadt wollen. Aufruf zu Dichte und Urbanität“ für eine behutsame Stadtentwicklungsstrategie ausgesprochen, die den Handel als integralen Bestandteil der europäischen Stadt versteht. Wir wirken gerne dabei mit, zukunftsfähige Ansätze wie das „Stadt.Umland.NRW“-Programm mit den immer wieder aufbrechenden kommunalen Konkurrenzen um Investoren und Wirtschaftsansiedelungen zusammen zu führen.

Wie in jeder Nachbarschaft gilt auch bei Städten und Gemeinden: Es gibt immer mal wieder Streit. Man kann aber daran arbeiten, gemeinsam erfolgreicher zu werden. Möglicherweise sogar am Ende als ziemlich beste Freunde. Das meint, mit kollegialen Grüßen
Ihr


Klaus Brüggenolte
Vizepräsident der Architektenkammer
Nordrhein-Westfalen
brueggenolte@aknw.de


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