Fotowettbewerb "Nicht ganz dicht! Besser zusammenleben im geförderten Wohnungsbau" - die Preisträger

Welche Bilder machen wir uns vom sozialen Wohnungsbau? Dieser Frage ist die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen im Rahmen ihrer Aktionsplattform "NRWlebt." mit einem Fotowettbewerb auf den Grund gegangen. Mehr als 300 Beiträge wurden über die Internetplattform fotocommunity.de eingereicht; die Jury unter Vorsitz des Kölner Architekten Peter Berner (ASTOC) kürte drei Preisträger und sprach sechs Anerkennungen aus. "Die eingereichten Fotos zeigen, dass die Menschen sich sehr unterschiedliche Bilder vom geförderten Wohnungsbau in Deutschland machen", resümierte Peter Berner. Mal habe das zwischenmenschliche Miteinander, mal der Blick fürs Detail, dann wiederum die skulpturale Wucht großer Siedlungen im Mittelpunkt des fotografischen Interesses gestanden.

27. September 2016

Zum Fotowettbewerb eingereicht werden konnten Aufnahmen jeglicher Art, ob Architektur- und Menschenfotografie, Detail- und Panoramaaufnahmen, Innen- oder Außenaufnahmen. Auch hinsichtlich der Aufnahmetechniken, der Bildaussagen und Formate wurden keine Vorgaben gemacht. Entsprechend vielfältig waren die 304 Beiträge, die von den Usern der Fotocommunity, Europas größter Internetplattform für Fotografie, eingereicht wurden. Dennoch ließ sich eine klare Tendenz zur klassischen Architektur-Fotografie ausmachen.

Die Jury um Architekt Peter Berner (Köln) zeigte sich bei ihren Rundgängen beeindruckt von der fotografischen Vielfalt und der Breite der gewählten Motive. "Motivwahl, Blickwinkel, fotografische Qualität und Technik jeder Aufnahme standen dabei der Frage gegenüber, wie Architektur, Städtebau, Freiräume und möglicherweise auch die Menschen ein Zusammenspiel formen", erläutert Peter Berner. Auf Grundlage dieser lebendigen Diskussion bewertete die Jury die 100 besten Fotos, die durch die User von fotocommunity.de vorausgewählt worden waren. Die Jury vergab drei Preise und sechs Anerkennungen, bei welchen jeweils Einzelaspekte besonders überzeugen konnten.

"Die Zusammenschau der drei Preisträger zeigt ein spannungsvolles Gefüge von Bildern, die die unterschiedlichen Potenziale des geförderten Wohnungsbaus in Deutschland über mehrere Jahrzehnte hinweg eindrucksvoll dokumentieren", fasst Klaus Brüggenolte, Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und Mitglied der Jury, das Ergebnis zusammen.

Beim Beitrag "Sonneberg" (Platz 1) steht die Zielstrebigkeit und die Fröhlichkeit der beiden Damen auf dem Weg durch eine Plattenbausiedlung in Spannung zur schlichten Architektur und dem gestalteten Freiraum, die bei besserer Pflege durchaus Qualitäten entfalten können. Genau diese Architektur wird im Beitrag "Genossenschaftliche Wohnanlage" (Platz 2) vielfältig und mit Grün durchwirkt zum Raum für genossenschaftliches Wohnen, in dem Balkone, Grünräume und Erschließung miteinander verwoben sind. Schließlich zeigt "Die gelbe Wohnanlage" (Platz 3) zeitgenössische Architektur mit erfrischender Farbigkeit, die deutlich macht, dass der geförderte Wohnungsbau sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich weiter entwickelt hat und heute oftmals von frei finanziertem Wohnraum kaum mehr unterscheidet.

Preisverleihung:
Die Preisträger werden im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung am 21. November 2016 (17.00 Uhr) in der Freizeitstätte Garath in Düsseldorf geehrt. Zudem wird eine Ausstellung die besten Arbeiten vom 22. November bis 30. Dezember 2016 im Haus der Architekten im Düsseldorfer Medienhafen präsentieren.

Hintergrund: Aktionsplattform "NRWlebt."
Mit der Aktionsplattform "NRWlebt." rückt die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen drei Jahre lang die Herausforderungen des demografischen Wandels aus der Perspektive des Planens und Bauens in NRW in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Mit Diskussionen, Auszeichnungsverfahren und ungewöhnlichen Aktionen soll das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit dafür geschärft werden, welche Auswirkungen die aktuellen Veränderungsprozesse unserer Gesellschaft auf unsere gebaute Umwelt haben (müssen). Themen, Thesen und Objektbeispiele unter www.nrw-lebt.de.

Die Jurybegründungen

Preisträger

1. Preis: "Sonneberg" in Thüringen
Fotograf: Falk Coburger
Das Motiv greift das Bild auf, das viele Menschen mit dem geförderten Wohnungsbau in Deutschland verbinden, und überführt die vielfach kritisierte Tristesse von Großsiedlungen der 1960er und -70er Jahre allerdings bei genauer Betrachtung in eine konstruktive Potenzialschilderung. Das Foto zeigt viele Aspekte, die der Fotowettbewerb "Nicht ganz dicht! – Besser zusammenleben im geförderten Wohnungsbau" verdeutlichen wollte: Es geht um das gemeinsame Leben der Menschen in einer scheinbar monotonen Umgebung; die fröhlich wirkenden Frauen, möglicherweise Migrantinnen, symbolisieren den Aufbruch, den der geförderte Wohnungsbau in Deutschland gegenwärtig zu vollziehen verspricht. Der Mensch wird durch die überzeugende Bildkomposition in einen reizvollen Kontrast zu der sprichwörtlich gewordenen Anonymität im Großsiedlungsbau gesetzt, die sich in den unbelebten Fenstern im Hintergrund ausdrückt. Der Außenraum erscheint einfach, aber gepflegt.
Die Arbeit ist insgesamt ein wertvoller Beitrag zur Aktionsplattform "NRWlebt." rund um das Planen und Bauen im demografischen Wandel. Die großartige Bildkomposition macht das Bild auch aus fotografischer Sicht zur überzeugendsten Arbeit dieses Wettbewerbs.

2. Preis: "Gefördertes Genossenschaftsprojekt" in München
Fotograf: Norbert Lampe
Das Foto zeigt, wie sich ein Projekt des geförderten Wohnungsbaus entwickelt, sobald es einige Zeit bewohnt und somit im wahrsten Wortsinn "belebt" wurde. Es wird verdeutlicht, wie wichtig der wohnungsbezogene Freiraum und dessen individuelle Ausgestaltung für das Gelingen des Konzepts "geförderter Wohnungsbau" in der Zukunft ist. Das reizvolle Spiel von Licht und Schatten unterstreicht die Lebendigkeit des Quartiers. Die Bedeutung des gemeinsamen Wohnens in einer lebendigen Nachbarschaft kommt zum Ausdruck, obwohl keine Menschen auf dem Bild zu sehen sind.
Der Bildaufbau lenkt den Blick des Betrachters mitten in die Wohnbebauung hinein. Das Foto vermittelt eine positive Grundstimmung, die über kleinere fotografische Mängel hinwegsehen lässt. Die Jury lobt das Foto als gelungene Dokumentation eines bereits realisierten Projekts im geförderten Wohnungsbau, welches sich offensichtlich bei den Bewohnern bereits etablieren konnte und gut gepflegt wird.

3. Preis: "Die gelbe Wohnanlage" in Münster
Fotograf: Manh Ngoc Nguyen
Das Motiv überzeugt fotografisch durch seine stimmige Komposition und eine interessante Kontrastierung von Licht und Schatten. Der Fotograf zeigt einen Ausschnitt einer bereits mehrfach ausgezeichneten studentischen Wohnanlage in Münster, ein vorbildliches Beispiel des zeitgenössischen geförderten Wohnungsbaus in Nordrhein-Westfalen. Das Foto konzentriert sich bewusst auf einen Ausschnitt, was es dem Betrachter unmöglich macht, festzustellen, auf welchen Typus eines Wohnhauses der Blick hier fällt. Die gelungene Farbkomposition weckt Assoziationen von Sonne, Urlaub, Leichtigkeit und attraktivem Wohnen.
Man hätte sich gewünscht, das bunte studentische Zusammenleben, welches das Quartier auszeichnet, im Bild erblicken zu können. "Die gelbe Wohnanlage" ist jedoch nach Überzeugung der Jury so ausdrucksstark, dass ein solches Bild im Kopf des Betrachters evoziert werden kann.

Anerkennungen (in der Reihenfolge ihrer Einreichung beim Wettbewerb)

"Wohnen ohne Bausparvertrag"
Fotograf: Helmut Scheffer
Das Motiv ist ein gelungenes Beispiel für Reportage- oder Street-Fotografie. Ausschnitt und Farbigkeit des Fotos sind gut gewählt, der Augenblick der Aufnahme scheint eine ganze Geschichte zu erzählen. Im Mittelpunkt steht hier offensichtlich die Frage nach der sozialen Bedeutung des Wohnens. Die Jury würdigt diesen Denkansatz, obgleich das Bild vermutlich kein Projekt des geförderten Wohnungsbaus zeigt.

"Das Ende der Architektur"
Fotograf: Dr. Thomas Klühspies
Das gut komponierte Foto zeigt Potenziale und Chancen des stereotypen Sozialwohnungsbaus der 1960er und -70er Jahre: Wie sollen die großen Siedlungsstrukturen weitergebaut werden, wie wird mit ihnen heutzutage umgegangen? Die Großsiedlung, die hier ins Bild gerückt wird, stand einmal an einer lebendigen, aber vermutlich auch lärmenden Bahnlinie. Dass diese heute nicht mehr betrieben wird, zeigt das Problem der Randlage, zugleich aber auch die Stärken dieser Baustruktur, die heute im Grünen liegt. Das Bild regt damit zur Diskussion darüber an, welche Entwicklungsmöglichkeiten sich durch den Strukturwandel für Großsiedlungen dieser Art bieten.

"Barcode für Häuser"
Fotograf: Hanns-Peter Eisold
Das Bild zeigt einen humoristischen Blick auf das Thema Wohnen. Die leicht groteske Situation wirft die Frage nach der Standardisierung von Wohnungen auf – die Wohneinheit als Massenware, als merkantiles Produkt? Dieses Thema wird hier fotografisch sauber und treffend in Szene gesetzt.

"in-meiner-stadt"
Fotografin: Marcelina Wisniewski
Das Foto setzt den skulpturalen, fast grafischen Aspekt des großmaßstäblichen Wohnungsbaus attraktiv und gekonnt in Szene. Fotografisch eine saubere und sorgfältige Arbeit, die den Betrachter in eine sommerliche Stimmung versetzt. Die Jury würdigt das Foto stellvertretend für eine Vielzahl von Einreichungen, die auf die künstlerisch-grafische Wirkung von Fassaden des Großwohnungsbaus abheben.

"Kommunikation im Wohnbau"
Fotograf: Detlef Voss
Das farblich und gestalterisch ansprechend gestaltete Motiv thematisiert die Kommunikation im Quartier. Das nachbarschaftliche Gespräch auf dem Balkon, die Überwindung vermeintlicher Grenzen, die bisweilen in der Architektur zum Ausdruck kommt, wird hier auf charmante Weise ins Bild gesetzt.

"Stadtteilfest in einer Wohnsiedlung in C-R, NRW"
Fotograf: Heinz Dieter Brose
Große Siedlungen können große gemeinschaftliche Erlebnisse ermöglichen. Das Motiv zeigt als eines von wenigen im Wettbewerb eine explizit menschliche Seite von großen Quartieren und dokumentiert, dass Gemeinschaft gelingen kann. Die fotografische Qualität des Bildes entspricht leider nur dem eines Schnappschusses, wie ihn Teilnehmer von Nachbarschaftsfesten machen. Die Jury würdigt jedoch die Dokumentation einer lebendigen, nachbarschaftlichen Situation.

Die ausgezeichneten Fotos werden vom 22. November bis 30. Dezember 2016 in einer Ausstellung im Haus der Architekten (Zollhof 1, 40221 Düsseldorf) gezeigt.

Download:

Preisträger und Anerkennungen - Jurybegründungen (PDF)

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