Kommentar: Gute Ziele - jetzt ist Umsetzung gefragt!

Die Landesregierung steht - und Bauministerin bleibt Ina Scharrenbach. Ein Kommentar von Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW.

30. Juni 2022
Ernst Uhing
Dipl.-Ing. Architekt BDB Ernst Uhing - Foto: Ingo Lammert

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

Die Landesregierung steht - und Bauministerin bleibt Ina Scharrenbach. Wir haben mit unserer Bauministerin in den zurückliegenden fünf Jahren sehr gut zusammengearbeitet, und ich freue mich, dass wir diese Kooperation nun fortführen können. Dass ihr Ministerium nun die Ressorts „Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung“ umfasst, ist eine zielführende Ergänzung.

„Wir wollen Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas machen.“ So lautet einer der zentralen ersten Sätze im Koalitionsvertrag zwischen der NRW-CDU und den nordrhein-westfälischen Grünen, der das Fundament für die gemeinsame Arbeit der beiden Parteien in der neuen Legislaturperiode bilden soll. Ein ambitionierter, ja visionärer Ansatz.

Nordrhein-Westfalen betritt mit der schwarz-grünen Regierungskoalition politisches Neuland. Den Schutz unseres Klimas als übergeordnetes Ziel zu definieren, wird der Verantwortung vor den kommenden Generationen zweifellos gerecht. Es ist gut, dass der Koalitionsvertrag dabei die besondere Bedeutung des Bau- und Planungssektors ausdrücklich unterstreicht. Wir arbeiten in der Architektenkammer NRW selbst gegenwärtig an konkreten Ansätzen dafür, wie klimagerechtes Bauen gelingen kann, und werden die neue Landesregierung in diesen Fragen intensiv begleiten. Denn bei allen guten Absichten stellt sich die Frage der praktischen Umsetzung.

Der vertiefende Blick in die rund 150 Seiten des Koalitionsvertrages zeigt verschiedene Themenfelder, in denen CDU und Grüne deutlich vorankommen wollen. Dazu gehört, dass – gerade im Baubereich – Planungs- und Genehmigungsverfahren noch einmal beschleunigt und optimiert werden sollen. Ob uns allerdings die angedachte Einführung einer „kleinen Bauvorlageberechtigung“ für bestimmte Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister voranbringen wird, wage ich zu bezweifeln; auch wenn eine solche Regelung in den meisten anderen Bundesländern schon lange gilt. Die Architektenkammer NRW wird in jedem Fall darauf dringen, dass bei der Umsetzung dieses Vorhabens der Verbraucherschutz und die Förderung der Baukultur weiterhin oberste Priorität behalten!

Positiv zu bewerten sind aus unserer Sicht die Pläne zur personellen Stärkung von Genehmigungsbehörden (endlich!) sowie die angedachte Einführung einer Fortbildungsverpflichtung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bauverwaltungen. Beides haben wir lange gefordert, um die öffentliche Bauverwaltung zu stärken. Begrüßenswert ist überdies die Ankündigung, dass das am 1. Juli in Kraft getretene Denkmalschutzgesetz NRW bis zum Jahr 2025 evaluiert werden soll – das ist angesichts der nicht abebbenden Kritik der Fachwelt mehr als sinnvoll. Und auch die umfassende schrittweise Einführung einer Solarpflicht auf Dächern ist in unser aller Interesse. Hier kommt im Übrigen einiges an Arbeit auf unseren Berufsstand zu.

Viel vorgenommen hat sich Schwarz-Grün auch im Bereich des Wohnungsbaus. So soll die öffentliche Wohnraumförderung mindestens auf dem bisherigen Niveau fortgesetzt werden – richtig! Gleichzeitig sollen bis zum Jahr 2027 mindestens 45 000 neue mietpreisgebundenen Wohnungen entstehen – das ist angesichts der Förderergebnisse der letzten Jahre ambitioniert – und zugleich immer noch zu wenig. Hier hätte ich mir höhere Ziele und mehr wohnungspolitischen Mut gewünscht!

Insgesamt enthält der Koalitionsvertrag viele richtige Projekte und Ansatzpunkte, die der klimagerechten baulichen Weiterentwicklung unseres Landes dienen können. Dazu zählt auch die weitere Digitalisierung des Planens und Bauens, u.a. mit der flächendeckenden Einführung des digitalen Bauantrags bis Jahresende.
Wir werden auch der neuen Landesregierung als verlässlicher Partner zur Seite stehen, der darauf achten wird, dass die angekündigten Ziele konsequent verfolgt und operativ umgesetzt werden. Und zwar schnell, denn der Schutz des Klimas duldet keinen Aufschub. Die Zeit drängt!

Es grüßt Sie herzlich
Ihr


Dipl.-Ing. Ernst Uhing
Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

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