NRW-Architektentag in Düsseldorf

NRW-Architektentag in Düsseldorf

"Architekten braucht das Land!" - In dieser Einschätzung stimmten beim NRW-Architektentag in der Düsseldorfer Rheinterrasse am 5. April Spitzenpolitiker der nordrhein-westfälischen Parteien sowie NRW-Bauminister Vesper völlig überein. In einer Podiumsdiskussion konfrontierte der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Hermannjosef Beu, den SPD-Landesvorsitzenden und Generalsekretär, Franz Müntefering, CDU-NRW-Generalsekretär Herbert Reul, Bündnis 90/Die Grünen-Landes-Vorstandssprecherin Barbara Steffens und den Landesvorsitzenden der F.D.P., Jürgen W. Möllemann, aber auch mit heftigen Vorwürfen: "In keinem anderen europäischen Land werden die Themen Architektur, Wohn- und Stadtqualität seitens der Politik so vernachlässigt wie in der Bundesrepublik", rief Beu unter starkem Beifall der 500 Gäste. Politiker aller Parteien müssten den Themen Architektur und Wohnqualität endlich einen angemessenen Stellenwert einräumen.

06. April 2000

Fünf Wochen vor der Landtagswahl in NRW hatte die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Spitzenpolitiker der Landesparteien zu einer Diskussion eingeladen, um Antworten der Politik auf drängende Fragen der Architektenschaft zu bekommen. Einig waren sich die Politiker darüber, dass die Innenstädte gestärkt werden müssen und eine weitere Zersiedelung des Landes zu verhindern sei. Unterschiede wurden dagegen beim Thema "Eigentumsförderung" deutlich: SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollen die Eigenheimförderung kontinuierlich ausbauen und parallel dazu den Mietwohnungsbau unterstützen. "Wir haben ein gutes Niveau erreicht, das wir behutsam erhöhen müssen", erklärte SPD-Landesvorsitzender Müntefering. Die CDU verlangt dagegen eine breite und schnelle Steigerung der Eigentumsquote in NRW. "Die Landesregierung hat die Frage der Eigentumsförderung lange Jahre zu restriktiv gehandhabt", klagte CDU-Generalsekretär Reul. Die F.D.P., so Jürgen W. Möllemann, strebe schwerpunktmäßig an, die Rahmenbedingungen für Investoren zu verbessern. Der Präsident der Architektenkammer, Hermannjosef Beu, und der Düsseldorfer Architekt Karl-Heinz Petzinka mahnten die Politiker, den Bau-Bestand nicht zu vergessen. "Natürlich wollen wir Architekten bauen", so Hermannjosef Beu, "aber bauen bedeutet auch, den Bestand zu sanieren, zu pflegen und damit langfristig unsere Städte attraktiv zu erhalten." Der renommierte Hamburger Architekt Meinhard von Gerkan ging in seinem Festvortrag auf das Tagungsmotto "Architekten braucht das Land" ein und griff dabei auch die Forderung von Kammerpräsident Beu auf, Architektur müsse einen höheren politischen und gesellschaftlichen Stellenwert in der Bundesrepublik erhalten. Von Gerkan warnte vor der Tendenz, Architektur und Bauwesen allein renditeorientiert zu betrachten. "Die Baukultur ist auf dem Weg, dem Niedergang des Ess-Kultur zu folgen", kritisierte der Architekt und appellierte an die Politiker, Architektur und hochwertigen Städtebau als Kultur- und Wirtschaftsfaktor zu fördern. Die deutsche Politik sei im Vergleich mit Finnland oder Holland in dieser Frage von "Ignoranz und Geringschätzung" gekennzeichnet, spitzte von Gerkan seine Thesen zu. Architekten seien heute unverzichtbar, weil sie im Spannungsfeld zwischen Investoren, Bauherren, Bautechnikern und der beteiligten Öffentlichkeit die Rolle des Moderators, des "Spezialisten für das Ganze", übernähmen.

Gemeinsam mit Meinhard von Gerkan betonte der Präsident der Architektenkammer, Hermannjosef Beu, dass die Ausbildung der Architekten optimiert werden müsse. Das Architektur-Studium betone zu sehr den Entwurf und räume der Baupraxis zu wenig Platz ein. "Unsere Studenten brauchen mehr Realitätsnähe, um für die Aufgaben der Zukunft gewappnet zu sein", sagte Beu. Eine Einschätzung, die der nordrhein-westfälische Bauminister, Dr. Michael Vesper, teilte: "Das Aufgabenspektrum der Architekten weitet sich immer mehr aus. Neben dem Entwerfen müssen auch Fähigkeiten wie die Moderation von Interessen und die Konsensbildung gelehrt werden." Vesper rief die Architekten dazu auf, sich in die lokalen Agenda-21-Prozesse einzubringen, die sich um eine nachhaltige, zukunftsfähige Stadtentwicklung bemühen. Hier sei die Mitarbeit der nordrhein-westfälischen Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner unverzichtbar, erklärte der Bauminister: "Architekten braucht das Land!"

Teilen via