Workshops – ein Ersatz für Wettbewerbe? - Warum „graue Verfahren“ das Wettbewerbswesen unterminieren und gefährden

Workshops – ein Ersatz für Wettbewerbe? - Warum „graue Verfahren“ das Wettbewerbswesen unterminieren und gefährden

Mit großer Moderation werden zunehmend Verfahren inszeniert, bei denen für städtebauliche Aufgaben Architekten, Bürgergruppen, Politiker und Fachleute zusammenkommen, um „Konzepte“ zu erarbeiten. Die Gefahr ist groß, dass diese Werkstätten nicht die erwünschten Ergebnisse bringen und die Verwirrung danach noch größer ist als zuvor. „Angst vor Ideenklau“ titelte eine Düsseldorfer Tageszeitung vor kurzem und sprach von drei namhaften Düsseldorfer Architekturbüros, die künftig nicht mehr an Werkstattverfahren teilnehmen wollen.

16. Juni 2003von Fritz Heinrich

Auch die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen registriert mit großer Besorgnis, dass ungeregelte Planungswerkstätten, Workshops oder Moderationsverfahren bei öffentlichen Planungs- und Bauprojekten mehr und mehr um sich greifen. Grundsätze des fairen und lauteren Leistungsvergleichs werden bei diesen Verfahren nur unzulänglich berücksichtigt. Die den Bürgern vermittelte Transparenz erweist sich häufig als trügerisch, da die Verfahrensabläufe und -inhalte oft intransparent bleiben, Moderationsverfahren sehr aufwändig und kostenintensiv werden können, die aufgehobene Anonymität die Objektivität der Auswahl in Frage stellt und die Gefahr besteht, gegen Vorgaben des Vergaberechts zu verstoßen. Darüber hinaus ist grundsätzlich die Frage zu stellen, ob Workshops in „Turnhallen“ den Bürgern nicht auf unseriöse Art und Weise eine Schnelligkeit von Ideenschöpfung suggeriert, die nicht gegeben ist oder zumindest Zweifel an der Nachhaltigkeit der produzierten Ergebnisse aufwirft.

Differenz in Motivation der Beteiligten

Was will die Kommune oder die öffentliche Institution erreichen? Was sind die Vorstellungen? - Auf jeden Fall schnell zum Ziel kommen. Dabei Ergebnisse erzielen mit einer Qualität, die auf den ersten Blick wenig Kritik aufkommen lässt. Beurteilt von einem Gremium, das möglichst breit zusammengestellt ist und bei dem die Fachleute zwar das Sagen, aber nicht die Mehrheit haben. Der Aufwand dieser Verfahren bleibt im unteren Bereich und wird fast immer nur nach Zeit kalkuliert.
Und die Architekten? Warum machen sie mit? Was versprechen sie sich von diesem Vorgehen? - Zunächst ist festzustellen, dass jeder Architekt und jede Architektin bzw. jeder Stadtplaner und jede Stadtplanerin an einer neuen Aufgabe interessiert ist. Man fühlt sich in der eigenen Arbeit bestätigt, aufgefordert zu werden oder mitmachen zu dürfen. Gerade in der heutigen Zeit, wo wenige Aufgaben zu vergeben sind. Erst in der Bearbeitung kommen die Bedenken, und die kaum formulierten Verfahrensregeln zeigen plötzlich Gefahren auf. Wenn die Entscheidung gefallen ist, wird meistens Kritik laut über den Verfahrensablauf, die unklaren Beurteilungskriterien, die vielen offen liegenden Einzelideen oder sogar über die getroffene Entscheidung.

Fairness und Transparenz

Sind die Ziele auch anderweitig zu erreichen, und zwar in einem geregelten Wettbewerbsverfahren, z. B. mit kooperativen Wettbewerben gemäß einem bewährten Regelwerk (wie den RAW 2001)? - Die RAW 2001 bieten Raum für eine große Vielfalt von Verfahrensalternativen geregelter Wettbewerbe. Bei gründlicher fachlicher Vorbereitung (bis hin zu einer möglichen breiten Bürgerbeteiligung in kooperativen Verfahren), bei ausreichender Zeit für die inhaltliche Durchdringung der Aufgabe durch die teilnehmenden Büros, bei einem fest vorgegebenen Zeitplan, bei einer fachlich qualifizierten und unabhängigen Jury bieten sie ein Höchstmaß an Qualität im Ergebnis sowie Transparenz für die Beteiligten und vor allem für die interessierten Bürger. Wenn allerdings weder die Aufgabenstellung noch das Planungsproblem definiert werden können, muss zunächst vor einem Wettbewerb eine Klärung herbeigeführt werden. Entweder übernimmt ein Gremium des Auslobers diese Aufgabe, oder der Auslober inszeniert ein Werkstattgespräch als „runden Tisch“ zwischen Bürgervertretern, Fachleuten und Architekten. Dabei stehen die Teilnehmer nicht in Konkurrenz miteinander, haben keinen Preis und keinen Auftrag zu erwarten, sondern bringen ihre Kenntnisse und ihre Kreativität zur Aufgabenklärung ein. Möglicherweise arbeiten mehrere Teams an unterschiedlichen Ansätzen und werden dafür honoriert. Dieser „runde Tisch“ als Vorläufer für einen Wettbewerb kann durchaus Sinn machen, muss dagegen kritisch gesehen werden, wenn er dazu missbraucht wird, zeitaufwändige, komplexe Planungsprojekte in einer kurzen Zeit abzuhandeln, unter dem Deckmantel der Öffentlichkeit.

Schlussbemerkung

Die AKNW fordert daher Auslober auf, sich dafür einzusetzen, dass die Diskussion bei Planungsaufgaben der öffentlichen Hand auf der Basis geregelter Architektenwettbewerbe geführt wird und dass öffentliche Auftraggeber mit gutem Beispiel voran gehen. Kooperative Wettbewerbe nach RAW 2001 sollten die bessere Alternative zu den sogenannten Workshops sein, die ohne vergleichbare Spielregeln ablaufen. Das Urheberrecht muss geschützt bleiben, und jedes Team sollte seine Ideen auf eigene Art entwickeln und festschreiben können. Dabei kann durchaus während der Bearbeitung mit den Betroffenen und den Initiatoren eine Diskussion zur Aufgabe geführt werden. Dieser Austausch kann Spielräume aufzeigen und unterschiedliche Meinungen bündeln. Nur so ist die Kooperation bei einem Wettbewerb zu verstehen. Die Suche nach der besten Idee muss mehr gewürdigt werden, und den Verfahrensregeln müssen mehr Beachtung geschenkt werden.
Planungskultur darf sich nicht in publikumswirksamen Schauveranstaltungen mit handverlesenen Planern erschöpfen. Sie ist wesentlicher Bestandteil der Landesinitiative „StadtBauKultur NRW“, die als nachhaltiges Projekt eine integrative Betrachtung sämtlicher Phasen des Planungsprozesses beinhaltet.

Dipl.-Ing. Fritz Heinrich ist Architekt in Dortmund und Vorstandsmitglied der AKNW

Teilen via