Das 05. Architekturquartett NRW diskutierte die Neunutzung von Altgrundstücken an drei aktuellen Beispielen

05. Architekturquartett NRW diskutierte "Neuland" - Aufzeichnung heute im Fernsehen zu sehen

Rund 140.000 Hektar Fläche liegen deutschlandweit im innerstädtischen Bereich brach. Dabei handelt es sich mehrheitlich um früher industriell oder militärisch genutzte Areale. Niemandsland oder „verbotene Städte“. Flächen aber, an die man sich im Zuge der Aufwertung der Stadt als Wohn- und Lebensort zunehmend herantraut. Wie soll man mit dieser ungeahnten Entwicklungsreserve umgehen? Welche Perspektiven bieten diese Flächen? Und welche Rolle spielt Architektur in diesem Kontext? Über diese Fragen diskutierte das 05. Architekturquartett NRW der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Ende Mai in Düsseldorf am Beispiel von drei neuen Bauwerken.

20. Mai 2011von Melanie Brans

„Neuland“ lautete das Thema, dem sich Dr. Kristin Ammann-Dejozé (Architektin / Stadtplanerin), Luzia Braun (Journalistin / ZDF), Dr. Christian Schliephake (Bauunternehmen Hellmich Gruppe) und Prof. Kunibert Wachten (Architekt und Stadtplaner) widmeten. Passend zum Thema fand das 05. Architekturquartett NRW im Hyatt Regency Hotel im Düsseldorfer Medienhafen statt, an einem Ort also, an dem ein Altgrundstück für ein neues Bauprojekt nutzbar gemacht wurde. Das Gebäudeensemble von Jurek M. Slapa u. Helmut Oberholz (Foto Mitte; im Auftrag von JSK Architekten Frankfurt) war eines der Objekte, die das Architekturquartett diskutierte. Thematisiert wurden außerdem der Germania-Campus in Münster (Foto rechts) und das ThyssenKrupp Quartier in Essen (Foto links). „Es geht nicht nur darum, Neuland als Baulandreserven zu betrachten. ,Neuland‘ meint auch, neue Formen städtischen Lebens oder neue Arbeitsmodelle auszuprobieren“, sagte Prof. Kunibert Wachten mit Blick auf alle drei Objekte. Das Thema „Arbeiten“ stand vor allem beim ThyssenKrupp Quartier im Vordergrund. Einig war sich das Architekturquartett darin, dass der Weltkonzern mit der Erschließung der ehemaligen Industriebrache im Nordwesten der Essener Innenstadt eine wichtige, auf die gesamte Stadt ausstrahlende Entwicklung angestoßen habe. Auseinander gingen die Meinungen allerdings in der Frage nach der Wirkung des Entwurfes von Chaix & Morel et associeés und JSWD Architekten. „Sehr formal, eine sehr demonstrative Architektur, aber doch kalt und streng“, befanden Dr. Kristin Ammann-Dejozé und Luzia Braun mit Blick auf das Gebäudeensemble, das an einer zentralen Wasserachse platziert und mit einem sehr zeichenhaften Gebäude als Mittelpunkt („Q1“) geplant wurde. „Für einen Weltkonzern sehr repräsentativ. Genau die richtige Lösung“, sagte dagegen Dr. Christian Schliephake.

Einen Kontrast zum ThyssenKrupp Quartier bildete für das Architekturquartett der Germania Campus in Münster. Architekt Andreas Deilmann ist hier zugleich als Investor aufgetreten und hat ein altes Brauereigelände zu einem bunten, lebendigen Quartier umgewandelt. Vor allem der Ansatz, die historische Bausubstanz um eine zeitgemäße Stadt-Architektur zu ergänzen, überzeugte. Dr. Kristin Ammann-Dejozé: „Hier wurde versucht, durch An- und Umbauten eine neue Nutzung zu etablieren. Das ist gelungen.“ Aus Investorensicht warf Dr. Christian Schliephake die Frage auf, ob derartige Standorte auch andernorts entwickelt werden können. „Schwierig! So etwas funktioniert nur, so lange so ein Quartier hip ist - und dank großen persönlichen Engagements des Architekten und Investors.“ Als Standort von besonderer Qualität wertete das Architekturquartett die Hafenspitze in Düsseldorf. „Hier architektonisch ein besonderes Zeichen zu setzen, war notwendig und richtig.“ Vor allem, dass der Blick zugleich auf alte und neue Nutzung des Düsseldorfer Hafens fällt - das Gelände lässt Blickbeziehungen auch zum noch industriell genutzten Hafen zu -, wurde positiv vermerkt. Bezogen auf die Architektur machte Luzia Braun dann aber doch eine große Gegensätzlichkeit aus: „Ich sehe hier zwei Hotels. Außen eine sachliche, durchdachte Architektur. Innen eine hochqualitative, aber gewöhnungsbedürftige Gestaltung.“ Keine Frage: Das Quartett hätte sich vom Innenraumdesigner FG Stijl mehr Nüchternheit gewünscht. Braucht es architektonische Zeichen um Neuland zu entwickeln? - Eindeutig beantwortete das 05. Architekturquartett NRW diese Frage nicht. „Weil sie nicht eindeutig zu beantworten ist“, so Prof. Kunibert Wachten. Sicher sei, dass die Nutzung innerstädtischer Entwicklungsreserven nicht zum Entstehen von Glanzbildarchitektur führen darf. „Das führt zu Widerständen in der Bevölkerung, bei den Nutzern.“ Und dazu sei das vielerorts noch schlummernde und unentdeckte Entwicklungspotenzial zu wertvoll. Wer das Architekturquartett verpasst hat, kann eine Aufzeichnung der Veranstaltung im Lokalsender center.tv verfolgen. Die Sendetermine: Freitag, 20.05.2011, 20 – 22 Uhr; Sonntag, 22.05.2011, 20 – 22 Uhr; Montag, 23.05.2011, 21-23 Uhr; Donnerstag, 26.05.2011 15-17 Uhr.

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