Baukultur in der Region: „Kammer vor Ort“ in Lippstadt

Unser Besuch hier in Lippstadt macht wieder einmal eines sehr deutlich: Baukultur ist nicht nur in den Metropolen zu finden!“ Mit diesem spontanen Statement begrüßte Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, am 5. Juli in Lippstadt mehr als 130 Architektinnen und Planer aus Ostwestfalen zur jüngsten „Kammer vor Ort“-Veranstaltung der AKNW.

16. Juli 2018von Christof Rose

Auch der Veranstaltungsort verdeutlichte den Anspruch des Regionaltreffens, über städtebauliche Entwicklungen und architektonische Qualitäten im ländlichen Raum zu sprechen. Denn das „Kasino“, in dem die Tagung stattfand, war ehemals die Offiziersmesse der „Churchill-Barracks“ gewesen. Heute ist das Gelände zu Wohnzwecken mit ergänzenden Veranstaltungsräumlichkeiten umgenutzt worden. „Das überzeugende Ergebnis eines Architektenwettbewerbs“, wie Lippstadt Bürgermeister Christof Sommer in seinem Grußwort betonte. 

„Wie kann ich historische Qualitäten erhalten und dennoch meine Stadt weiterentwickeln?“ Bürgermeister Sommer beantwortet diese Frage für Lippstadt regelmäßig, indem die Kommune Architektenwettbewerbe auslobt. „Wir wollen mit hoher baulicher Qualität eine attraktive und lebenswerte Stadt bleiben.“

Ein wichtiger Beitrag dazu war die Umnutzung des früheren Militärgeländes „Churchill-Barracks“; auf dem Gelände entstand ein neues, stark durchgrüntes Wohnquartier. Ergänzend fand jüngst ein Wettbewerb für das „Innovation Quarter“ statt, den das junge Büro Rinsdorf Ströcker Architekten aus Lippstadt für sich entscheiden konnte. Wie Carsten Rinsdorf und Marai Ströcker in der „Kammer vor Ort“-Veranstaltung darlegten, planen sie Räume für innovative Arbeitswelten, die vor allem auf offene Kommunikationsflächen setzen. Daher sei das Gebäude eingeschossig und habe einen „Market place“, so Architekt Carsten Rinsdorf. Marei Ströcker wies darauf hin, dass auch ihr eigenes Büro entsprechend agiere: „Wir arbeiten mit flachen Hierarchien, sitzen alle an einem Tisch. Jeder darf seine spezifischen Stärken ausspielen - das wollen wir auch auf das Innovation Quarter übertragen.“

Auf Kommunikationsflächen setzte auf die Architekten von RKW Architektur + aus Düsseldorf bei der Gestaltung des „Campus Lippstadt“. Der projektleitende Architekt Lukas Hampl stellte den neuen Standort der Hochschule Hamm-Lippstadt vor, der in einem heterogenen Umfeld am Rande der Lippe-Aue entstanden ist. „Die Adressbildung erfolgt über den zentralen Campusplatz, auf dem sich die Studierenden treffen können“, erläuterte Hampl. Um diesen Platz gruppieren sich vier Gebäude, die über ihre Klinkerfassaden einen Bezug zu regionalen Bauweisen wahren. 

Ein Aspekt, der nach Einschätzung von Magdalena Leyser-Droste seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Architektin vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung berichtete die Ergebnisse aktueller Befragungen, nach denen die Menschen unter dem Begriff „Baukultur“ in erster Linie historische Gebäude verstehen; gefolgt von den Begriffen „Kultur“, „Denkmäler“ und „Identität“. Wichtig sei es, historische Bausubstanz behutsam weiterzuentwickeln, so Leyser-Droste. „Die Quartiere müssen bewohnt werden, sonst schaffen wir Museumsdörfer.“ Ein positives Beispiel sei die Umnutzung der Churchill-Barracks, die heute ein lebendiges Stadtquartier geworden seien.                 

Dipl.- Ing. Magdalena Leyser-Droste, Architektin, über Historische Stadtkerne und Stadtentwicklung (PDF)

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