Corona-Krise: Interview mit Innenarchitektin Barbara Eitner

Die aktuelle Umfrage der Bundesarchitektenkammer zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie in deutschen Architekturbüros hat es aufgezeigt: Innenarchitektinnen und Innenarchitekten sind in besonderer Weise betroffen. Barbara Eitner führt in Düsseldorf mit Ihrer Geschäftspartnerin Birte Riepenhausen das Innenarchitekturbüro null2elf Innenarchitekten mit vier Mitarbeiterinnen. Ein Interview.

27. Mai 2020von Interview: Christof Rose
Barbara Eitner (r.) und Birte Riepenhausen, Partnerinnen des Büros null2elf innenarchitekten in Düsseldorf – Foto: Ute Kaiser

Barbara Eitner, wie stark spüren Sie in Ihrem Büro die Folgen der aktuellen Corona-Krise?
Wir sind zum Glück breit aufgestellt und arbeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen. Ein großer Kunde mit Retail- und Gastronomieflächen hat einige Projekte erst einmal verschoben. Dafür laufen Schul- und Kitasanierungen aber weiter oder sogar verstärkt. Meine Vorlesungen an der Peter Behrens School of Arts (PBSA) halte ich via Videokonferenz, was besser funktioniert als gedacht. Dort wurde alles daran gesetzt, die Lehrenden schnellstmöglich auf diesem Sektor fit zu machen.
Ich weiß allerdings von Kolleginnen und Kollegen, dass insbesondere die Bereiche Messe- und Ladenbau, Retail sowie Gastronomie und Hotellerie hart getroffen sind. Viele Aufträge wurden storniert oder auf unbestimmte Zeit zurückgestellt.

Ist eine zu starke Spezialisierung in den Büros auch ein Problem?
Jedenfalls eine einseitige. Die letzte Zeit hat gezeigt, dass sicher geglaubte Spezialgebiete plötzlich wegbrechen können. So ging es Büros, die sehr erfolgreich für große Messen gebaut haben. In diesem Bereich kommt man um eine Spezialisierung fast nicht herum. Auch im Bereich „Arbeitswelten“ ist unsere Branche von einem Boomsektor erst einmal in den völligen Lockdown gerutscht. Unser Büro arbeitet aber auch im Gesundheitswesen - und hier wird gegenwärtig investiert, auch um auf die Corona-Anforderungen zu reagieren. Zur eher instabilen Auftragslage kommt für die Büros, deren Inhaber oder Mitarbeiter Kinder haben, dass sie mit Betreuung oder Homeschooling parallel noch ihre Projekte weiter vorantreiben müssen, ob planerisch vom Schreibtisch aus, auf Baustellen oder beim Kunden direkt. Das ist eine extreme Herausforderung für die Familien.
Meine Kinder dürfen ab Mitte Mai einmal pro Woche für vier Unterrichtsstunden in die Schule, und so geht es allen Eltern mit Grundschulkindern und größtenteils auch denen auf weiterführenden Schulen. Dieses Problem ist von der Politik nicht gelöst, damit stehen die Familien und Büros mutterseelenallein da.

Die Innenarchitektur trifft es früher als andere Büros. Ist die Fachrichtung ein Seismograf für den gesamten Berufsstand?
Ich denke, das wird davon abhängen, wie lange die Krise dauert und wie stark wir in eine Rezession schlittern. Auftraggeber, die nicht wissen, ob sie morgen noch Geld zur Verfügung haben, werden heute keine Aufträge erteilen, das werden wohl auch alle anderen Fachrichtungen spüren. Wir müssen alle diese Phase nutzen, um über neue Märkte, aber auch neue Arbeitsweisen und Methoden wie BIM nachzudenken, wenn wir es nicht schon längst getan haben. Denn das Planen und Bauen wird ja weitergehen.

Sie engagieren sich auch berufspolitisch in der Architektenkammer NRW, u.a. im Ausschuss Innenarchitektur. Was raten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen?
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, die Bundesarchitektenkammer und viele Verbände informieren umfassend auf der jeweiligen Homepage über staatliche Hilfsprogramme und rechtliche Folgen, die sich aus der Corona-Pandemie für unseren Berufsstand ergeben. Auch das Beratungsangebot von Kammer und Verbänden sollte man ruhig aktiv nutzen und sich nicht scheuen. Büros können auch mit Instrumenten wie Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit durch die Krise kommen. – Man sollte wissen, welche Möglichkeiten bestehen.
Ich halte es für wichtig, diese Phase für eine vielleicht längst überfällige Neuausrichtung, eine konsequentere Digitalisierung, die Beschäftigung mit „New Work“ zu nutzen. Vielleicht mit geförderten Beratungsangeboten. Kleine Büros können sich zusammenschließen und kooperieren, natürlich auch fachrichtungsübergreifend. Es ist eine Zeit für neue Ideen. Und da sind wir mit unserem Berufsstand doch genau die richtige Adresse! Und wir sollten diese Zeit, wenn wir es uns leisten können, nutzen, um uns weiter zu qualifizieren und unsere Profile zu schärfen. Die Akademie der Architektenkammer NRW hat in kürzester Zeit ein Online-Angebot aus dem Boden gestampft, was sich sehen lassen kann! Ich bin sicher, dass unsere Arbeit zwingend gebraucht wird, wenn die Konjunktur nach der Krise wieder anzieht.
 

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