Gemeinsame Verantwortung

Selbstverständlich lassen sich ein verantwortungsvoller Umgang mit Energie und qualitätvolle Architektur miteinander verbinden!“ Michael Arns, Vizepräsident der Architektenkammer NRW, zeigte sich in seiner Einführung zum Fachforum „Energieeffizienz im Wohnungsbau – eine gemeinsame Verantwortung“ am 16. Januar in der Philharmonie Essen kämpferisch. Die Architekten und Stadtplaner hätten nicht nur das Know-how, sondern auch die Verantwortung, zusammen mit ihren Auftraggebern nach zukunftsfähigen Lösungen zu suchen, um den nachfolgenden Generationen eine gute, lebenswerte gebaute Umwelt weiter zu geben.

18. Januar 2018von Christof Rose

Dass es dazu hilfreich sei, nicht allein auf das einzelne Bauwerk zu blicken, sondern in städtebaulichen Zusammenhängen zu denken, zog sich wie eine roter Faden durch die Vortragsveranstaltung, die im Rahmen des „Energieforum West“ (15./16.01.18) des Europäischen Bildungszentrums der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft stattfand und an dem rund 120 Planer teilnahmen.

Die Architektenkammer NRW beteiligte sich mit einem eigenen Veranstaltungspanel am Morgen des zweiten Kongresstages am Programm. Unter dem Motto „Energieeffizienz im Wohnungsbau – eine gemeinsame Verantwortung“ wurden energieeffiziente Projekte aus dem geförderten Wohnungsbau vorgestellt, die mit dem Landespreis für Architektur, Wohnungs- und Städtebau Nordrhein-Westfalen 2017 ausgezeichnet worden waren; beispielsweise das Projekt „Neues Wohnen im Ostviertel“ in Aachen.

Architekt Gunnar Ramsfjell vom Dortmunder Büro HWR Architekten betonte, dass die 77 Wohneinheiten des Neubaus im sogenannten „Aachener Standard“ realisiert wurden. Dieser Standard entspreche in etwa der Passivhausbauweise, priorisiere aber in der Auswahl der Baumaterialien bewährte Bauteile gegenüber noch nicht ausreichend erprobten Produkten. Wichtig sei in dem Projekt der städtebauliche Gedanke, die bislang isolierten Plätze und Grünzonen des gründerzeitlichen Quartiers zu verbinden und die neuen Baukörper für eine Aufwertung der Nachbarbebauung zu nutzen.

Auch Frank Riedel, geschäftsführender Gesellschafter von pbs architekten in Aachen, hob die städtebauliche Verantwortung hervor, die einem größeren Neubauprojekt gerade im Bereich des Wohnungsbaus automatisch zukomme. Die 133 Wohneinheiten für das neue „Studentische Wohnen Tannenbusch“ in Bonn legten die Architekten an die Enden einer neuen „Flaniermeile“ in dem als schwierig geltenden Stadtteil. „Wir haben stark elementiert gebaut in Stahlbeton-Skelettbauweise“, erläuterte Riedel. Alle Wohnungen wurden barrierefrei gestaltet und so geplant, dass später auch eine Umnutzung der Studentenwohnungen etwa als Familienwohnungen möglich ist.

Ein drittes Projektbeispiel stellte Prof. Juan Pablo Molestina mit dem „Carlswerkquartier Köln“ vor. Auch dieses Projekt entstand teils im frei  finanzierten, teils im geförderten Wohnungsbau. Auch hier wurde ein eher einfaches Stadtquartier durch den Neubau aufgewertet, wobei es den Architekten gelang, mit „rekordverdächtigen 850 €/qm extrem preiswert zu bauen. Dies konnte gelingen, so führte Prof. Molestina aus, indem eine einfache Konstruktion gewählt und vorelementiert gebaut wurde. Auf „versteckte Räume“ im Dach- und Kellerbereich wurde bewusst verzichtet, als Identifikationsstiftendes Element kam lediglich Farbe zum Einsatz. „Wichtig ist uns immer die Berücksichtigung bestehender städtischer Strukturen“, betonte der Kölner Architekt.

Ein außergewöhnliches Projekt stellte Prof. Johannes Kister (kister scheithauer gross, Köln/Leipzig) mit dem „Gerling-Hochhaus“ in Köln vor. Hier ging es nicht um Neubau, sondern um die Umnutzung eines Bürogroßbaus der Nachkriegszeit in ein modernes Wohnhochhaus – in dem heute die teuersten Apartments von ganz Köln zu finden sind. Auf großes Interesse des Publikums traf auch der Vortrag von Prof. Christa Reicher und ihrer Mitarbeiterin Anne Söfker-Rieniets. In einem Forschungsprojekt an der TU Dortmund befassen sie sich mit der Frage, ob das über 100 Jahre alte Konzept der Gartenstadt von Ebenezer Howard heute in moderne Stadtquartiere überführt werden kann. Alleine im Revier gibt es 240 solcher Siedlungen, die oftmals als Gartenstädte angelegt worden seien. „Ich glaube an einen neuen Boom einer Gartenstadt des 21. Jahrhunderts“, resümierte Prof. Christa Reicher.

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