Innenarchitektentag: „bauhaus oder Bauhaus“

Der Titel führte schon im Vorfeld der Veranstaltung zu Diskussionen: Wie verbreitet ist in der Öffentlichkeit das Wissen über das Bauhaus, dessen Geburtstag in diesem Jahr bundesweit umfassend begangen wird? Wer „Bauhaus“ bei google eingibt, erhält zuerst alle Informationen und Produkthinweise zu einem bekannten Baumarkt. „Das Bauhaus war aber kein Stil und viel mehr als eine Schule für Gestaltung und Architektur“, hob AKNW-Präsident Ernst Uhing in seiner Begrüßung am 11. Mai im Dortmunder Baukunstarchiv NRW hervor. „Wir diskutieren heute eine Ideenwelt.“

21. Mai 2019von Christof Rose

Diese stellte einführend Prof. Thomas Schleper vom Landschaftsverband Rheinland dar. In seinem Vortrag „Bauhaus zwischen Klischee und Idee“ arbeitete er heraus, dass das Bauhaus Spiegel eines grundlegenden gesellschaftlichen Umbruchs gewesen sei; und seinerseits auch dazu beigetragen habe. „Wir müssen das Bauhaus-Jubiläumsjahr weniger als Festveranstaltung denn als Bildungsauftrag verstehen - und junge Leute für seine Werte begeistern.“

Von welchen Werten wird unsere Gesellschaft heute gelenkt? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Innenarchitektentages der Architektenkammer NRW, zu der AKNW-Vorstandsmitglied Martin Müller als Vorsitzender des Ausschusses „Innenarchitekten“ der Kammer 140 Kolleginnen und Kollegen sowie Gäste begrüßen konnte. „Ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Bauhauses war zweifellos das Zusammenarbeiten verschiedener Disziplinen“, unterstrich Müller. Im Dialog mit der Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Rheinland, Milena Karabaic, arbeitete er heraus, dass das Zusammenwirken von Architektur, Design, Grafik, Musik, Tanz und Handwerk nicht allein Kräfte bündele, sondern gegenseitig inspirierende Wirkung entfalte.

Milena Karabaic stellte die Innovationsfreude der Bauhäusler heraus, die auch für junge Leute heute noch Vorbild sein könne: „Mehr Mut zum Experiment!“ Damit lieferte die Kulturdezernentin des LVR das Stichwort für Frederik Fleig. Der Radiojournalist hatte im vergangen Jahr für 1LIVE einen gefälschten Instagram-Account entwickelt, um festzustellen, wie schnell man sich in den sozialen Medien heute als „Influencer“ etablieren kann. „Innerhalb von drei Wochen konnte ich meinen privaten Account von gut 600 auf über 23 000 Follower ausbauen“, berichtete Fleig. Und das, ohne echte Inhalte zu liefern. „Letztlich habe ich nur das gepostet, was viele tun: Nonsens“, spitzte Frederik Fleig zu. Im Dialog mit Moderator Christof Rose stellte er aber klar, dass es mittlerweile auch zahlreiche ernsthafte Influencer gebe, die durchaus über gesellschaftlich relevante Themen berichteten. „Aus heutiger Sicht würde man Walter Gropius vermutlich auch als Influencer betrachten“, schlug Fleig den Bogen zurück zum Bauhaus. Denn auch Gropius habe die modernen Instrumente seiner Zeit gezielt eingesetzt, um seine Vorstellung vom Bauhaus zu etablieren und auch nach dessen Schließung weiter zu propagieren: mithilfe von Manifesten, Fotografien, Architekturkonzepten und zahllosen Reden.

Einen Eindruck von der Redegewalt des Bauhaus-Gründers vermittelte András Sosko: Der Schauspieler trat in seiner Rolle als Walter Gropius vor die Innenarchitektinnen und Innenarchitekten und trug Auszüge aus der originalen Gropius-Rede „Architektur und Technik - Eine neue Einheit“ von 1923 vor. Der tosende Applaus des Publikums bestätigte sowohl die Inhalte als auch den überzeugenden Vortrag. Ähnlich euphorisch nahmen die Teilnehmer des Innenarchitektentages auch die Darbietung „TRIAS Suite - Musik zum Triadischen Ballett“ des Düsseldorfer „Theaters der Klänge“ in der Choreografie von Jaqueline Fischer und unter Regie von Prof. J.U. Lensing auf, in dessen Schlussphase Phaedra Pisimisi und Darwin Diaz als weiße Tänzerin bzw. Tänzer überzeugten.

Das vielfältige Programm des Innenarchitektentages wurde um eine spontane Überraschung bereichert, indem ein echter Gropius auf die Bühne gebeten werden konnte: Peter Gropius, der Neffe Walter Gropius'. In seiner interdisziplinären Zusammensetzung ließ der Innenarchitektentag 2019 insgesamt erahnen, wie inspirierend das Zusammenspiel kreativer Kräfte am Bauhaus auf die Beteiligten gewirkt haben mag.

Lesen Sie hierzu auch:

Grußwort von Milena Karabaic (PDF)
Vortrag von Prof. Thomas Schleper: Bauhaus - Vom Klischee zur Idee (PDF)

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