Kommentar: Grundsteuerreform für mehr Bauland

Damit mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht, muss eine echte Reform der Grundsteuer her. Ein Kommentar von AKNW-Präsident Ernst Uhing.

21. Mai 2019

Liebe Kollegin, lieber Kollege!

Am Rande einer Veranstaltung berichtete mir in diesem Frühjahr ein Mitarbeiter unserer Geschäftsstelle von seiner verzweifelten Suche nach einer Wohnimmobilie in Köln. Seit zehn Jahren hielten seine Frau und er nun schon Ausschau nach bescheidenem Wohneigentum, und es sei ihnen - trotz zweier Einkommen - nicht gelungen, eine bezahlbare Immobilie in ihrer Wahlheimat zu erwerben.

Am Beispiel unseres Mitarbeiters zeigt sich wieder einmal eindrücklich, wo derzeit aus baupolitischer Sicht der Schuh drückt: Es ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und an bebaubaren Grundstücken. Ohne die Aktvierung von Bauland in wirklich großem Maßstab wird die Lösung der Krise auf den Wohnungsmärkten unseres Landes nicht gelingen.

Zentrales Steuerungsinstrument dafür ist – hier herrscht Einigkeit unter den Experten – eine echte Grundsteuerreform, wie vom Bundesverfassungsgericht im April 2018 gefordert. Zu lange wurde die Un- gleichbehandlung bei der Bewertung von Grundstücken in Ost und West geduldet; dem hat das Verfassungsgericht einen Riegel vorgeschoben und das derzeitige Grundsteuersystem für verfassungswidrig erklärt. Die Politik hat nun die Aufgabe, bis Ende 2019 eine Reform auf den Weg zu bringen, die der Ungleichbehandlung ein Ende macht.

Welche Modelle und Szenarien werden derzeit im politischen Raum diskutiert? Nachdem sich Bund und Länder zunächst grundsätzlich auf ein Vorgehen geeinigt hatten, sind die weiteren Verhandlungen nun ins Stocken geraten. Aktuell ringen Union und SPD medienwirksam über die Ausgestaltung der Grundsteuer, nach wie vor liegt kein gemeinsamer Gesetzesentwurf der Regierungskoalition vor. Doch die Zeit drängt.

Ich bin nach wie vor überaus skeptisch gegenüber dem derzeit vom Bundesfinanzministerium favorisierten wertabhängigen Modell, bei dem die Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und die durchschnittlichen Mietkosten herangezogen werden müssten. Hier wären alle Eigentümer zu umfänglichen Angaben genötigt, hier droht in meinen Augen ein wahres Bürokratiemonster. In dieser Frage sind wir uns auch mit der Wohnungswirtschaft und Eigentümerverbänden einig.

Warum macht Berlin nicht endlich den mutigen Schritt hin zu einer reinen Bodenwertsteuer? Die Vorteile dieses Modells liegen auf der Hand und packen das Problem der Bodenknappheit bei den Wurzeln: Das Bodenwertsteuermodell ist nicht nur unbürokratischer, es führt insbesondere dazu, dass die Steuerlast auf unbebaute Grundstücke um ein Vielfaches steigt. Der weit verbreiteten Grundstücksspekulation könnte dadurch wirksam entgegengetreten werden. Auch Baulücken, die aufgrund inaktiver Erbengemeinschaften in unseren Ballungsräumen in großer Zahl oft über Jahrzehnte brachliegen, könnten auf diese Weise einer Nutzung nähergebracht werden. In beiden Fällen könnte ein gewisser finanzieller Druck sich als förderlich erweisen, um die Bereitschaft zur Nutzung brachliegender Grundstücke zu fördern.

Die Architektenkammer NRW hat zum Thema der kleinen Brachen in unseren Städten schon vor fast 20 Jahren die Aktion „1000 Baulücken in NRW“ durchgeführt, die inhaltlich bis heute relevant ist und auf die wir noch immer angesprochen werden. Die Bebauung ungenutzter Grundstücke würde forciert, Baulücken in den Metropolen würden seltener, Mieten könnten wieder sinken.

Klar ist aber auch, dass auch eine solche Grundsteuerreform nicht alle Herausforderungen auf den Wohnungsmärkten löst. Ohne Bauland kein Wohnungsbau! Insbesondere Land und Kommunen sind daher aufgerufen, baureife Grundstücke für den Wohnungsbau zu aktivieren und vorhandene Potenziale zur Baulandgewinnung zu nutzen. Auch die Ende vergangenen Jahres von der NRW-Landesregierung gestartete Landesinitiative „Bauland an der Schiene“, die die gezielte Entwicklung von bezahlbarem Bauland im Einzugsbereich von Haltestellen des schienengebundenen Nahverkehrs zum Ziel hat, ist ein wichtiger Beitrag dazu - gerade für Städte wie Düsseldorf oder Köln.

Es grüßt Sie herzlich Ihr

Ernst Uhing

Präsident der Architektenkammer NRW

uhing@aknw.de

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