Kommentar: Im Westen auch Bauhaus?!

2019 steht ganz im Zeichen des Bauhaus. Aber was bedeutet das für NRW? Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Michael Arns.

22. Januar 2019

Liebe Kollegin, lieber Kollege!  

Am 16. Januar hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Berliner Akademie der Künste die Festivitäten zum 100. Gründungsjubiläum des Bauhauses eröffnet. Sie wissen: Das Bauhaus, 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet, wechselte in seiner Hochphase nach Dessau und später noch kurz nach Berlin, wo die Nationalsozialisten es 1933 schlossen.

Drei Standorte in heutigen ostdeutschen Bundesländern, aber Feierlichkeiten zum Jubiläum im ganzen Land. Elf der 16 Bundesländer sind aktiv im bundesweiten Verbund „Bauhaus100“ engagiert. Landauf-landab wird berichtet, und immer wieder tauchen kritische Fragen auf: Wieviel Bauhaus gibt es denn überhaupt in den einzelnen Bundesländern? Wir im Westen Deutschlands haben uns mit über 40 weiteren Akteuren aus Musik, Tanz, Gestaltung, Gesellschaftswissenschaften, Design und natürlich Architektur zum Landesverbund „100 Jahre Bauhaus im Westen“ zusammengeschlossen, um gemeinsam, aber aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln im Rheinland und in Westfalen auf Spurensuche zu gehen.

Der Begriff „Bauhaus“ ist dabei weder allein auf den Mythos der Gropius-Kunstschule bezogen noch auf das, was heute in nachträglicher Kanonisierung ziemlich einseitig als „Bauhaus-Stil“ verstanden wird. Unser Landesverbund, der federführend vom NRW-Kultur- und Wissenschaftsministerium sowie den beiden Landschaftsverbänden geführt wird, hat sich den Untertitel „Gestaltung und Demokratie. Neubeginn und Weichenstellungen im Rheinland und in Westfalen“ gegeben. Damit wird unterstrichen, dass wir die bereits seinerzeit sehr uneinheitliche Gedankenwelt „Bauhaus“ als gesellschaftliches Phänomen, als Impuls für Aufbruch und Erneuerungswillen interpretieren - und damit die Frage in den Mittelpunkt stellen, was uns diese Haltung heute noch sagen kann.

Andreas Rossmann hat im Januar in der FAZ polemisch hinterfragt, ob die vielfältigen Bauhaus-Jubiläumsaktivitäten von Hamburg bis München und von Aachen bis Dessau nicht vielfach „Etikettenschwindel“ seien, da es an vielen Veranstaltungsorten überhaupt keine „Bauhaus-Architekturen“ oder -Akteure gegeben habe. Dem ist zu entgegen zu halten, dass es darum überhaupt nicht geht.

Einerseits weil das Bauhaus eben nicht auf bestimmte Stilvorgaben in Architektur, Design und Produktgestaltung beschränkt geblieben ist. Gerade das war ja eine der Stärken des Bauhauses: Nämlich sich zu entwickeln, von der romantisch-reaktionären Kunstschule über die enge Kooperation mit der Industrie bis hin zu einer stärkeren, sozialen Architekturausrichtung. Unter schwierigen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten in einer interdisziplinären, weltoffenen und mutigen Gestaltungsarbeit neue Wege zu entwickeln, ohne eine feste Haltung aufzugeben. Diese Haltung ist es, die bis heute beeindruckt und ausstrahlt.

Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ist einer der zentralen Akteure innerhalb des Landesverbundes „100 Jahre Bauhaus im Westen“. Mit unserer Wanderausstellung „Neues Bauen im Westen“, die wir ab dem 6. Februar im Haus der Architekten präsentieren, erweitern wir bewusst den Blick auf die vielfältigen Entwicklungen, die hier im Westen vor- und etwa zeitgleich verlaufen sind. Und wir untersuchen die Folgen, welche das Wirken dieser „Modernisten“ in unserer Region gezeitigt hat. Unsere Ausstellung fragt auch nach der Rezeption des Bauhauses im Rheinland und in Westfalen, sowie nach den Folgen für die Entwicklung des „Neuen Bauens“. Das Bauhaus hat in den 14 Jahren seiner Existenz viele Fragen aufgeworfen und heftige gesellschaftliche Debatten, Abgründe und Widersprüche ausgelöst. Wir wollen mit unserer Ausstellung und mit vielen weiteren Vorträgen, mit Schulprojekten und Diskussionsangeboten dazu beitragen, dass das Bauhaus-Jubiläum kein nostalgischer Rückblick wird, sondern bei uns im Westen lebendige, vielfältige, gerne auch kontroverse baukulturelle Diskussionen auslöst.

Wir im Westen haben viele Objekte des Neuen Bauens; wir haben aber auch viel Bauhaus-Haltung! Seien Sie dabei, machen Sie mit! Das wünscht sich Ihr

Michael Arns

arns@aknw.de

Vizepräsident der Architektenkammer NRW

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