Kommentar: "Kein Holzweg!"

Der älteste Baustoff ist wieder auf dem Vormarsch. Gut, dass die neue Landesbauordnung mehr Holzbau ermöglicht! - Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Michael Arns.

17. Oktober 2018

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

Vitruv verstand unter der „Urhütte“ einen einfachen Bau in Holz-Lehm-Konstruktion mit einer Überdachung aus Schilf, Baumrinde oder Grassoden. Das Bauvorhaben „The Cradle“, das HPP Architekten für den Ratinger Entwickler Interboden im Düsseldorfer Medienhafen errichten wollen, soll ein hochattraktives Bürogebäude nach dem „Cradle to Cradle“-Prinzip werden, das Innovationskraft mit Nachhaltigkeit und Vorbildanspruch verbindet. Beiden gemein ist der zugrundeliegende Werkstoff Holz.

Für die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen war ich unlängst Mitglied der Jury zum „Holzbaupreis NRW 2018“, den wir gemeinsam mit dem „Landesbeirat Holz“ vergeben. Die Jury, deren Vorsitz ich übernehmen durfte, hatte insgesamt 32 Objekte zu beurteilen, die in den vergangenen Jahren in Holzbauweise in Nordrhein-Westfalen realisiert worden waren. Wir konnten erfreut feststellen, dass die meisten dieser Arbeiten von hoher Qualität waren. Eingereicht wurden Arbeiten aus ganz unterschiedlichen Aufgabenfeldern: Wohngebäude, Büro-, Gewerbe-, Kultur- und Ingenieurbauten sowie besondere Konzepte. Auffällig war, dass dieses Mal fast ausschließlich Neubauten vorgelegt wurden; Umbauten oder Sanierungen bildeten die Ausnahme.

Ich denke, das Ergebnis kann sich sehen lassen, und ich freue mich, dass der Holzbaupreis 2018 erneut nachweist, dass mit modernen Bauweisen Lösungen zu den drängenden gesellschaftlichen Aufgaben aufgezeigt werden können. Das geringe Gewicht von Holzkonstruktionen und die Möglichkeit eines hohen Vorfertigungsgrades prädestinieren Holz in besonderer Weise als Baumaterial für Nachverdichtungs- und Aufstockungsmaßnahmen.

Die Frage des bezahlbaren Wohnraums in unseren Schwarmstädten wird mehr und mehr zum Politikum. Es ist unstrittig, dass wir schnell viel neuen Wohnraum gewinnen müssen, auch um die soziale Stabilität in unserem Land nicht zu gefährden. Das Bauen mit Holz kann dazu einen gewichtigen Beitrag leisten, vor allem bei der Ergänzung und der Aufstockung unseres Gebäudebestandes.

Auf dem 11. Europäischen Kongress „Bauen mit Holz im urbanen Raum“, an dem am 16. und 17. Oktober in Köln rund 700 Architektinnen und Architekten und andere Fachleute der Planungs- und Baubranche teilnahmen, haben Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland konkrete Beispiele für modernen Holzwohnungsbau präsentieren können. Darunter viele Projekte, die den ökologischen Vorteil des Baustoffes Holz mit seinen haptischen und ästhetischen Eigenschaften, aber auch mit sozialen Fragen verbanden – etwa ein neuer Werkssiedlungsbau in Hannover (MOSAIK-Architekten) oder das Studentenwohngebäude „Woodie“ in Hamburg von Sauerbruch Hutton. Ich gehe davon aus, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen künftig verstärkt auch Beispiele aus unserem Bundesland werden zeigen können. Denn leider hat sich im urbanen Kontext der Holzbau in Nordrhein-Westfalen bislang kaum behaupten können, da aufgrund der bestehenden baurechtlichen Regelungen mehrgeschossige Gebäude nur in Ausnahmefällen errichtet werden konnten.

Zusammen mit der Holzwirtschaft hat die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen sich seit vielen Jahren dafür eingesetzt, die baurechtlichen Voraussetzungen für das Bauen mit Holz zu verbessern. Das ist mit der Novellierung der nordrhein-westfälischen Landesbauordnung, die zu Jahresbeginn in Kraft tritt, gelungen. Ich habe daher große Erwartungen an die Möglichkeiten, die sich dem Holzbau ab dem 01.01.2019 mit der neuen BauO NRW eröffnen. Wir werden höher bauen können, als bisher; damit wird das Bauen mit Holz endlich auch in unserem Bundesland ein Thema für den Geschosswohnungsbau. Und wir werden leichter Aufstockungen auf Flachdächern vornehmen können. Beides birgt gewaltiges Potenzial!

Dass aber auch heute schon Architektinnen und Architekten allemal in der Lage sind, in unserem Bundesland qualitätvolle Holzbauten zu entwerfen und zu realisieren, zeigt das Ergebnis des „Holzbaupreis 2018“. Die ausgezeichneten Objekte belegen eindrucksvoll, dass Gewerbe- und Industriebauten, Bürogebäude und Wohnungsbau durchaus anspruchsvoll in Holz realisiert werden können. Damit leistet der Holzbau seinen Beitrag, das baukulturelle Erbe unserer Städte und Dörfer behutsam weiterzuentwickeln.

Mit kollegialen Grüßen
Ihr

Michael Arns
Vizepräsident der Architektenkammer NRW

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