Kommentar: Mehr Baukultur für alle

Unsere Gesellschaft durchläuft eine notwendige Umbruchphase, und mit ihr wandelt sich auch der Berufsstand der Architekten und Stadtplaner. Das Planen wird digitaler und vernetzter. Junge Planerinnen und Planer sind gefragt. Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsidentin Sussane Crayen.

13. Februar 2020
Susanne Crayen, Vizepräsidentin der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Susanne Crayen, Vizepräsidentin der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. - Foto: AKNW

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

„Baukultur ist die Verantwortung des Architekten für die Gesellschaft von morgen.“ Das schreibt Jo Coenen in dem Buch „Baukultur ist... Ansichten über gutes Bauen in 38 Essays“, das die Bundesstiftung Baukultur vor einiger Zeit herausgegeben hat. Der frühere niederländische Reichsbaumeister betont zugleich, dass der Architekt bzw. die Architektin dabei nicht alleine stehe, sondern kooperativ mit den Bauherren, Planungspartnern und der Nachbarschaft vor Ort agieren müsse.

Die Verantwortung der heutigen Akteure für die künftigen Generationen ist ein Thema, das u. a. durch die „Fridays for future“-Bewegung wieder zu einem breiten öffentlichen Diskurs geworden ist. Zu Recht! Für uns Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner gehört die Betrachtung von Nachhaltigkeitsaspekten zu den Kernaufgaben unserer Profession. Gleichwohl spiegelt Architektur eben auch gesellschaftliche Entwicklung wider. Unsere Lebenswelten werden immer komplexer, die Anforderung vielfältiger und höher. Natürlich müssen wir möglichst umweltgerecht planen und bauen, dieser Anspruch wird schon lange erhoben. Dass er sich aber in der Planungspraxis durchzusetzen beginnt, ermöglicht erst das Zusammenspiel von politischen Vorgaben und der nachfolgenden Bereitschaft der Bauherren, entsprechende nachhaltige Investitionen zu tätigen. Dass wir Lebenszykluskosten und die Recyclingfähigkeit von Baumaterialien mit unseren Bauherren besprechen, ist noch immer keine Selbstverständlichkeit. Es ist gut, dass die „Charta von Leipzig“ in der zweiten Jahreshälfte 2020 unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Rahmen eines Dialogprozesses auf deutscher und europäischer Ebene fortgeschrieben werden soll. Unsere Gesellschaft durchläuft eine notwendige Umbruchphase, und mit ihr wandelt sich auch der Berufsstand der Architekten und Stadtplaner. Das Planen wird digitaler und vernetzter. Die jungen Planerinnen und Planer müssen sich lauter zu Wort melden; ich beobachte, dass dies auch zunehmend geschieht.

All das sind vielfältige Fragen und Herausforderungen, vor denen unser Berufsstand steht und die uns in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen müssen. Vor diesem Hintergrund ist es ein gutes Signal unserer Landesregierung, dass sie unsere gemeinsame Landesbaukulturinitiative mit Beginn dieses Jahres neu aufgestellt hat. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung unseres Landes, Ina Scharrenbach, hat die neue Initiative unter dem Namen „Baukultur Nordrhein-Westfalen“ auf dem Neujahrsempfang der Architektenkammer NRW erstmals öffentlich vorgestellt. StadtBauKultur und M:AI NRW werden zusammengeführt und unter der Leitung erfahrener Kräfte neu positioniert. Die Architektenkammer bleibt selbstverständlich aktives Mitglied des Vereins „Baukultur Nordrhein-Westfalen“ und wird sich weiterhin mit vielen Projekten einbringen.

Die Förderung der Baukultur ist nicht allein ein gesetzlicher Auftrag der Architektenkammer NRW; sie gehört vielmehr zur DNA der Architektinnen und Architekten dieses Landes. Gemeinsam mit der „Baukultur Nordrhein-Westfalen“, den Architektenverbänden aller Fachrichtungen und vielen weiteren Partnern im Lande wollen wir dafür kämpfen, dass Baukultur ein populäres Thema wird, das Menschen begeistert. Dazu sind unsere aktuellen Auszeichnungsverfahren (Auszeichnung vorbildlicher Bauten in NRW, Kitapreis NRW, Landeswettbewerb) ebenso wichtige Beiträge wie die landesweite, niedrigschwellige Einladung zum Dialog am „Tag der Architektur“. Dazu trägt unsere Kampagne „Junge Planer“ bei, die potenzielle künftige Kammermitglieder zum Netzwerken vor Ort einlädt. Dazu werden wir vielfältige Kongresse und baukulturelle Foren anbieten, wie unser „Architekturquartett NRW“, den „Urban Slam“ und viele Formate, die wir gemeinsam mit der neu aufgestellten Landesinitiative „Baukultur Nordrhein-Westfalen“ durchführen.

Seien Sie dabei, helfen Sie mit, das Ziel zu erreichen, das Wolfgang Kil in dem Buch „Baukultur ist...“ so beschreibt: „Baukultur ist, der Vernunft zu einem Bild zu verhelfen.“

Es grüßt Sie herzlich

Ihre Susanne Crayen

Vizepräsidentin der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

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