Neue Grüne Achse auf altem Zechengelände – Foto: Arno Ingenlath

Landesgartenschau 2020 in Kamp-Lintfort eröffnet

Heute fand die offizielle Eröffnung der Landesgartenschau 2020 in Kamp-Lintfort statt. Die 39 000-Einwohner-Stadt Kamp-Lintfort, am westlichen Rand des Ruhrgebiets gelegen, erfindet sich gerade neu. Früher Klosterdorf, dann Bergbau- und Zechenstadt, seit 2009 Hochschulstandort und nun Austragungsort der Landesgartenschau. Die Laga 2020 ist die große Chance, den notwendigen Strukturwandel städtebaulich zu gestalten. - Die Eröffnung der Landesgartenschau 2020 musste aufgrund der Corona-Pandemie mehrfach verschoben werden. Erste, beschränkte Rundgänge fanden bereits ab dem 20. April statt und lockten an drei Tagen mehr als 8000 Besucherinnen und Besucher an.

05. Mai 2020von Imma Schmidt

Gartenschauen bieten jedes Mal aufs Neue attraktive Pflanzungen, Trends und gärtnerisches Knowhow. Sie sind aber auch als schlagkräftiges Instrument der Stadtentwicklung geschätzt. Die Laga Kamp-Lintfort 2020 ist die 18. Gartenschau dieser Art in Nordrhein-Westfalen. Als „grüner Motor“ der städtebaulichen, touristischen und regionalwirtschaftlichen Veränderung sind Gartenschauen das Mittel der Wahl, um urbane Lebensräume in Zeiten des Klimawandels ökologisch nachhaltig zu gestalten.
„Kamp-Lintfort ist unsere Stadt. Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, dass sie durch die Landesgartenschau und in der Zeit danach ein attraktiver Lebensmittelpunkt bleibt und wird“, appellierte Dr. Christoph Landscheidt in der Bewerbungsphase an die Bürgerinnen und Bürger. Mit Erfolg: Die Bevölkerung zog (und zieht) mit. Den Zuschlag erhielt Kamp-Lintfort 2015, „weil die Stadt die Neunutzung der ehemaligen Bergbauflächen als Chance für eine nachhaltige Stadtentwicklung aufgreift“, so der damalige Landesbauminister Michael Groschek.

Offene Räume
Die Verfasser des Siegerentwurfs für den Zechenpark, das Landschaftsarchitekturbüro bbzl aus Berlin, entwickeln als Leitidee des neuen Freiraumkonzeptes die prägende Struktur aus dem Verlauf der Großen Goorley. Der Zechenpark – ein nach 100 Jahren Bergbaunutzung zur Laga erstmals wieder öffentlich zugängliches Areal – präsentiert sich ab Mai 2020 als großer, offener Freiraum. Dagegen betonen Sparkassen-Promenade, Querungen und der Quartiersplatz das rechtwinklige Ordnungsgefüge an der westlichen Parkkante.
Das Landschaftsbauwerk gliedert dabei das Areal in zwei Bereiche: Offene Wiesen entlang des Zechenquartiers und ein kleinteiliger Gehölzsaum entlang des Verlaufs des Baches Goorley. Baumlinien und Wege vernetzen beide Bereiche und gliedern den Raum. So entsteht eine sehr gute Anbindung an die Altsiedlung für die Zeit nach der Gartenschau. Die ist gleichzeitig der Startschuss für das neue Stadtquartier Friedrich Heinrich. Auf rund zehn Hektar temporärer Ausstellungsfläche entstehen im Herzen der Stadt ab 2021 rund 800 neue Wohneinheiten - ebenso Geschosswohnungsbau wie Eigenheime, ebenso frei finanziert wie gefördert. Dienstleistungsangebote und nicht störendes Gewerbe ergänzen die Wohnnutzung. Das neue Stadtquartier verfügt über einen Bahnanschluss und ein großes Naherholungsgebiet quasi direkt vor der Tür. Alle temporären Ausstellungsbeiträge sind auf den Baufeldern des Wohnquartiers angeordnet, sodass im Rest des Parks keine Rückbaumaßnahmen erforderlich werden. Es entsteht ein robuster Bürgerpark, der auch nach der Laga problemlos extensiv gepflegt und weiterentwickelt werden kann.
Die ehemalige Zeche Friedrich Heinrich mit den denkmalgeschützten Gebäuden an der Friedrich-Heinrich-Allee ist schon jetzt Bestandteil der Route der Industriekultur (Themenroute 17). Entlang der dicht mit Bäumen (vor allem Platanen) bestandenen Straße reihen sich auf der einen Seite die Betriebsgebäude, Backsteinbauten in barockisierendem Stil, aneinander. Auf der anderen Seite, eingebettet in viel Grün, finden sich Verwaltung, Direktorenvillen und das Kasino. Diese „Prachtstraße“ beeindruckt auch noch heute, nach über 100-jährigem Bestehen.

Ein Baum, ein Bach, ein Bahnhof

Den ersten Baum auf dem Laga-Gelände setzte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im September 2018 - ein sichtbares Zeichen für den Aufbruch in eine neue Ära. Die „Weißen Riesen“, drei Problem-Hochhäuser in der Innenstadt, wurden abgerissen. Dort steht nun das Einkaufszentrum EK3. In Planung: ein Bahnhof. 2026 soll die Niederrhein-Bahn hier regelmäßig einfahren, schon zur Laga sollen einzelne Züge rollen: Das ist der Anschluss an das landesweite Streckennetz – und besonders wichtig für die Zukunft der Stadt.
Ein Meilenstein der städtebaulichen Veränderung ist unter anderem der Lauf der Großen Goorley am Rande des Geländes. Wasser spielt eine tragende Rolle in der nachhaltigen Entwicklung von urbanen Lebensräumen – auch für die Naherholung. Vom neuen (technisch hergestellten) Quellort, gespeist durch Regen und gereinigtes Grundwasser, schlängelt sich der Bach als „blaues Band“ in Richtung Innenstadt, unterquert die Hochschule, fließt oberirdisch zum Stephanswäldchen und mündet in den Kanal Fossa Eugeniana. Der rund zwei Kilometer lange, ufernahe „WandelWeg“ verbindet den Zechenpark mit Kloster Kamp. Der Dreiklang von „Kloster, Kohle und Campus“ führt so Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stadt zusammen.

Bergbautradition mit Aussicht
Herzstück des Wandels ist jedoch das rund 25 Hektar Gelände der ehemaligen Zeche Friedrich Heinrich, zuletzt Bergwerk West genannt und 2012 stillgelegt. Die Kulisse der denkmalwerten Bergbau-Bauten bleibt erhalten, so auch die zwei Fördertürme, von denen einer der Höhepunkt der Laga sein wird: als Aussichtsplattform. Von dem knapp 70 Meter hohen Zechenturm können Besucherinnen und Besucher auf die eindrucksvolle Industriearchitektur, den „Kleinen und Großen Fritz“ (das zweiteilige Landschaftsbauwerk) in der Mitte des Parks und die denkmalgeschützte Altsiedlung der Bergwerksarbeiter schauen.
Ein nachhaltiger Ausstellungsbeitrag im Süden des Zechenparks ist ein kleiner Tierpark „Kalisto“. Dort werden naturnahe Spiel-, Erlebnis- und Erholungsmöglichkeiten geboten. Im rund 1,5 Hektar großen Areal sind ab 2020 sowohl heimische als auch exotische Haus- und Nutztiere, unter anderem Erdmännchen, beheimatet. Für alle Wissbegierigen bietet das „Green FabLab“ der Hochschule Rhein-Waal einen Treffpunkt. Dort kann man sich austauschen und gemeinsam arbeiten.
Allein rund 270 000 Zwiebeln und 22 000 Stauden wurden im Zechenpark gepflanzt, außerdem rund 800 große Bäume, die mit Blick auf die aktuellen klimatischen Anforderungen ausgewählt wurden. Und natürlich finden die Besucher im Zechenpark wie im gartenkunsthistorisch bedeutsamen Kloster Kamp zahlreichen gärtnerische Beiträge.

Gartenreich Kloster Kamp
Das Kamper Gartenreich mit seinen Gärten wurde in den 1990er Jahren nach historischem Vorbild rekonstruiert. Der „Alte Garten“ mit Staudenrabatten, Blumen und Nutzpflanzen sowie der „Obstgarten“ prägen den Eingangsbereich. Hier befinden sich eine kleine, archäologische Ausgrabungsstätte und das Haus der Imker. Der Weg hoch zum Abteiberg führt durch die neuen „Paradiesgärten“ am Osthang und bietet reizvolle Ein- und Ausblicke.
Der Terrassengarten mit skulpturalen Gehölzen und einer zentralen Treppenanlage schafft eine spannungsvolle Verbindung zwischen Abteiberg mit dem „Geistlichen und Kulturellen Zentrum Kloster Kamp“ und dem unterhalb liegenden Barockparterre. Rechteckige Schmuckbeete und eine Brunnenanlage mit Wasserfontänen laden zum Lustwandeln ein. Zwei Orangerien bieten Platz für mögliche Events und Informationen rund um die historischen Funde und die Geschichte des Klosters. Nicht nur im Klostergarten und Zechenpark – auf vielen Ebenen begegnen sich in Kamp-Lintfort nun Tradition und Moderne.

Mehr Infos: www.kamp-lintfort2020.de

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