Landeswettbewerb 2017: Qualität in Serie

Der Landespreis 2017 zu experimentellem Wohnungsbauprojekt wurde in Essen verliehen. Fünf Preisträger planten unter Einsatz serieller oder modularer Bauweisen.

28. März 2018von Christof Rose

Eine gewisse Skepsis habe sie bei dem Thema des Landeswettbewerbs 2017 schon gehabt, räumte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach zu Beginn der Preisverleihung im ChorForum Essen ein. Das serielle Bauen rufe im Bereich des Wohnungsbaus durchaus zunächst problematische Assoziationen hervor.

„Alle Planungen der Preisträger überzeugen durch architektonische Qualität und Wirtschaftlichkeit“, stellte die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes fest. Serielles Bauen könne die Möglichkeit bieten, kostengünstigen Wohnraum vor allem in unseren Ballungszentren schnell zu schaffen. „Wichtig dabei ist, dass trotzdem ein Höchstmaß an Qualität und eine ansprechende Architektur sichergestellt werden. Die Preisträger haben gezeigt, wie es gehen kann“, sagte Ministerin Scharrenbach am 20. März im Rahmen der Preisverleihung in Essen.

Ausgezeichnet wurden fünf Arbeiten. Den ersten Platz belegten pbs architekten aus Aachen zusammen mit RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten aus Bonn.

Planung von Wohneinheiten auf einer Konversionsfläche

Aufgabe des „Landeswettbewerbs 2017“, den das NRW-Bauministerin in Kooperation mit der Architektenkammer NRW, dem Bauindustrieverband NRW sowie der Stadt Essen ausgelobt hatte, war die Planung von rund 300 Wohneinheiten auf einem ehemaligen Baggerübungsgelände an der Bäuminghausstraße in Essen.

„Wir haben uns die Bewertung der 22 eingereichten Arbeiten nicht leicht gemacht“, berichtete Heiner Farwick aus der Arbeit der Jury. Schwerpunktkriterien hätten auf dem städtebaulichen Konzept, der Einbindung des neuen Siedlungsgebietes in die Infrastruktur, sozialen Komponenten und den technischen Lösungsansätzen gelegen.

Der Vorsitzende unterstrich, dass die fünf ausgezeichneten Entwürfe „durchaus übertragbare Lösungen für andere Städte darstellen und zum Nachahmen animieren“ könnten.

Die Aufgabe bestand darin, gemischt finanzierten Wohnungsbau auf einem fast vier Hektar großen Gelände in zentraler Lage im heterogenen nördlichen Bereich der Stadt Essen mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu planen. Vorzusehen war Wohnraum für verschiedene Zielgruppen wie Singlehaushalte, ältere Menschen, Studierende und Alleinerziehende. Außerdem sollten Gebäude für Arztpraxen und Pflegedienste sowie ein Café entstehen.

Überzeugend: neue, lebenswerte öffentliche und halb-öffentliche Räume

Kooperationspartner des Landeswettbewerbs war die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. „Die Preisträgerarbeiten entwickeln ein attraktives Wohnen, das eine Bereicherung für den Essener Norden darstellt“, urteilte Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.

Der erste Preis überzeuge auch städtebaulich, weil er zusätzlich neue, lebenswerte öffentliche und halböffentliche Räume vorsieht. „Ich bin der Überzeugung, dass sich bei der Realisierung des Projekts bestätigen wird, dass die Nutzung industrieller Bauweisen keinesfalls zu Uniformität führen muss, sondern dass hier vielmehr sowohl funktionale als auch gestalterische Qualitäten entstehen werden“, bekräftigte Uhing.

Essen benötigt dringend zusätzlichen Wohnraum

Die Stadt Essen war Mitausrichter des Wettbewerbs. Stadtdirektor Hans-Jürgen Best erklärte, dass die Ruhrmetropole dringend zusätzlichen Wohnraum benötige. „Essen ist mit aktuell rund 590 000 Einwohnern seit einigen Jahren wieder eine wachsende Stadt. Wir stehen vor der großen Herausforderung, für unterschiedliche Zielgruppen und Bedürfnisse bezahlbaren Wohnraum anzubieten.“ Er sei dankbar, dass mit den überzeugenden Ergebnissen des Landeswettbewerbs 2017 nun anspruchsvoller Wohnungsbau mit experimentellem Anspruch realisiert werden könne.

Eigentümer des Grundstücks an der Bäuminghausstraße ist der Bauindustriever-band Nordrhein-Westfalen, der die Bauten auch realisieren wird. „Unser ‚Barbara Quartier‘ ist für uns ein Modellprojekt, eine echte Leistungsschau der nordrhein-westfälischen Bauindustrie“, erklärte Dirk Grünewald, Präsi-dent des Bauindustrieverbandes Nordrhein-Westfalen. „Hier wollen wir zeigen, wie wir qualitatives Bauen, architektonischen Anspruch und bezahlbare Preise in Einklang bringen können - eben ‚Qualität in Serie‘ bauen.“

Er betrachte den seriellen Wohnungsbau als eine neue „industrielle Revolution“ für das Bauen im Lande. „Wir machen den Wohnungsbau schneller, kostengünstiger und stei-gern durch Erhöhung des Vorfertigungsgrades auch noch die Qualität.“

Alle Preisträger werden beauftragt!

Um Vielfalt in das Projekt zu bringen, ist vorgesehen, alle Preisträger mit der hochbau-lichen Umsetzung eines Teilgebiets des neuen Quartiers auf Grundlage des städtebaulichen Siegerentwurfs zu beauftragen. Der Gewinner des 1. Preises, Reinhard Gerlach von der pbs architekten Planungsgesellschaft aus Aachen, zeigte sich dafür offen: „Unser Entwurf ist so angelegt. Wir freuen uns auf den weiteren kollegialen Austausch mit den anderen Preisträgern!“

Weitere Informationen

Die Dokumentation des Wettbewerbs finden Sie hier.

Gewinner des Landeswettbewerbs 2017:

1. Preis:
pbs architekten Planungsgesellschaft (Aachen) und RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten (Bonn)

2. Preis:
Tusker Ströhle Freie Architekten (Stuttgart) und Wiedemann + Schweizer Landschaftsarchitektur (Stuttgart)

3. Preis:
ACMS Architekten (Wuppertal) mit Fritzen Architekten und Stadtplaner (Köln) und Kraft.Raum Landschaftsarchitektur und Stadtentwicklung (Krefeld)

4. Preis:
MOSAIK Architekten (Hannover) und Grün plan Landschaftsarchitekten (Hannover)

5. Preis:
hks architekten (Aachen) und 3PLUS FREIRAUMPLANER (Aachen)

Lesen Sie hierzu auch ein Interview mit dem ersten Preisträger

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