Lesung: Blaupause des Bauhauses

Am 13. Juni las die Journalistin Theresia Enzensberger im Haus der Architekten aus ihrem Debutroman „Blaupause“ vor 70 interessierten Gästen der „Düsseldorfer Literaturtage“ im Haus der Architekten. Gewissermaßen als kleine Einstimmung auf das 100-jährige Bestehen des Bauhauses im kommenden Jahr, wie AKNW-Vizepräsident Michael Arns schmunzelnd in seiner Begrüßung sagte.

19. Juni 2018

Weimar in den 1920er Jahren: Voller Elan beginnt Luise Schilling ihr Studium an der Bauhaus-Akademie. Ihre Lehrer haben so illustre Namen wie Walter Gropius, Wassiliy Kandinsky oder Paul Klee. Die angehende Architektin erlebt eine Zeit des Aufbruchs, aber auch viele Enttäuschungen in einer von Männern dominierten Welt.

Theresia Enzensberger hatte sich für die Lesung gezielt die Passagen aus ihrem Roman ausgesucht, die sich mit den Begegnungen ihrer junge Protagonistin mit Walter Gropius, Johannes Itten oder anderen großen Bauhaus-Lehrern befassten; oder solche, die das Ringen einer jungen Frau in einer von Männern dominierten Branche darstellten.

Sie habe sich immer schon für die Kunst der Moderne interessiert und sei dabei zwangsläufig auf das Bauhaus gestoßen, erläuterte Theresia Enzensberger ihre Motivation, sich des Themas anzunehmen. „Mich hat der Geist des Aufbruchs und der Mut der jungen Leute fasziniert.“ Die Recherche habe ihr viele Erkenntnisse gebracht und auch Spaß gemacht – das Schreiben dann allerdings weniger.

Im Anschluss an die Lesung, die das Publikum mit lang anhaltendem Applaus honorierte, fand ein Gespräch mit der Autorin sowie mit dem Vizepräsidenten der Architektenkammer NRW, Michael Arns, und mit Dr. Maria Müller-Schareck von der Kunstsammlung NRW statt. Dr. Müller-Schareck verwies auf die besondere Rolle, die Frauen im Bauhaus gespielt hätten: „Es haben zwar viele junge Frauen dort studieren können, was im Anschluss an die bleierne Kaiserzeit einer kleinen Revolution gleichkam – gleichberechtigt waren die Frauen allerdings natürlich noch lange nicht.“

Ein typisches Beispiel sei Anni Albers gewesen, zu der Maria Müller-Schareck eine Ausstellung kuratiert hatte, die bis zum 9. September 2018 in der Kunstsammlung NRW gezeigt wird. Anni Albers wollte eigentlich Malerin werden, wurde von den Bauhaus-Lehrern aber in die Weberei-Klasse eingeteilt. „So ging es den meisten Frauen.“ Auch Luise Schilling, die Heldin des Romans von Theresia Enzensberger, darf sich zunächst am Bauhaus nicht der Architektur widmen, sondern muss in die Weberei.Michael Arns ordnete die Bedeutung des Bauhauses für den Westen Deutschlands ein.

Hier gab es zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts viele Strömungen, die das Bauhaus erst in seiner späteren Form ermöglicht haben, etwa den Hagener Impuls mit Karl Ernst Osthaus und Henry van de Velde sowie das industrielle, rationalisierte Bauen von Peter Behrens oder Schupp/Kremmer“, erinnerte Arns. Die Lehren des Bauhauses hätten sich allerdings erst nach dem zweiten Weltkrieg im Westen durchgesetzt.

Einig zeigten sich die Diskutanten, dass der interdisziplinäre Ansatz des Bauhauses und die Verbindung von Kunst und Handwerk in wenigen Jahren eine ungemein starke Wirkung hervorgebracht hätten, die bis heute stark ausstrahle. Anni Albers habe sich immer als Künstlerin, Handwerkerin und Produzentin verstanden, betonte Dr. MariaMüller-Schareck: „Sie ist virtuos mit ihrem Webstuhl umgegangen und hat ‚pictorial weavings‘ kreiert, die nur betrachtet werden sollten. Sie hat aber natürlich auch jede Menge Nutzstoffe gestaltet.“

Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW, die den Lesungsabend moderierte, verwies darauf, dass Enzensberger in ihrem Roman „Blaupause“ bestimmte Lehrbereiche des Bauhauses ausgespart habe, etwa die Bühnen- oder die Sprachkunst. Eine bewusste Entscheidung, so die Autorin: „Ich wollte einen nüchternen, reportagehaften Stil. Deshalb habe ich den Roman in der Ich-Form und im Präsenz geschrieben“, erläuterte Theresia Enzensberger, die abschließend gestand: „Ich hätte das Bauhaus toll gefunden und gerne dort studiert.“

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