Mobiler Baukulturrat für Westfalen

Der „Mobile Baukulturbeirat für Westfalen“ beschäftigte den Vorstand der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen in seiner Sitzung am 3. Dezember in Düsseldorf. Als Gast der Sitzung stellte Darius Djahanschah vom Amt für Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) erste Erfahrungen mit dem neuen Beirat vor, der im Sommer 2019 auf den Weg gebracht worden war - in Kooperation mit der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und mit Anschubförderung durch die Landesinitiative StadtBauKultur NRW. „Dass es den neuen Mobilen Baukulturbeirat gibt, ist ein großer Schritt nach vorne“, betonte AKNW-Präsident Ernst Uhing.

06. Dezember 2019von Christof Rose

Wie Dipl.-Ing. Djahanschah berichtete, engagieren sich gegenwärtig etwa 30 Personen als mobiles Baukulturteam, aus dem jeweils ein vor Ort passender Baukulturbeirat gebildet wird. Der Beirat wird auf Anfrage von Kommunen aktiv und soll die politische Willensbildung vor Ort begleiten. „Wir begreifen den mobilen Gestaltungsbeirat in erster Linie als öffentlichkeitswirksames Kommunikationsinstrument der regionalen Baukultur“, erläuterte Darius Djahanschah. Im ersten Aktionshalbjahr wurden sechs Projekte vor Ort begleitet: vom Hauptbahnhof in Paderborn über Projekte in Lüdenscheid, Vreden und Nordkirchen bis zur Altenwohnanlage in Nottuln. „Manchmal können wir den Planungsprozess sehr konstruktiv begleiten, manchmal aber auch nur zur Schadensbegrenzung beitragen“, beschrieb Djahanschah die ersten Erfahrungen.

Die flexible Arbeitsweise des Mobilen Baukulturbeirats wurde im Vorstand der Architektenkammer NRW grundsätzlich positiv gesehen; einzelne Aspekte wurden aber auch kritisch hinterfragt. „Sind wir die Experten, die Entscheidungen treffen, oder sollten wir nicht nur die Kommune auf den Weg einer qualifizierten Entscheidungsfindung bringen“, fragte Prof. Rolf-Egon Westerheide. Man müsse immer wieder klarmachen, dass der Baukulturbeirat nicht plant, sondern Planungsprozesse begleitet. Auch Vorstandsmitglied Jochen König, selbst Mitglied verschiedener Gestaltungsbeiräte, erläuterte, dass die Beiräte Argumente liefern und zur lokalen Diskussion beitragen könnten.

„Wir müssen zunächst weitere Erfahrungen sammeln – und wünschen uns auch weiterhin einen lebendigen Austausch mit der Architektenkammer NRW“, betonte LWL-Experte Djahanschah. Eine Bitte, die der Vorstand der AKNW gerne positiv aufgriff. „Der Mobile Baukulturbeirat ist eine echte Chance für mehr Baukultur gerade in den ländlichen Regionen unseres Landes“, fasste Kammerpräsident Ernst Uhing zusammen.

Zukunft des Einzelhandels
Ebenfalls mit der regionalen Entwicklung befasst ist gegenwärtig der Landtag NRW. Die Fraktionen von CDU und FDP sowie ein Änderungsantrag der AfD werfen die Frage auf, wie sich der Einzelhandel im Lande künftig entwickeln wird - und welche Folgen das städtebaulich für unsere Innenstädte zeitigen wird.

„Der Einzelhandel ist ein Erfolgsmodell, inzwischen allerdings in Form des Online Handels, immer seltener im stationären Handel. Das bedeutet für die Innenstädte ein Verlust von Kaufkraft und Lebendigkeit. Die Frequenz verlagert sich von der Ladentür an die Wohnungstür. Die Auswirkungen auf die Infrastruktur und Logistik der Städte sind erheblich, erläuterte AKNW-Hauptgeschäftsführer Markus Lehrmann die Prämisse der Stellungnahme, welche die Architektenkammer NRW gegenüber dem Landtag abgeben werde. Darin fordert die Kammer, die rechtlichen Vorgaben so anzupassen, dass etwa das Wohnen in Erdgeschosslagen bauordnungs- und bauplanungsrechtlich leichter möglich wird. Eine Überarbeitung des Immissionsschutzrechtes sei erforderlich. Stadtplanerische Herausforderung sei die Konzentration der Einzelhandelslagen auf Kernzonen und die Transformation ehemaliger Handelslagen. Als Folgenutzung des Einzelhandels kämen nicht nur das Wohnen oder kulturelle Nutzungen infrage, sondern auch kleine Produktionseinheiten sowie Gewerbe- und Büronutzungen. „Insgesamt muss der notwendige Umbau unserer Städte jetzt genutzt werden, um mehr Ambiente und Flair zu schaffen und um den öffentlichen Raum wieder verstärkt in Wert zu setzen“, unterstrich Prof. Rolf-Egon Westerheide, Stadtplaner im Vorstand der Architektenkammer NRW.

Diskussion über Stellplatzverordnung
Intensiv diskutierte der Vorstand auch die aktuell vorliegende Musterstellplatzsatzung. Einige große Städte hätten bereits erfolgreich von ihrer kommunalen Satzungshoheit Gebrauch gemacht. „Es ist aber bedauerlich, dass insbesondere Klein- und Mittelstädte im Lande hier nicht gestaltend tätig werden“, konstatierte der Kammervorstand. In vielen Städten sei es deshalb sehr schwierig, den notwendigen Stellplatznachweis für Neubauprojekte zu führen. Der Vorstand appellierte an die Kommunen im Lande, ihre Gestaltungshoheit in dieser Frage auszuschöpfen.

Kontakt zu Hochschulen
Auf Vorschlag des Ausschusses „Aus- und Fortbildung“ soll der Kontakt zu den Lehrenden an den Architekturfakultäten intensiviert werden. So wird die Kammer im Jahr 2020 zu einem „Dekanegespräch“ einladen, um in einen systematischen persönlichen Austausch mit den zentralen Akteuren zu gelangen. „Perspektivisch wollen wir auch mit den Kolleginnen und Kollegen an den Fakultäten und den Fachschaften in einen kontinuierlichen Dialog treten“, erläuterte Heinrich Pfeffer, der Vorsitzende des Ausschusses Aus- und Fortbildung. Kammerpräsident Ernst Uhing begrüßte den Vorschlag, der die in den vergangenen Jahren aufgebauten Kontakte zu vielen Hochschulen ausbauen helfen könne.

Teilen via