Potenziale des Stahls für das Wohnen

Internationale Werke von Architekten und Tragwerksplanern, die die Stahlbauweise zur Verwirklichung ihrer Visionen nutzen, sowie preiswürdige Stahlbauprojekte standen im Mittelpunkt des diesjährigen „Tags der Stahl.Architektur“ am 12. Oktober in Duisburg, zu dem der Verein „bauforumstahl“ gemeinsam mit der Architektenkammer eingeladen hatte. Der "Tag der Stahl.Architektur" fand im Rahmen des traditionsreichen „Deutschen Stahlbautages“ unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) bereits zum fünften Mal statt.

05. November 2018von Julia Mikolaschek

„Ohne Stahl wäre die gebaute Umwelt, wie wir sie heute kennen, nicht denkbar“, betonte Klaus Brüggenolte, Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, in seiner Begrüßungsrede. „Seit mehr als zwei Jahrhunderten hat der Einsatz von Stahl nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Baukultur insbesondere unseres Bundeslandes nachhaltig geprägt.“

Chancen für den Wohnungsbau mit Stahl

Als aktuelle Herausforderung bei der zukunftsfähigen Gestaltung der baulichen Umwelt und zur Förderung der Baukultur stellte Brüggenolte die Digitalisierung unserer Gesellschaft in den Fokus. Er erläuterte insbesondere die damit verbundenen Möglichkeiten für Architektinnen und Architekten sowie für die (Stahl-)Baubranche insgesamt.  Viel Zustimmung bei den Gästen erhielt Brüggenolte für seinen Appell, bei aller Digitalisierung das „analoge Leben“ nicht zu vergessen. Als zentrale soziale Aufgabe unserer Zeit bezeichnete er die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums für alle.

Von den beeindruckenden Möglichkeiten, mit denen der Baustoff Stahl zu Lösungen für Bauaufgaben verschiedenster Art beiträgt, konnten sich die Gäste im Verlauf des Tages durch Vorträge international tätiger Forscher, Architekten und Ingenieure überzeugen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die feierliche Vergabe gleich mehrerer Preise und Auszeichnungen. Als Juryvorsitzende übergab Professorin Sigrid Brell-Cokcan von der RWTH Aachen die „Förderpreise des Deutschen Stahlbaus 2018“, mit denen Studienarbeiten ausgezeichnet werden, die sich in besonderer Weise dem Entwerfen mit Stahl widmen. Von der Jury wurden drei Preise und vier Lobe ausgesprochen. Ebenso wurden ein Preis und ein Lob des Deutschen Ausschusses für Stahlbau verliehen.

Potenziale für den Wohnungsbau nutzen

Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, übergab den Sonderpreis des BMI an den Stuttgarter Architekten Robert Brixner. Auch Adler sprach sich dafür aus, die Potenziale des modularen und seriellen Bauens, wie sie mit Stahl möglich sind, intensiv auszuschöpfen. Dies gelte insbesondere auch für den Wohnungsbau. Er regte an, dass Unternehmen wieder verstärkt Betriebswohnungen für Angestellte und Auszubildende bauen sollten.

„Auch der Bund wird die Realisierung solcher Bauten auf eigenen Grundstücken prüfen“, versprach Adler. Robert Brixner konnte die Gäste mit der Präsentation seiner ausgezeichneten Erweiterung des Verkehrskommissariats in Kisslegg begeistern. In seinem engagierten Vortrag hob er die Vorzüge von Stahl als Material für das Tragwerk und die Fassade hervor. „Ich möchte Gebäude entwerfen, die mit dem Schraubenschlüssel montiert werden können“, lautet sein Credo.

Automatisierung in der Baubranche

In ihrem Vortrag „Die Stahlwerkstatt der Zukunft“ stellte Prof. Sigrid Brell-Cokcan von der RWTH Aachen wissenschaftliche Erkenntnisse ihres Lehrstuhls für individualisierte Bauproduktion und der Plattform „Robots in Architecture“ vor. Sie hob hervor, dass Architektinnen und Architekten die Digitalisierung aktiv begleiten und wichtige Entwicklungen wie BIM für sich nutzen müssten. „Insbesondere bei der Realisierung von Bauwerken erwarten wir eine zunehmende Automatisierung von Arbeitsprozessen“, prophezeite Prof. Brell-Cokcan. Einen Einblick in das beeindruckende Portfolio seines in Brüssel ansässigen Büros stellte der belgische Architekt und Ingenieur Philippe Samyn dem Publikum vor. Das 2017 mit einer ersten Sitzung eingeweihte Europa-Gebäude, Sitz des Rats der Europäischen Union, vermochte das Publikum mit subtilen, baulich übersetzten europäischen Zitaten und einer poetischen Ausstrahlung zu begeistern.

Ein weiterer Werkvortrag erfolgte von Prof. Manfred Grohmann, Partner von B+G Ingenieure aus Frankfurt am Main. Das Büro wirkt bei zahlreichen Projekten renommierter Architekten aus dem In- und Ausland mit. „Der Stahlbau ist uns bei jeder Art von Bauten stets ein besonderes Anliegen“, betonte Prof. Grohmann.

Hauptpreis an Trumpf Smart Factory

Als Vorsitzender der Jury stellte Professor Johannes Kister aus Köln den Gewinner und die mit Auszeichnungen versehenen Beiträge zum „Preis des deutschen Stahlbaus 2018“ vor. Als Preisträger wurde die Trumpf Smart Factory in Chicago der Berliner Architekten Frank Barkow und Regine Leibinger gekürt. „Wie es bei diesem Projekt gelungen ist, beim Raumlicht eine kraftvolle und individuelle Sprache zu entwickeln, verdient höchste Anerkennung“, lobte Prof. Kister im Namen der Jury.

Diese sprach außerdem neun Auszeichnungen für Bauten verschiedener Nutzungsart und Größe aus, darunter auch für das Haldenzeichen im Lippepark Hamm von den dort ansässigen Berghaus Architekten. Frank Barkow und Thorsten Helbig aus dem Büro Knippers Helbig, das die Tragwerksplanung erarbeitet hatte, stellten die Trumpf Smart Factory ausführlich vor. Auch wenn das Bauwerk in den USA errichtet wurde - es ist im doppelten Sinne ‚made in Germany‘“, lobten die Entwurfsverfasser aus Berlin die Zusammenarbeit mit dem deutschen Bauherrn.

Die Kooperationspartner und insbesondere die Mitglieder der Jury lobten das hohe Maß an gestalterischer und städtebaulicher Qualität der eingereichten, nominierten und ausgezeichneten Projekte im Rahmen des „Tags der Stahl.Architektur“. Auf unterschiedlichste Art und in jeweils individueller Ausführung beweisen die Arbeiten, dass moderner Stahlbau zu einer guten, immer besseren Gestaltung unserer Lebensräume wesentlich beitragen kann.

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