Revisited: Schwimmbad-Moderne in Rheydt

Seit dem Jahr 2000 bis heute ist in Deutschland jedes zehnte Schwimmbad geschlossen worden; die Gesamtzahl ging von 6716 auf unter 6000 zurück. Grund dafür ist nicht die schwindende Lust auf Wasserfreuden. Es sind wohl die hohen Sanierungskosten vieler Bäder, vor denen die für die Finanzierung verantwortlichen Kommunen offenbar zunehmend kapitulieren. Vielleicht ist vielen auch noch nicht bewusst, wie wichtig Schwimmbäder als sozialer Ort für Kinder und Jugendliche sind. Sorgen angesichts der Entwicklung macht sich auch die DLRG, die für einen „goldenen Plan ähnlich dem der 1960er Jahre“ plädiert und eine koordinierte bundesweite Überprüfung des Sanierungsbedarfs wie der Nachfrage vor Ort fordert. Schon heute ginge die Schwimmfähigkeit bei Kindern erkennbar zurück. 60 Prozent der Zehnjährigen sind laut einer forsa-Umfrage von 2017 keine sicheren Schwimmer.

20. Februar 2019von Dr. Frank Maier-Solgk

Aus den wachstumsstarken 1960er Jahren, als das damals noch selbstständige Rheydt kurzzeitig die 100 000 Einwohner-Schwelle zur Großstadt überschritt, stammt das Stadtbad (Pahlkebad) in Mönchengladbach-Rheydt. 1963 hatte der Stadtrat von Rheydt einen Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Mit dem Bau beauftragt wurde der in Trier geborene und in Düsseldorf wohnhafte Architekt Ernst Roddewig (1912 - 1984), der unter 35 teilnehmenden Büros ursprünglich den zweiten Platz belegt hatte. 1969 wurde das Bad nach dreijähriger Bauzeit eröffnet. 

Das Bad ist eines der wenigen, bei dem man sich nach zunächst geplantem Abriss und längerer Diskussion zwischen den Parteien seitens der Stadt schließlich doch für die immerhin rund acht Millionen Euro teure Sanierung entschieden hatte. Mit ein Grund hierfür war die 2008 erfolgte Unterschutzstellung als Denkmal, die mit der gestalterisch wie funktional außerordentlich anspruchsvollen Umsetzung der Bauaufgabe begründet wurde.

In einem Handbuch über Bäderbauten aus dem Jahr 1970 wird die gläserne „Haut“ des Stadtbades als eines von weltweit 180 Vorbildbauten ausgewählt und beschrieben. Für den Herbst dieses Jahres ist (zum 50. Geburtstag des Bades) eine große Jubiläumsfeier im Rheydter Bad geplant, unter anderem mit einer Turmspringershow, die dem ebenso eleganten wie seltenen Zehn-Meter-Sprungtum wieder einmal in die Schlagzeilen verhelfen soll. 

Aus architektonischer Sicht kann man allen Verantwortlichen zum Erhalt des Bades nur gratulieren. Die lichte stützenlose Halle, deren Decke zu schweben scheint, öffnet sich mit raumhohen Verglasungen auf drei Seiten zum angrenzenden Park, während außen vor den Schmalseiten die Konstruktion mit zwei freitragenden, 58 Meter langen Bügeln (Zweigelenk-Spannbetonbinder, hängend für das niedrigere Hallendach und aufliegend für die 12,8 Meter hohe Laterne) offengelegt wird; selbstbewusst demonstriert sie den funktionalen Stil der Moderne. Ein breiter, freier Treppenaufgang auf eine Terrasse betont darüber hinaus die Vorliebe für architektonisch markante Verbindungselemente, die den reinen Funktionalismus in diesem Fall dann doch auch wieder hinter sich lässt. 

Im Inneren erinnern neben dem imposanten Sprungturm vor allem eine entlang des 25-Meter-Beckens errichtete Tribüne für 320 Personen mit türkisfarbenen Mosaikfliesen an die Ästhetik der Entstehungszeit. Im Zuge der Sanierung durch das Büro Dr. Schrammen Architekten wurden die gesamte Technik ebenso wie die Glasfassaden erneuert, in der Halle selbst die Trennwand zwischen dem größeren und dem kleinen Übungsbecken beseitigt, eine neue Lamellendecke für eine bessere Akustik eingebaut und der Bereich der Sauna und der Pförtnerwohnung zu einer Kita umgebaut. Einziger Pferdefuß des aktuellen Zustands: Die Nutzung des Bades liegt offenbar hinter den Erwartungen. Ob das an den Öffnungszeiten liegt? Wenn samstags und sonntags um 14.00 Uhr geschlossen wird, so klingt das nach Sparen an der falschen Stelle. 

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