Vorstand diskutiert über Strategie nach dem HOAI-Urteil

Wie kann, wie muss der Berufsstand der Architekten und Stadtplaner auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 4. Juli 2019 zur festgestellten Europarechtswidrigkeit der Mindest- und Höchstsätze in der HOAI reagieren? Mit dieser Frage befasste sich der Vorstand der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen intensiv in seiner September-Sitzung. „Wir haben die Entscheidung des EuGH, insbesondere nach den Schlussanträgen des Generalanwaltes, erwartet – allerdings hat uns die Begründung durchaus überrascht“, stellte Kammerpräsident Ernst Uhing fest. Es gehe nun darum, bundesweit aus den Vorgaben des obersten europäischen Gerichtes ein kohärentes, praxistaugliches und langfristig rechtssicheres Honorarmodell abzuleiten, so Präsident Uhing weiter.

14. September 2019von Damir Stipic

Grundlage für die Diskussion im AKNW-Vorstand bildet ein vom Vorstand der Bundesarchitektenkammer (BAK) Ende August beschlossener Zwei-Stufen-Vorschlag: Dieser sieht in einer ersten Stufe die Implementierung eines Modells vergleichbar mit der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) vor. Sofern nicht etwas anderes festgelegt wird, gilt hier der Regelsatz (Mittelsatz) als vereinbart. In einer zweiten Stufe geht es darum, die rechtlichen Lücken zur Beseitigung der vom EuGH festgestellten Inkohärenz zu schließen, um so mittelfristig eine Wiederherstellung der Verbindlichkeit der Mindestsätze zu erreichen.

Der Vorstand unterstützte einhellig diese Strategie der Bundesarchitektenkammer. Dabei war sich der Vorstand bewusst, dass es zur Herstellung der Kohärenz auf dem deutschen Planermarkt sehr großer berufspolitischer Anstrengungen seitens der BAK und aller Länderkammern bedarf.

„Junior-Mitgliedschaft“

Vor dem Hintergrund der von NRW-Bauministerin angekündigten Novelle des Baukammerngesetzes NRW hat sich der AKNW-Vorstand in den letzten Monaten mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, ob im Baukammerngesetz NRW eine sogenannte „Junior-Mitgliedschaft“ (wie sie in Baden-Württemberg bereits besteht) eingeführt werden sollte. „Uns fehlen derzeit die rechtlichen Voraussetzungen für eine frühere und insbesondere formalisierte Anbindung von Hochschulabsolventen an die Architektenkammer“, erläuterte Kammerpräsident Ernst Uhing den Hintergrund. „Das wollen wir im Interesse der Homogenität sowie der Steigerung der Ausbildungsqualität ändern.“

Der AKNW-Vorstand zeigte sich nach intensiver Diskussionen überzeugt, dass das in Baden-Württemberg seit zwanzig Jahren erfolgreich praktizierte Konzept der zweijährigen Juniormitgliedschaft als Blaupause für ein NRW-Modell dienen könne. „Man muss das Rad an dieser Stelle sicherlich nicht in Gänze neu erfinden“, fasste Ernst Uhing zusammen, „es bedarf aber sicherlich einer Anpassung auf NRW-Verhältnisse.“ Überdies müsse genau definiert werden, welche Rechte und Pflichten mit einer „Junior-Mitgliedschaft“ einhergehen.

Geplant ist nun, die Vertreterversammlung der AKNW am 12. Oktober 2019 in einem Werkstattbericht über die erarbeitete grundsätzliche berufspolitische Position zu informieren.

„Kunst und Bau“ im Kulturförderplan

Diskutiert wurde vom Vorstand auch der vom NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft vorgelegte Entwurf für einen zweiten Kulturförderplan, zu dem die Architektenkammer NRW kurzfristig Stellung genommen hat. Darin kritisierte die AKNW unter anderem, dass baukulturelle Aspekte auch im neuen Kulturförderplan noch immer eine nur marginale Berücksichtigung fänden. Darüber hinaus sprach man sich für eine deutliche konzeptionelle und finanzielle Stärkung des Konzeptes „Kunst und Bau“ aus.

„Kunst und Bau ist ein zentrales Element von Baukultur und damit ein integraler Bestandteil der Bauaufgabe der Öffentlichen Hand und ihrer Bauherrenverantwortung“, betonte Präsident Uhing und erneuerte die Forderung nach Wiedereinführung einer festen Quote für „Kunst und Bau“-Projekte, wie sie beim Bund und in anderen Bundesländern bereits existiert.

Neue Broschüre zu 
„Corporate Architecture“

„Ziel dieser Publikation ist es, die Bedeutung und die Möglichkeiten anspruchsvoller Architektur für Unternehmer und Freiberufler auf anschauliche Weise zu erläutern und anhand guter Beispiele aus NRW darzulegen.“ Mit diesen Worten informierte Gabriele Richter, Vorsitzende des Ausschusses „Öffentlichkeitsarbeit“ der AKNW, die Vorstandsmitglieder über die auf Vorschlag des Ausschusses konzipierte und dem Vorstand nun vorgelegte Broschüre „Corporate Architecture - Wie Architektur Ihr Unternehmen erfolgreicher macht“.

„Wir wollen damit Inhaber kleinerer, mittelständischer Unternehmen, Handwerker, Freiberufler und Gewerbetreibende, die neue Unternehmensbauten errichten oder Verwaltungs- oder Büroeinheiten umbauen möchten, umfassend informieren und inspirieren“, so Gabriele Richter weiter. Auf Beschluss des Vorstandes wird die Publikation nun produziert. Sie kann ab Mitte Oktober kostenlos bei der AKNW bestellt und als pdf unter www.aknw.de abgerufen werden.

„Inselkongress 2020“ - im Zeichen der Digitalisierung

Ebenfalls verabschiedet wurde das Programm für den nächsten „Internationalen Architektenkongress“ der Architektenkammer NRW, der vom 10. bis zum 13. Juni 2020 in Danzig stattfinden wird und ganz im Zeichen des Megatrends Digitalisierung stehen soll. „Es freut mich, dass damit eine Anregung der Vertreterversammlung aufgegriffen worden ist, sich mit den Herausforderungen der digitalen Transformation auf den Berufsstand auseinandersetzen“, unterstrich Präsident Uhing. Der Vorstand zeigte sich überzeugt, dass es wichtig sei, den Transformationsprozess der Digitalisierung bewusst durch menschliches Handeln zu gestalten. Architektinnen und Architekten seien hier in besonderer Weise gefordert.

Um die zentralen Fragen rund um das Thema zu beantworten, sind Vorträge und Diskussionsrunden mit namhaften nationalen und internationalen Referentinnen und Referenten aus den unterschiedlichsten Fachdisziplinen angedacht.  Der AKNW-Vorstand zeigte sich erfreut, dass mit NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach bereits die erste Rednerin ihre Teilnahme für den „Architektenkongress 2020“ zugesagt hat.                             

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