Der eigensinnige Bauherr

29. August 2016von Sven Kerkhoff

Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW: "Mein Bauherr ist bei der Auftragsvergabe teilweise meinen Empfehlungen nicht gefolgt. Er war der Meinung, er habe Unternehmen an der Hand, die die Leistungen wesentlich günstiger erbringen. Nach meinem Eindruck sind die beauftragten Firmen nicht seriös und wenig erfahren. Außerdem besteht der Bauherr darauf, Eigenleistungen zu erbringen, für die ihm aus meiner Sicht das notwendige Fachwissen fehlt. Bin ich trotzdem zur Bauüberwachung verpflichtet?"

Ja. Ein Architekt, der die Bauüberwachung übernommen hat, kann diese nicht lediglich teilweise ausführen. Seine Aufsichtspflicht erstreckt sich auch auf Arbeiten, die der Bauherr ohne Rücksicht auf Empfehlungen des Architekten vergeben hat (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.01.2015 – 2 U 5/14). Unter Umständen muss der Architekt hier sogar besondere Aufmerksamkeit walten lassen, nämlich dann, wenn die Arbeiten nicht nach seinen eigenen, sondern nach Plänen Dritter ausgeführt werden, wenn der Bauherr eigenmächtig von den planerischen Vorgaben abweicht  oder wenn an der Fachkompetenz der beauftragten Firma Zweifel bestehen (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 12. Aufl., Rz. 248 zu § 34). Dieser erhöhte Überwachungsaufwand führt zu keinem Zusatzvergütungsanspruch. Zugleich rechtfertigt die "eigenmächtige" Vergabe durch den Bauherrn als solches nicht die Kündigung des Vertrages.

Auch Eigenleistungen hat der Architekt – sofern nichts anderes vereinbart ist – mit derselben Sorgfalt zu überwachen wie bei der Ausführung durch einen Bauunternehmer. Zwar darf er zunächst darauf vertrauen, dass der Bauherr die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für das in Eigenleistung übernommene Gewerk besitzt (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rz. 2022). Eigenleistungen, die eine besonders sorgfältige Ausführung oder Spezialkenntnisse voraussetzen, müssen aber dennoch vom Architekten persönlich genauestens überwacht werden. Zudem muss er stets die Realisierung der Gesamtplanung und die Einhaltung der Pläne durch geeignete Anweisungen in einer auch für Laien verständlichen Sprache sicherstellen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.05.2004 – 22 U 150/03).

Ergeben sich Zweifeln an der Kompetenz des Bauherrn oder einer von ihm beauftragten Drittfirma, muss der Architekt auf Einschaltung einer Fachfirma drängen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 11.02.1998 – 12 U 4/97) und dies in geeigneter Weise dokumentieren. Besteht der Bauherr dennoch auf Eigenleistungen, für die ihm die Sachkunde fehlt, und droht sich der Überwachungsaufwand dadurch unzumutbar zu erhöhen, kann dies unter Umständen einen Kündigungsgrund darstellen (vgl. Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 6. Aufl., Rz. 1702). Die Hürden hierfür sind allerdings hoch.

Praxistipp:

Wer die Überwachung von Eigenleistungen durch individuelle Vereinbarung aus dem vertraglichen Pflichtenkatalog herausnehmen will, muss auf die daraus resultierenden Risiken ausdrücklich hinweisen und beachten, dass er mit dieser Herausnahme nicht aller Pflichten im Hinblick auf die Realisierung des Gesamtvorhabens und etwaige Anschlussproblematiken enthoben ist.

Die Herausnahme muss zudem beim Honorar berücksichtigt werden, indem vereinbart wird, dass die in Eigenleistung erbrachten Gewerke für die betroffenen Leistungsphasen – anders als nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 HOAI 2013 grundsätzlich vorgesehen – nicht in die anrechenbaren Kosten einfließen. Denn:

Wer sich die Bauüberwachung nach den gesamten anrechenbaren Kosten vergüten lässt, kann sich nicht auf einen vereinbarten Haftungsausschluss für Eigenleistungen berufen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 01.03.2006 – 7 U 79/05, Rz. 23 bei <juris>).

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