Symposium: Schlaglichter auf „Kunst am Bau“

„Kunst und Architektur gehören zusammen – vielleicht sind sie auch dasselbe,“ reflektierte der Präsident der Architektenkammer NRW, Hartmut Miksch, zur Begrüßung im Haus der Architekten. Dass beides zusammen als „Kunst am Bau“ für Gebäude und Stadtraum immer einen Mehrwert bringen, darüber herrschte bei den gut 150 Architekten und Künstlern, die der Einladung des M:AI und der Architektenkammer NRW am 30. Januar zum Symposium „Ohne Kunst kein Bau?“ gefolgt waren, ein weitgehendes Einvernehmen.

12. Februar 2013von Anette Kolkau, M:AI NRW

Fakt ist, dass der NRW-Kulturetat um bis zu 16 Millionen Euro gekürzt werden soll, und dass damit auch die Förderung für Kunst in, an oder vor öffentlichen Gebäuden entsprechenden Kürzungen unterliegt, erläuterte Peter Landmann in Vertretung der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW, Ute Schäfer. Hinzu kommt, dass es seit 2002 keine feste Quote mehr gibt: Bis dahin war in NRW verbindlich geregelt, einen Betrag von 0,4 – 2,0 % der Bausumme für Kunst an öffentlichen Gebäuden einzusetzen. Heute gibt es lediglich Richtlinien, die in den baupolitischen Zielen des Landes formuliert sind.

Aktuell stehen seitens des Landes zur Unterstützung von Kunst am Bau-Projekten lediglich 400 000 Euro zur Verfügung. Nichtsdestotrotz: Die vielen bislang umgesetzten, qualitativ hochwertigen Kunstprojekte an Gebäuden seien ein Erfolgsrezept und hätten einen hohen Stellenwert bei der Planung des neuen Kulturfördergesetzes, betonte Landmann. Ob, wie und wann und mit welcher finanziellen Ausstattung dann „Kunst am Bau“ gefördert würde, ist zurzeit noch nicht klar, der Referentenentwurf ist in Arbeit.

Die Diskussion im Haus der Architekten bestätigte den Konsens zum Wert von Kunst am Bau. „Eigentlich sollte jeder Rechnungshof darüber jubeln, Kunst kostet nicht, sondern veredelt“, gab Ute Chibidziura vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung zu verstehen. Dieser langfristige Mehrwert für Immobilien sei jedoch bei knappen Kassen oftmals leider nicht vermittelbar, hieß es seitens des Landes NRW.
Dass Kunst am Bau angemessene finanzielle Unterstützung braucht, betonte Werner Schaub vom Bundesverband Bildender Künstler: „Nur so entsteht der Nährboden für Spitzenkunst.“ Aber auch die Grundeinstellung zu Kunst am Bau generell sei entscheidend: Die Politik müsste es auch wollen, sie müsse den Wert der Verknüpfung von Kunst und Bau anerkennen. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg sind 8 Millionen Euro jährlich für Kunst am Bau reserviert worden.

Dass Diskussionen um Finanzen nicht zwangsläufig Kunstprojekte ersticken müssen, dazu zeigte die Kölner Architektin Dörte Gatermann schöne Beispiele, u. a. die Magistrale der Postbank in Köln (1998), die sie in Kooperation mit dem Künstler Thomas Weil entwickelte. Die 140 m lange und 17 m hohe Wand dieser "inneren Straße" war von Beginn an als besonderes Element des Gebäudes vorgesehen. So entstand eine Kunstwand, die die rechtwinklige Geometrie der Architektur und die Höhe „bearbeitet“. Die Linien lösen die Massivität und Schwere der Betonwand auf und animieren zur Bewegung. Die Arbeit profiliert das Gebäude nachhaltig. Geld gab es dafür zunächst nicht. Nach zahlreichen Überlegungen und Verhandlungen wurde auf Putz und Anstrich an dieser Wand verzichtet, und die Mittel wurden für die Arbeit des Künstlers eingesetzt. Wichtiger als jede finanzielle Ausstattung sei daher ein weitgehendes Bewusstsein für die Notwendigkeit von Kunst am Bau. Das war auch für sie der Antrieb, den langwierigen Prozess durchzuhalten.

Wie wichtig in diesem Zusammenhang auch die Vermittlung, die Kommunikation, das Einbeziehen aller möglichen Beteiligten ist, betonte die Künstlerin Dagmar Schmidt. So seien ein Austausch mit Architekten und ein Grundverständnis für Bauprozesse für den Erfolg einer künstlerischen Arbeit notwendig. Menschen teilhaben zu lassen an Projektfortschritten, Prozesse und Gedanken transparent zu machen – damit hat sie gerade bei ihrem Projekt „Grabungsstaedte“ gute Erfahrungen gemacht. Für alle Beteiligten war das ein guter Hinweis dafür, wie ein breites Verständnis für Kunst am Bau befördert werden kann.

Auch das gehört zur Kommunikation: Teambildung von Architekten und Künstlern, gegenseitige Wertschätzung und ein Aufeinanderzubewegen sind für ein qualitätvolles Ergebnis unabdingbar, so Stimmen aus der anschließenden Diskussion.

Welche Rolle spielt nun Kunst am Bau bei öffentlichen und privaten Bauträgern? Dass sie nicht nur kostet, sondern nutzt, das ist vielen von ihnen bewusst. „Kunst am Bau ist ein wichtiger Standortfaktor“, so Heiner Sommer vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW. „Sie fördert die Identifikation und hilft, Quartiere zukunftsfähig und wettbewerbsfähig zu machen, wie im Fall des Begegnungspavillons von der Künstlerin Apolonija Šušteršič in der Hustadt, einer Bochumer Hochhaussiedlung“, so Dieter Kraemer der VBW Bauen und Wohnen GmbH. Leider werden die Finanzierungsziele oft den baukulturellen Zielen untergeordnet. Einigen der anwesenden Künstler war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, mit ihrer Arbeit derart instrumentalisiert zu werden. Markus Ambach, Künstler aus Düsseldorf relativierte: „Auftragskunst sollte nicht immer negativ konnotiert werden, Kunst wird seit jeher für bestimmte Zwecke eingesetzt.“ Die aktuelle Diskussion sollte sich lieber mit dem bisherigen strukturellen Kontext auseinander setzen, so Markus Ambach. Sind teure Wettbewerbssysteme tatsächlich Qualität fördernd? Sollte man nicht eher über für den jeweiligen Bau zugeschnittene Verfahren, z.B. eine Kuratorenschaft nachdenken? Wann sollen Künstler und Bauherrn zusammenkommen? Auf jeden Fall zu Beginn der Planungen, so die Mehrzahl der Künstler, um nicht nur „reparieren“ zu dürfen, sondern um mit ihrem ganz eigenen Zugang die Architektur und ihre Gestaltung zu befruchten.

„Kunst am Bau ist nicht Künstlerförderung“, warf abschließend Ulrich Burmeister vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Auch die Wirtschaftlichkeit einer Immobilie zu steigern, stehe nur an zweiter Stelle. In erster Linie gehe es doch darum, die Baukultur zu befördern.

Wie viel Freiheit brauchen also Künstler? Wie sollte dann ein für beide Seiten optimales Verfahren gestaltet werden? Wie können sich künstlerische Arbeit und Bauprozess gegenseitig ergänzen? Wo und mit welchen neuen Beteiligten gibt es Möglichkeiten für Kunst an Bau? Wie kommen Bauherren und Künstler zusammen? Das waren die Fragen, die in der Diskussion unter anderem immer wieder gestellt wurden. Wie kann die Begegnung von künstlerischer Freiheit und wirtschaftlichen Interessen gestaltet werden? Wie können beide so unterschiedlichen Welten voneinander profitieren? Das sind einige der Fragen, die es lohnt, sie zukünftig noch einmal genauer zu beleuchten. Das M:AI wird sich mit einer Folgeveranstaltung dem Thema widmen.

Teilen via