Mehr Qualifikation für schnelle Verfahren

Schnell, einfach, transparent - so soll das ideale Baugenehmigungsverfahren sein. Landauf, landab wird diskutiert, wie wir zu mehr Wohnungsbau kommen. Eine der scheinbar einfachen Antworten lautet: Mehr Bauantragsberechtigte gleich mehr Verfahren. Der Zweiklang mag erst einmal gut klingen - er bleibt dissonant und falsch. Warum? - Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Klaus Brüggenolte.

13. Februar 2023von Klaus Brüggenolte
Dipl.-Ing. Architekt VAA Klaus Brüggenolte
Dipl.-Ing. Architekt VAA Klaus Brüggenolte - Foto: Lohnzich

Bürgerinnen und Bürger, Bauherren und Investoren haben einen Anspruch auf ein geregeltes und verlässliches Genehmigungsverfahren für ihre Bauprojekte. Antragstellung und Genehmigung sind aber kommunizierende Röhren: Wenn ich die Antragstellung vereinfachen will, muss die Prüfung umso zuverlässiger (weil rechtsverbindlich) sein.

Wer aber ist dazu in der Lage, die immer komplexer werdenden Ansprüche an Bauprojekte in einen genehmigungsfähigen Antrag zu überführen? Das sind Architektinnen und Architekten, sowie in Nordrhein-Westfalen Innenarchitekt*innen und Bauingenieur*innen. Die Aufgabe, einen Bauantrag zu formulieren, ist mit gutem Grund in Deutschland eine „Vorbehaltsaufgabe“. Der Gesetzgeber hat dies im Sinne des Verbraucherschutzes so bestimmt, um sicherzustellen, dass nur Fachleute mit einer nachgewiesenen Qualifikation, die versichert sind und sich regelmäßig fortbilden, diese anspruchsvolle Aufgabe übernehmen dürfen. Es läuft deshalb dem gesellschaftlichen Auftrag des Verbraucherschutzes zuwider, wenn die Landesregierung sich nun vorgenommen hat, das Bauvorlagerecht auszuweiten - etwa auf Handwerksmeister oder andere.

Architektur zu schaffen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die stetig komplexer wird. Dies spiegeln u.a. die im Februar veröffentlichten Konditionen für die Neubauförderung seitens des Bundesbauministeriums wider, die in zwei Förderstufen Ansprüche an die energetische Qualität der Gebäude mit Mindestanforderungen an Lebenszyklus-Analysen beziehungsweise ganzheitliche Nachhaltigkeits-Zertifizierungen kombiniert. Die Anforderungen an das Planen und Bauen zum Schutz unseres Klimas, zur Nachhaltigkeit, zu Barrierefreiheit und sozialer Teilhabe haben bereits dazu geführt, dass die Anforderungen an die Fortbildung, die Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen zu leisten haben, kontinuierlich gestiegen sind. Zu Recht, denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Berufsträger mit ihrem fachlichen Know-how à jour bleiben.

Auch auf der „anderen Seite des Schreibtisches“, in den kommunalen Bauaufsichtsämtern, steigen die Anforderungen an die Kolleginnen und Kollegen kontinuierlich an. Ihnen noch mehr Prüfaufgaben zu übertragen, weil auch weniger Qualifizierte Bauanträge einreichen können, würde die bestehenden Engpässe in Personal und Ausstattung in den Bauämtern weiter verschärfen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wer will, dass hinten mehr und schneller Baugenehmigungen erteilt werden können, muss vorne die Qualifikation der Antragstellenden sicherstellen!

Der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Ernst Uhing hat deshalb auf dem Neujahrsempfang unserer Kammer Ende Januar mit deutlichen Worten allen Bestrebungen, die Bauvorlageberechtigung auszuweiten, eine Absage erteilt. Die Frage, wer Bauanträge im Auftrag von Bauherrinnen und Bauherren stellen darf, muss weiterhin fachlich entschieden werden, nicht politisch!

Wenn also unsere Landesregierung möchte (und wer wollte das nicht), dass mehr Baugenehmigungen erfolgreich gestellt und schnell genehmigt werden können, dann müssen die Rahmenbedingungen für die beteiligten Fachleute auf beiden Seiten verbessert werden: Antragstellerinnen und Antragsteller müssen umfassend qualifiziert sein und schnelle Wege zur Genehmigungsbehörde finden - sei es durch den digitalen Bauantrag oder persönliche Ansprechpartner in den Bauämtern. Und die Genehmigungsbehörden benötigen qualifiziertes Personal, das angemessen ausgestattet und bezahlt wird.

Baukultur wird nicht durch Masse geschaffen, sondern durch Klasse. Dieser Grundsatz dient nicht nur dem Verbraucherschutz, sondern unserer Gesellschaft insgesamt!

Es grüßt Sie
Ihr

Dipl.-Ing. Klaus Brüggenolte
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

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