Zukunft des Berufsnachwuchses

Studierende, Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger, Lehrende sowie Kammervertreterinnen und Kammervertreter aus allen Bundesländern trafen am 28. Oktober in Berlin auf dem Nachwuchsarchitekt*innentag für einen intensiven Austausch aufeinander. Die von der Bundesarchitektenkammer und nexture + organisierte Veranstaltung wurde erstmals in dieser Form ausgetragen. Nexture+ ist eine 2020 gegründete Nachwuchs-Organisation, die aus dem Zusammenschluss mehrerer Fachschaften hervorgegangen ist. Aus Nordrhein-Westfalen reisten Studierende und Lehrende der Hochschulen in Aachen, Düsseldorf, Köln, Ostwestfalen-Lippe, Siegen und Wuppertal zu dem Event an. Auch die Architektenkammer NRW war vor Ort dabei.

07. November 2022von Lea Pawelzik

„Ihr seid die Zukunft! Ihr seid die zukünftigen Kammermitglieder! Ihr könnt den Beruf gestalten!“ Mit diesem dreifachen Aufruf begrüßte Dr. Tillman Prinz, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer, den Architekturnachwuchs in der Lise-Meitner-Schule in Berlin-Neukölln. Katharina Körber, Kommissionsvertreterin „Berufseinstieg nexture+“, berichtete, dass sich ihre Initiative zum Ziel gesetzt hatte, einen Tag für den Nachwuchs zu organisieren, der die verschiedenen Gruppen – genannt „Silos“ – zusammenbringt: Studierende, Berufseinsteiger*innen sowie Vertreter*innen der Hochschullehre und der Kammern. „Wir sind heute hier, weil diese Welten zusammengehören und sich austauschen sollten“, erklärte Fabian P. Dahinten, Vorstand des Vereins „nexture+“.

Ralf Niebergall, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer, bekräftigte, dass diese Welten nicht völlig verschieden seien, sondern dieselben Ziele verfolgen würden. Die berufsständische Selbstverwaltung durch die Kammern sei ein großes Privileg, das aber nicht immer als solches wahrgenommen würde. Zu informieren, zuzuhören und das gegenseitige Verständnis auszubauen, seien die Ziele des Nachwuchsarchitekt*innentags. Theresa Keilhacker, Präsidentin der Berliner Architektenkammer, verwies in ihrem Impuls auf die Dringlichkeit einer Bauwende, die nur gemeinsam mit dem Nachwuchs bestritten werden könne.

Juniormitgliedschaft in NRW

Innerhalb des „Kammersilos“ wurden u.a. Fragen nach den Möglichkeiten zur Zukunftsfähigkeit des Kammerwesens, zu einer besseren inhaltlichen Beteiligung des Nachwuchses sowie zu den Gründen für den Nachwuchsmangel in den Büros diskutiert. Es folgte ein reger Austausch unter den Vertreterinnen und Vertretern der 16 Landesarchitektenkammern, der von Tillmann Prinz und der Architektin Katja Melan (Brandenburgische Architektenkammer) moderiert wurde. Ein Problem, von dem vielfach berichtet wurde, stellt die große Lücke dar, die zwischen dem Studienabschluss und dem Kammerbeitritt entsteht. Aus Nordrhein-Westfalen konnte dazu aber positiv berichtet werden, dass die Architektenkammer NRW seit dem März 2022 die Möglichkeit hat, schon Absolventinnen und Absolventen als „Junior-Mitglieder“ aufzunehmen. Die AKNW-Vertreterinnen wiesen zudem auf die regelmäßigen Vorträge an Hochschulen hin, in welchen die AKNW systematisch den Kontakt zu den Studierenden sucht; sowie auf die Veranstaltungen der Kampagne „Sag JA* - Junior-Architekt*in“ wie „Hausbesuche“, der Urban Slam oder der Elevator Pitch.

Vom „Sprungbrett“ bis zur „Bauwende“

In einer zweiten Workshophase tauschten sich die Teilnehmenden themenbezogen in gemischten Gruppen aus. „Kammern der Zukunft“, „Engagement möglich machen“, „Sprungbrett Berufspraxis“, „Lust aufs Arbeiten“, „Mentale Gesundheit in Studium und Beruf“, „Rolle und Selbstverständnis der Planer:innen“, „Bauwende heute“, „Interdisziplinäres Lehren und Planen“, „Progressive Lehre“ sowie „Digitalisierung und Lehre in der Praxis“ lauteten die Titel der Workshops, in die Ergebnisse der Silo-Diskussionen einfließen konnten.

Appelle an den Berufsstand

Die Erkenntnisse aus den Debatten wurden in einer Abschlusserklärung als Appelle an die verschiedenen „Silos“ schriftlich festgehalten. Die Kammern wurden dabei u. a. zu mehr Transparenz mit offenen Strukturen sowie zu einer stärkeren Einbindung von Studierenden und Berufseinsteiger*innen aufgerufen. Gleichzeitig wurde an die Lehrenden appelliert, den Austausch zwischen Kammern und Studierenden zu fördern, während die Studierenden aufgefordert wurden, sich den Kammerstrukturen gegenüber offen zu zeigen und die berufsständische Selbstverwaltung als Chance zu nutzen. Dies gelte ebenfalls für die Berufspraxis, die zudem auch die ehrenamtliche Arbeit für den Berufsstand unterstützen solle.

Nach dem umfassenden Tagesprogramm folgte ein Vortragsabend an der Fakultät für Architektur der TU Berlin. Barbara Vogt vom schwedischen Büro White Arkitekter stellte Projekte wie das Selma Lagerlöf Centre oder das Sara Kulturhaus vor, die durch ihre besonders nachhaltige Bauweise mit Re-Use, Recycling, dem Einsatz von regionalem Holz und digitalen Techniken überzeugten. Dr. Niklas Maak (Frankfurter Allgemeine Zeitung/Harvard University) rief in seinem Vortrag „Was jetzt? Bauen in der Krise, Architektur im Aufbruch“ Studierende dazu auf, sich einzumischen: „Geht an die Presse, auch an die großen Medien!“

Neben der Abschlusserklärung ist auch noch eine ausführliche Dokumentation in Arbeit. Weitere Infos und Videoimpressionen unter www.bak.de.

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