Kirchenumwandlungen: Martin-Luther-Forum - Umgenutztes Ensemble ohne Zukunft?

Umnutzungen von Kirchen sind keine Selbstläufer. Bei den Konzepten für neue Nutzungen (rund 800 gibt es bis heute in Deutschland) sind höchst individuelle Analysen erforderlich; der Bautypus, so reizvoll und städtebaulich herausgehobener oft ist, erlaubt keine Standardlösungen. Erfolgreiche Umwandungsbeispiele für die architektur- wie kulturgeschichtlich mitunter bedeutenden Bauten hat es in den letzten Jahren gerade in NRW jedoch zahlreiche gegeben. Manchmal erfordern die Objekte aber auch langfristig die Aufmerksamkeit, damit ihre Existenz auf Dauer gesichert werden kann. Ein solcher Fall ist die Markuskirche von Gladbeck,ein für den modernen, innovativen Nachkriegskirchenbau der 1960er Jahre exemplarischer Bau, der vor 50 Jahren,im Frühsommer des Jahres 1968 eingeweiht wurde. 40 Jahre später, an Pfingsten 2008, erlebte der Bau seinen letzten Gottesdienst. Anschließend wurde er saniert und behutsam umgebaut; und nun, nach zehn Jahren als kultureller Ausstellungs- und Veranstaltungsort, steht die Markuskirche vor einer erneuten Wandlung.

20. Juni 2018von Dr. Frank Maier-Solgk

Doch der Reihe nach: Erbaut wurde die Kirche nach den Plänen der beiden eher wenig bekannten Architekten Albrecht E. Wittig aus Marl und Fred Janowski aus Gelsenkirchen. Dem Duo, das zuvor die evangelische Thomaskirche in Gelsenkirchen-Erle (1965) und die evangelische Kreuzkirche in Dorsten-Hervest (1965) entworfen hatte, gelang es in Gladbeck besonders anschaulich, eine in der Nachkriegszeit verbreitete Weltanschauung zum Ausdruck zu bringen, die im evangelischen Kirchenbau die Idee der Gemeinde in den Mittelpunkt stellte. Bei dem seit 2008 denkmalgeschützten, etwas außerhalb des Stadtzentrums gelegenen Komplex sind der aufgebrochene Glockenturm und die Kirche selbst getrennt.

Letztere, auf einem die Gemeinschaftsidee betonenden oktogonalem Grundriss errichtet, wurde mit einem bewegten Zeltdach versehen. Eine Pergola verbindet in größtmöglicher Offenheit die Bauteile miteinander, während eine Freitreppe die Hinwendung zur Stadt betont. Eigentlich war die Umwandlung der Kirche zum Ausstellungsort allseits gefeiert worden; vom Modellcharakter des öffentlich geförderten Projekts war die Rede.

Nach dem Umbau (Architekt: Christoph Damm, Dortmund; Außenanlagen: Büro Decker, Bottrop) hatte sich das Ensemble durch eine erneuerte Freitreppe besonders einladend zur Umgebung geöffnet. Der Gebäudebestand selbst war im Hinblick auf die Nutzung als multifunktionales, kirchennahes Kulturzentrum eher behutsam umgewandelt worden – mit einem wenig veränderten Kirchensaal, mit neuen Ausstellungsräumen im ehemaligen Gemeindehaus, einem Café und einem Seminarraum. 2009 erfolgte die Übergabe an einen Verein, der die Einrichtung unter dem Namen „Martin Luther Forum Ruhr“ zehn Jahre lang mit überregional beachteten Veranstaltungen führte. Eine 2010 eingerichtete Dauerausstellung zum Thema „Reformation und Ruhrgebiet“ auf vier Halbetagen der ehemaligen Gemeinde- und Wohnräume schien für die vergangene Dekade jedenfalls eine sinnvolle, weil kirchennahe Lösung gewesen zu sein.

Dennoch ist nun Schluss der Vorstellung. Schon zum Juli dieses Jahres wird der Verein das Gebäudeensemble an die Kirchengemeinde zurückgeben. Der Initiator und Vereinsvorsitzende Dr. Martin Grimm bedauert das vorzeitige Ende des weithin anerkannten Projekts, für das man sich zehn Jahre lang ehrenamtlich außerordentlich eingesetzt habe. Man sei aber, so Grimm, personell und finanziell an seine Grenzen gestoßen.

Die Zukunft ist ungewiss. Die Bezirksregierung hat nun eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die Vorschläge für eine fördermittelkonforme Folgenutzung erarbeiten soll. So bleibt nur zu hoffen, dass alle Beteiligten von guten Geistern beflügelt sind, wenn sie über die weitere Nutzung dieses wichtigen Puzzlesteins der Baugeschichte von NRW nachdenken.

Beispiele für Kirchenumnutzungen unter stadtbaukultur-nrw.de

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