1.000 Baulücken in NRW - 1001 Chance für unsere Stadt
Sie finden sich in jeder Stadt und den meisten Gemeinden Nordrhein-Westfalens, ohne dass sie von den meisten Bürgern bewusst wahrgenommen würden: Baulücken. Wilde Müllkippen zwischen zwei Gebäuden, notdürftig bebaute Grundstücke mit flachen Supermärkten und Kiosken oder provisorische Parkplätze - Baulücken und mindergenutzte Grundstücke sind die gravierendsten Beispiele städtebaulicher Defizite in unserem Land. Mit dem Projekt "1.000 Baulücken in NRW" rückt die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen dieses Thema in den Blick der Öffentlichkeit und der Politik. Termin für die öffentliche Auftaktveranstaltung: 1. Oktober 2003.
"Baulücken sind unbebaute Grundstücke, die freie Grundstücksflächen zwischen bebauten Grundstücken bilden. Die Bebauung von Baulücken (Baulückenbebauung) ist bei Einhalten der benachbarten Bebauungskennwerte (Gebäudevolumen, -dimension und -höhe) grundsätzlich genehmigungswürdig."So definieren die meisten Baulexika (hier: www.baulexikon.de) den Terminus "Baulücke" - und greifen damit zu kurz. Denn aus städtebaulicher Sicht sind auch Grundstücke, deren Nutzung nicht ihrem Wert entspricht, als Baulücke zu betrachten.
Häufig bestehen Baulücken in unseren Städten schon seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Zeit hat diese städtebaulichen Wunden nicht geheilt, sondern lediglich zu einem Gewöhnungseffekt geführt. Viele Baulücken werden gar nicht mehr als solche bewusst wahrgenommen. Städtebaulich bleiben sie aber ein Mangel und eine ungenutzte Chance. Hier setzt das Programm "1.000 Baulücken in NRW" der Architektenkammer an. Grundidee ist es, die Baulückenproblematik in den Städten öffentlich zu thematisieren und dazu eine breit angelegte Diskussion loszutreten. "Wir wollen Eigentümer, Kommunen und Bürger dazu anregen, über schon sehr lange brachliegende oder untergenutzte Baulücken neu nachzudenken", erläutert Hartmut Miksch, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. "1.000 Baulücken in NRW" schärfe das Bewusstsein und das Auge für städtebauliche Problemzonen, an denen man sonst meist achtlos vorüber gehe. www.1000-bauluecken.de
In einer ersten Phase wurden zunächst seit dem Frühjahr Baulücken aus möglichst vielen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens in Bild und Text dokumentiert. Die Architektenkammer hat dazu die Internet-Domain www.1000-bauluecken.de eingerichtet, auf der einerseits bereits erfasste Baulücken in einer großen Bildergalerie aufgerufen, andererseits weitere Baulücken gemeldet werden können. Von Aachen bis Minden und von Bonn bis Bocholt reicht das Spektrum der Städte, deren Baulücken hier dokumentiert sind. Die Kammer hat darüber hinaus alle Kommunen des Landes gebeten, ihre Baulücken-Kataster oder ähnliche Informationen - soweit vorhanden - für das Projekt zur Verfügung zu stellen. "Wir haben aus vielen Kommunen positive Rückmeldungen bekommen", berichtet Hartmut Miksch. "Die Stadtplanungsämter sind froh, dass die Baulücken-Problematik endlich öffentlich diskutiert werden soll."
Unterstützung durch Planungsämter
Das bestätigt auch Werner Wingenfeld, Leiter des Stadtplanungsamtes in Aachen. "Wir haben eine Vielzahl von Baulücken in der City, die das Stadtbild stark beeinträchtigen", so Wingenfeld. Hauptproblem sei in den meisten Fällen eine komplizierte Besitzerstruktur. Vielfach gehöre das Grundstück einer Erbengemeinschaft, die nicht mehr in Deutschland lebt oder untereinander zerstritten ist. Nicht selten ist nach der Erfahrung vieler Bau- und Planungsämter in NRW auch der Fall, dass das Baulückengrundstück sich im Besitz eines älteren Eigentümers befindet, der sich mit einer Nutzung überfordert sieht oder das Grundstück seinen Kindern vermachen möchte.
In Köln können die zuständigen Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes eine Vielzahl solcher Beispiele aufzählen. Seit mehr als 13 Jahren betreibt die Stadt ein spezielles "Baulückenprogramm", in dem im Jahr der Erstellung (1990) rund 5.300 Grundstücke registriert wurden. Bis heute konnte die Zahl auf fast 2.000 Lücken reduziert werden, 15.000 neue Wohnungen füllen nun die ehemals brachliegenden Flächen. "Wir haben uns dieses Problems mit großer Intensität angenommen", so Anne Luise Müller, die Leiterin des Stadtplanungsamtes in der Domstadt. Dabei sei man auch nicht davor zurückgeschreckt, in geeigneten Fällen "Baugebote" auszusprechen. Ein Baugebot verpflichtet nach § 176 Baugesetzbuch den Eigentümer, eine brachliegende Fläche entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans zu bebauen bzw. eine bestehende Bebauung anzupassen. "Allerdings ist das ein hoch kompliziertes Verfahren", berichtet Anne Luise Müller. Die Stadt müsse detailliert nachweisen, dass die angeordnete Bebauung für den Eigentümer wirtschaftlich zumutbar ist.
Auch in Essen hat man mit einem "Baulückenkataster" seit Jahren gute Erfahrungen gemacht. Die Zahl der registrierten Lücken konnte seit 1984 von damals 1.485 registrierten Flächen auf 619 reduziert werden. In Düsseldorf konnte ein ähnlich deutlicher Rückgang von 786 Fällen im Jahr 1993 auf 451 Positionen Anfang 2002 erreicht werden. Eine Prognose, wie auch die verbleibenden Lücken geschlossen werden können, vermag keine der Verwaltungen abzugeben. "Parameter wie Eigentümerinteressen, Grundstücksnutzung, Baugebietstyp usw. bilden bei dieser Einschätzung eine große Unbekannte", heißt es im Bauflächenbericht der Landeshauptstadt.
Durch die Aktion "1.000 Baulücken in NRW" will die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Eigentümer und Stadträte dazu motivieren, über sinnvolle Nutzungen von innerstädtischen Baulücken neu nachzudenken. Den Auftakt der zweiten, öffentlichen Phase des Projektes bildet die Start-Veranstaltung am 1. Oktober in Düsseldorf. Auf einer Baulücke gegenüber dem nordrhein-westfälischen Landtag wird mit einem Großplakat auf das Fehlen einer Bebauung oder sonstigen gezielten Nutzung hingewiesen. Gleichzeitig lobt die Architektenkammer fünf Ideenwettbewerbe aus.
Diskussionen und Wettbewerbe
Dabei sind Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, unter dem Motto „Pro Stadt - contra Lücke“ Vorschläge für die Gestaltung einer brachliegenden Fläche zu entwickeln. Als "Lückenfüller" denkbar sind nach Auffassung der Architektenkammer nicht nur Bauten, sondern auch kleine Parkanlagen, Grünflächen, Spielplätze und Freiräume für kulturelle Nutzungen.
Die "1.000 Baulücken in NRW" werden weiterhin im Internet dokumentiert und zu einer Ausstellung aufbereitet, die dann in verschiedenen Zentren Nordrhein-Westfalens gezeigt werden soll. "Wenn wir unsere Städte langfristig attraktiv und lebendig halten wollen, müssen wir die bestehenden Lücken füllen", so der Appell des Präsidenten der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Hartmut Miksch. Ein Aufruf, den die Landesinitiative "StadtBauKultur NRW" bereits unterschrieben hat. Das Kuratorium der Initiative unter Vorsitz von NRW-Städtebauminister Michael Vesper hat "1.000 Baulücken" zu einem Leitprojekt von "StadtBauKultur NRW" ernannt.
Ideenwettbewerbe in fünf Städten ausgelobt
Welche Ideen haben Sie für Ihre Stadt? Es gilt, Baulücken zu beleben, neu zu nutzen und kreativ zu gestalten. Machen Sie mit, lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf!
Die AKNW lobt einen Ideenwettbewerb für fünf konkrete Baulücken aus, und zwar in den Städten Aachen, Duisburg, Essen, Dortmund, Köln. Eingereicht werden können Ideenskizzen für Gebäude, Vorschläge zur Gestaltung von Parks oder Gärten, Konzepte für eine künstlerische Bespielung der Fläche, vielleicht sogar Ansätze einer bewussten Aussparung. Motto: „pro Stadt - contra Lücke!“
Teilnahmebedingungen
Der Ideenwettbewerb ist offen für alle Interessierten: Schüler und Studenten, Laien und Fachleute, Künstler und Kreative. Jeder Teilnehmer kann für jede der fünf Städte jeweils einen Beitrag einreichen. Die Ideen und Gestaltungsvorschläge reichen Sie bitte auf Papier im Format DIN A 3 ein. Eine unabhängige Jury wird die Arbeiten beurteilen und die Preise festsetzen (Gesamtpreis pro Stadt: 3.000 €).
Die Beiträge reichen Sie bitte bis zum 5. Dezember 2003 auf dem Postweg bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ein.
Das Teilnahmeformular ist ab dem 1. Oktober 2003 abrufbar unter www.1000-bauluecken.de/ideenwettbewerb.
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