Tag der Architektur in NRW am 25./26. Juni

30.000 wollten „Raum erleben!“

„Wie oft bin ich schon an diesem Haus vorbei gefahren und habe mich gefragt, wie es wohl von innen aussieht.“ Hermann Schatz, der in Schwerte das neue Einfamilienhaus der Familie Bachorz besuchte, fasste den besonderen Reiz am „Tag der Architektur“ treffend zusammen. Wie rund 30.000 Architektur-Interessierte in ganz Nordrhein-Westfalen nutzte er das letzte Wochenende im Juni (25./26.06.05), um am „Tag der Architektur“ neue Häuser und Freianlagen, Bürogebäude und Parks, Verwaltungsbauten und Gärten hautnah zu erleben. Unter den Besuchern: Der neue Minister für Bauen und Verkehr des Landes NRW, Oliver Wittke.

30. Juni 2005von Christof Rose

„Der Tag der Architektur ist eine große Leistungsschau, mit der es gelingt, viele Menschen an Architektur heranzuführen.“ Mit dieser Einschätzung begann der erst am Vortag vereidigte neue Minister für Bauen und Verkehr des Landes sein erstes öffentliches Statement. Wittke, der in Gelsenkirchen wohnt und dort von 1999 bis 2004 Oberbürgermeister war, besuchte das vom Architekturbüro Schramm sanierte und umgebaute Baudenkmal „Schloss Berge“ in Gelsenkirchen-Buer und nutzte die Gelegenheit zu einem ersten Gespräch mit dem Präsidium der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. In seiner ersten öffentlichen Ansprache betonte Wittke: „Wir werden unsere knappen Mittel auf den Erhalt und die zeitgemäße Weiterentwicklung unseres Gebäude-Bestandes konzentrieren müssen.“ Dazu müssten zukunftsfähige Nutzungskonzepte entwickelt werden.Stark besucht: Private Wohnhäuser 

Ein Objekt, das dem Minister sicherlich wegen seines ungewöhnlichen Ansatzes gefallen hätte, war das „Holzhaus für eine Person“, das Architektin Inge Tauchmann (buddenberg architekten) in Ratingen präsentierte. Das kompakte Haus aus vorgefertigten Holzelementen wurde mit geringen Baukosten im Garten eines Einfamilienhauses realisiert. „Wir haben uns auf das Thema ‚Bauen auf engem Grundstück‘ spezialisiert“, erläuterte Architektin Tauchmann. Der Tag der Architektur sei eine ideale Möglichkeit, vor Ort am gebauten Beispiel für diese Leistung zu werben. Mit großer Resonanz, über 200 Besucher wollten einen Blick in das kompakte Gebäude werfen und sich die Architektur erläutern lassen.512 Objekte in 177 Kommunen 

In insgesamt 177 Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens wehten am 25. und 26. Juni die blauen Fahnen mit dem Logo des „Tags der Architektur“ im Wind, genau 512 neue und erneuerte Gebäude und Objekte der Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung standen für Besucher offen - mehr als je zuvor. „Es ist gelungen, die Arbeit der Architektinnen und Architekten transparent zu machen“, zog Kammerpräsident Miksch ein erstes Fazit unter die Architektur-Aktionstage. „Die große Besucherresonanz zeigt, dass das Interesse an den Themen Wohnen, Architektur und an der Qualität unserer gebauten Umwelt insgesamt weiter steigt.“Unter dem Motto „Raum erleben!“ präsentierten Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner bundesweit neue Wohnhäuser, Bürobauten, öffentliche Gebäude, Wirtschaftsbauten, Freizeitstätten sowie Gärten und Plätze. Neue Formen des Zusammen-Wohnens

Auf große Resonanz trafen auch in diesem Jahr wieder private Wohnungen und Häuser. Architekt Jörg Wölling führte mit seinem Bauherrn Dietmar Bachorz mehr als 200 Gäste durch ein neues Wohnhaus in Schwerte. Wie Hermann Schatz, der als einer der ersten am Samstag Morgen das Licht durchflutete Haus betrat, zeigten sich viele Besucher überrascht über das Konzept des Neubaus, der ebenfalls auf einem Gartengrundstück als „Hinterhaus“ realisiert wurde - mit einer Wohnfläche von rund 150 qm.

Der Tag der Architektur bietet in Nordrhein-Westfalen aufgrund seiner großen Bandbreite einen guten Überblick über aktuelle Tendenzen im Baugeschehen. Bei den Wohnungsbauten fiel in diesem Jahr auf, dass zahlreiche Projekte auf neue Formen des nachbarschaftlichen Zusammenlebens abzielten.

So stellte in Dortmund eine Bauherrengemeinschaft von 21 Eigentümern ihren „Neubau eines gemeinschaftsorientierten Mehrfamilienhauses“ am Tremoniapark vor, das als generationsübergreifendes Wohnprojekt angelegt ist (Architekten Post + Welters). In Kleve öffneten die Eheleute van Beek ihr „Plusenergiehaus für drei Generationen“ (Architekten Theo Braam und Matthias Braam), in Münster stellte Architekt Thomas Serve eine Gruppe von Niedrigenergiehäusern vor, die im Stil einer Hofanlage konzipiert wurden. Neue Konzepte für alte Bauten 

„Man muss sich eben was einfallen lassen und fest daran glauben - dann klappt das auch!“ Nach diesem Motto hat der Unternehmer Franz Davids schon eine ganze Reihe großer Projekte gestemmt. In Geilenkirchen stellte Davids zusammen mit seinem Architekten Josef Viethen (Viethen + Viethen Architekten) die Sanierung und den Ausbau der historischen Wasserburg Trips vor. Innerhalb von zwölf Monaten Bauzeit wurde die Ruine in eine anspruchsvolle Seniorenresidenz umgewandelt. Mit großem Erfolg: Die Stadt hat eine Touristenattraktion gewonnen, der Denkmalschutz ist zufrieden, und die Heimplätze in der Residenz waren innerhalb kürzester Zeit belegt. Gärten im Trend

„Ein schöner Garten ist einfach ein großer Gewinn an Lebensqualität.“ Aus dieser Überlegung heraus hatte Familie Kreitz-Schmelzer vor einiger Zeit die Landschaftsarchitektin Susanne Maria Krawczak damit beauftragt, den Garten ihres Einfamilienhauses in Aachen neu zu planen. Das Ergebnis wollten am Tag der Architektur 190 Interessierte vor Ort erleben. „Für mich ist die Teilnahme am Tag der Architektur ein toller Image-Erfolg“, erläuterte Susanne Krawczak ihre Motivation zu der Präsentation.

Intensiv genutzt wurden auch die Architektur-Führungen durch Bürogebäude, Verwaltungsbauten und Gewerbeimmobilien. Vom Kap am Südkai in Köln (KSP Engel und Zimmermann Architekten) über das Bürogebäude „Spherion“ in Düsseldorf (Deilmann Koch Architekten) und die neue ADAC-Zentrale in Dortmund (stegepartner Architekten) bis hin bis zur neuen Volksbank in Unna (HPP Architekten) reichte die Bandbreite moderner Arbeitsstätten.Gemeinsame Aktionen

Auch in diesem Jahr taten sich vielerorts teilnehmende Büros zusammen, um gemeinsam für den Tag der Architektur zu werben. Von der Architektenparty in Mönchengladbach bis zum Fotowettbewerb der Hagener Architekten. Das größte Programm stellten Architekten in Warendorf auf die Beine: Das von Architekt Richard Pawlowski restaurierte „Theater am Wall“ wurde nicht nur am Tag der Architektur gezeigt, sondern auch eigens bespielt: Ausstellungen, Werkberichte, Schauspiel und Rockkonzert: Volles Programm zum Tag der Architektur!              

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