Vertreterversammlung: Starkes Signal für den Klimaschutz

Die Jahrestagung der neuen Vertreterversammlung versprach spannend zu werden: Mit 33 Anträgen zur Berufspolitik und zur Arbeit der AKNW lagen dem Architektenparlament am 6. November mehr Diskussionsthemen zur Entscheidung vor als jemals zuvor. „Das ist ein tolles Zeichen für eine lebendige Arbeit des höchsten Gremiums unserer Kammer“, eröffnete Kammerpräsident Ernst Uhing die Sitzung im CCD der Messe Düsseldorf. Im Fokus der Anträge und der berufspolitischen Debatte stand das große Themenfeld „Klimaschutz und nachhaltiges Planen und Bauen“. Die 69. Vertreterversammlung der AKNW beschloss die Einrichtung einer fachrichtungsübergreifenden Arbeitsgruppe, die das Themenfeld systematisch entwickeln und operationalisieren soll. „Das ist ein starkes Signal, das wir damit in den Berufsstand und in den politischen Raum senden“, war sich die VVS einig.

06. November 2021von Christof Rose

In seinem Bericht an die Vertreterversammlung legte Präsident Ernst Uhing einen Schwerpunkt auf die Frage des Klimaschutzes und der notwendigen Reaktionen des Berufsstandes auf diese Herausforderung. „Die Hochwasserkatastrophe vom Juli hat uns drastisch vor Augen geführt, dass die Folgen des Klimawandels auch für uns in Europa ganz konkrete Auswirkungen haben. Es muss uns klar sein: Der Umgang mit den klimatischen Veränderungen wird die zentrale Aufgabe der kommenden Jahrzehnte für unseren Berufsstand sein!“

Ernst Uhing verwies darauf, dass der Vorstand sich in einer Klausurtagung Anfang September intensiv mit dieser Fragestellung befasst habe. Neben den Themenfeldern Baukultur, Digitalisierung und Nachwuchs habe der Vorstand in einer „Roadmap“ für die kommenden fünf Jahre die Klimafolgen zu einem zentralen Aktionsfeld der AKNW gemacht.

Gastvortrag BAK-Präsidentin

„Es geht nicht mehr nur darum, wie wir Menschen zusammenleben, sondern zentral um die Frage, wie wir alle mit der Natur und auf diesem Planeten leben“, unterstrich auch die neue Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Andrea Gebhard. In einem Gastvortrag erklärte sie, der Bausektor sei dringlich gefordert: „Wer, wenn nicht wir als Berufsstand, kann Zukunftsszenarien entwickeln“, fragte Gebhard. „Wir müssen uns noch aktiver in die politische Debatte einbringen“, appellierte Andrea Gebhard an den Berufsstand. Die Vielzahl der Anträge der 69. VVS, die sich auf die Umweltproblematik bezögen, seien ein überzeugender Ausdruck für das Engagement der NRW-Architektenschaft in dieser Frage. „Wir sind eine Gruppe, die einen Schlüssel in der Hand hat für die Zukunft unserer Welt“, erklärte Bundeskammerpräsidentin Gebhard.
Die BAK-Präsidentin befasste sich auch mit der Entwicklung des Berufsbildes. „Unser Beruf steht in stetiger Weiterentwicklung, was die Aufgaben angeht, aber auch die notwendige Fortbildung. Hier ist NRW mit einer klaren Fortbildungspflicht bundesweit ein Vorbild.“ Auch die anstehende Einführung des „Junior-Architekten“ sei ein wichtiger Fortschritt, um die nächste Generation in die Kammerarbeit einbinden zu können.

Baukammerngesetz wird neue Möglichkeiten bieten

In seinem Bericht ging Kammerpräsident Ernst Uhing auf verschiedene weitere zentrale Themenfelder ein. Zu den Erfolgen der Kammerarbeit gehöre das neue Baukammerngesetz, das in Kürze durch den Landtag verabschiedet werden soll. Es werde der Kammer ermöglichen, künftig schon „Junior-Architekt*innen“ aufzunehmen sowie „Register“ zur Herausstellung besonderer Qualifikationen der Kammermitglieder einzurichten. „Das ist eine hervorragende Weiterentwicklung für uns als Kammer und für den Berufsstand“, urteilte Präsident Uhing.

Politische Forderungen

Aus aktuellem Anlass nahm Präsident Uhing auch Bezug auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin. Im Verbund der Bundesarchitektenkammer seien Forderungen und Textbausteine erarbeitet worden, die in die Beratungen der Koalitionsgruppen eingespeist worden seien: zur Nachhaltigkeit, zum Erhalt der Honorarordnung, zur Förderung der Sanierung des Gebäudebestandes und zur Bildung eines eigenständigen Bauministeriums. „Das sind Positionen, die wir auch in den Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen einspeisen werden“, kündigte Ernst Uhing an. Hier seien ergänzend zu nennen: ein starkes Bau- und Klimaschutzministerium für NRW, eine zukunftsfähige Bodenpolitik, das Prinzip „Dreifache Innenentwicklung“, die Wiedereinführung einer „Kunst-und-Bau“-Quote sowie ein zweiter Hochschulstandort für Landschaftsarchitektur. „Wir werden diese und weitere Forderungen zu Jahresbeginn in einer breiten Kommunikationskampagne öffentlich platzieren“, kündigte Kammerpräsident Uhing an.

Digitalisierung der Arbeit

Die Architektenkammer hat im Verlauf der Corona-Pandemie ihre Öffentlichkeitsarbeit strukturell weiterentwickelt. Alle Veranstaltungen liefen digital oder teilweise auch hybrid. „Wir haben damit unsere Reichweite deutlich erweitert mit Zahlen bis über 1000 Teilnehmende“, berichtete Ernst Uhing unter dem Applaus der Delegierten.
Auch die Akademie der Architektenkammer NRW habe mit einer konsequenten Umstellung auf Online-Seminare in der Pandemie eine Ausweitung des Seminarangebots und der Teilnehmerzahlen erreichen können. „Das ist ein enormer Erfolg, der dem Team von Geschäftsführer Klaus-Dieter Grothe zu verdanken ist“, unterstrich Kammerpräsident Uhing.

Klimaschutz und „Umbauordnung“

In Mittelpunkt der insgesamt 33 Anträge zur Berufspolitik und zur Kammerarbeit stand das Thema „Klimaschutz“. Mit großer Mehrheit beschloss das Architektenparlament, dass die AKNW sich dafür einsetzen wird, dass alle Normen und Regelungen des Planungs- und Bausektors künftig auf ihre Klimarelevanz hin evaluiert werden und dass Wege aufzeigt werden, wie klimaschädliche Effekte von unnötig hohen Standards vermieden oder abgebaut werden können.

Die Vertreterversammlung der AKNW fordert die Einführung einer „Umbauordnung“ mit welcher der bauordnungsrechtliche Rahmen für den Erhalt von Gebäudesubstanz ausgedehnt werden soll mit dem Ziel, dass dem Bestandserhalt gegenüber Abriss und Ersatzneubau der Vorzug gegeben wird. Auch soll künftig bei Preisen und Auszeichnungsverfahren für Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung das Kriterium der Nachhaltigkeit zwingend als wesentliches Preiskriterium gewertet werden.

Die Architektenkammer soll sich dafür einsetzen, dass die in der Vergabeverordnung vorgeschriebene Prüfungspflicht, ob ein Verfahren zur Durchführung eines geregelten Wettbewerbs geeignet ist, in der Vergabeakte künftig öffentlich nachvollziehbar dokumentiert wird.

Mit großer Mehrheit verabschiedet wurde ein Vorstoß zur Beschleunigung von Bauanträgen. Gleich zwei Anträge befassten sich mit dem „Gender Pay Gap“; die Vertreterversammlung beschloss, dass die AKNW darauf hinwirken soll, dass die Problematik Arbeitgebern stärker verdeutlicht werden soll und ggf. unterstützende Maßnahmen entwickelt, etwa in Form eines Leitfadens sowie eines begleitenden Monitorings. Auch diese Anträge wurden einstimmig unterstützt.

Einen deutlichen Appell richtete das Architektenparlament an das NRW-Bauministerium, kurzfristig die für den Berufsstand notwendigen Arbeitsgrundlagen in Form der untergesetzlichen Regelungen zur Bauordnung NRW zu veröffentlichen. „Es ist unsäglich, dass diese Unterlagen und Formulare immer noch fehlen“, unterstrich Präsident Uhing den von mehreren Verbänden und Listen eingebrachten Antrag, der einstimmig verabschiedet wurde.

Versorgungswerk bleibt auch in Pandemiezeiten stark

Der Vorsitzende des Aufsichtsausschusses des Versorgungswerks der AKNW, Wolfgang Zimmer, bezeichnete im Rückblick 2020 als „bemerkenswertes Jahr“. Die Verbreitung des Corona-Virus habe die Kapitalmärkte erheblich beeinflusst, wovon auch das Versorgungswerk mit seinen vielfältigen Kapitalanlagen betroffen gewesen sei. „Die resultierenden Verluste konnten durch schnelles Handeln der Verantwortlichen begrenzt werden“, unterstrich Wolfgang Zimmer. Vorübergehend entstandene Verluste seien im Jahresverlauf 2020 aufgeholt worden, sodass er sagen könne: „Die Corona-Folgen haben bislang keine wesentlichen Auswirkungen auf die Lage des Versorgungswerks.“

Im Schnitt konnte das Versorgungswerk monatlich 90 neue Mitglieder aufnehmen. Die Zahl der aktiven Zahler ist dagegen allerdings leicht rückläufig, was an der vergleichsweise hohen Zahl von Renteneintritten liegt. Das Vermögen des Versorgungswerks der Architektenkammer NRW lag Ende 2020 bei 11,8 Milliarden Euro, rund 600 Millionen Euro höher als ein Jahr zuvor. Mit diesem Vermögen konnten rund 403 Millionen Euro erwirtschaftet werden. „Der Grundsatz der Sicherheit hat weiterhin die höchste Priorität bei allen Anlageentscheidungen“, hob der Vorsitzende des Aufsichtsausschusses hervor.

„Erreichung des Rechnungszinses, starker Vermögenszuwachs, solide Finanzen – und wieder mehr Spielraum für die Zukunft“, lautete die Zusammenfassung von Wolfgang Zimmer für das Wirtschaftsjahr 2020 des Versorgungswerks. Die Aussichten für das Jahr 2021 seien insgesamt positiv, vor allem, weil die Aktienmärkte deutlich besser liefen. „Ich bin sicher, dass es uns weiter gelingen wird, das System des Versorgungswerks für unsere inzwischen über 60.000 Mitglieder zu stärken. Indiz hierfür sind u. a. die – wenn auch moderaten – Leistungsverbesserungen für Anwärter und Versorgungsempfänger, die von den Delegierten der VVS beschlossen worden sind.“

Dank an Eintragungsausschussvorsitzenden Wirtz

„43 Jahre Eintragungsausschuss – das ist die überaus beeindruckende Zahl, wenn es um das Wirken von Rechtsanwalt Bernd Wirtz für die Architektinnen und Architekten in diesem Land geht“, würdigte Kammerpräsident Ernst Uhing die jahrzehntelange Arbeit des Düsseldorfer Rechtsanwalts als Vorsitzender des Eintragungsausschusses der AKNW. Bernd Wirtz habe dabei streng, aber immer wohlwollend die Anträge auf Eintragung der Nachwuchsarchitekt*innen und –planer*innen geprüft. „Dank an Mister Eintragung“, rief Ernst Uhing unter dem Applaus des NRW-Architektenparlaments.

Als neuer Vorsitzender des Eintragungsausschusses wurde Rechtsanwalt Dietmar Denkler gewählt, neuer stellvertretender Vorsitzender ist Rechtsanwalt Holger Van Vlodrop.

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