Arbeitsauftrag: Klimaschutz

Die Bonner Architektin Monika Hallstein hat Anfang Mai 2022 die Leitung des neuen Programmbüros „Klimaneutrales Bonn 2035“ im Dezernat der Oberbürgermeisterin übernommen. Die 54-jährige Architektin und Städtebau-Expertin ist damit die zentrale Ansprechpartnerin zum Thema Klimaschutz bei der Stadt. Zuvor war Monika Hallstein technische Beigeordnete der Stadt Erftstadt.

02. August 2022von Christof Rose

Mit welcher Motivation haben Sie die Stelle „Klimaneutrales Bonn 2035“ angetreten?

Die Unwetterkatastrophe im Sommer 2021 hat mich geprägt: Die Auswirkungen des Hochwassers in Erftstadt haben mir eindringlich vor Augen geführt: Wir haben nicht mehr viel Zeit! Wir müssen jetzt handeln, um unsere Lebensgrundlage nachhaltig zu sichern. Mit diesem Thema wollte ich mich als Architektin intensiver auseinandersetzen und die Gestaltung des Transformationsprozesses hin zur Klimaneutralität mit meiner Erfahrung aus Planung und technischer Umsetzung voranbringen.

Gibt es in den Kommunen für das Thema „Klimaschutz“ bereits eine Infrastruktur?

Viele Kommunen sind auf dem Weg, Klimaschutz ist das ganz zentrale Thema. Wir sind auch informell vernetzt, zum Beispiel über das „Klima-Bündnis“. In einigen Städten, etwa Köln, wurden neue Dezernate für Klimaschutz eingerichtet. Bei uns in Bonn ist das anders. Hier leite ich im Dezernat der Oberbürgermeisterin das Programmbüro mit dem Ziel der Konzeption und strategischen Steuerung des Klimaschutzes. Meine Aufgabe besteht darin, Projekte zu konzipieren und über ein Multiprojektmanagement die Zielerreichung zu steuern: Um das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 zu erreichen, müssen wir in allen Dezernaten und Konzerntöchtern der Stadt eine Vielzahl an Projekten umsetzen.

Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?

Bonn hat beschlossen, bis 2035 klimaneutral zu werden; das ist sehr ambitioniert. Wir erarbeiten gegenwärtig den „Bonner Klimaplan“ mit externer Unterstützung. Dieser Plan wird verschiedene Handlungsfelder identifizieren: Governance, Gesellschaft, Wirtschaft sowie Energie, Wohnen und Verkehr. Kompensation spielt eine untergeordnete Rolle. In der ersten Stufe des Klimaplans werden konkrete Projekte festgeschrieben, die bis 2025 angestoßen sein sollen; die zweite Stufe blickt bis 2035.

Wer wird die stärksten Lasten tragen müssen, um voranzukommen?

Wir gehen davon aus, dass die Stadt und ihre Konzerntöchter etwa 40 Prozent der gesamtstädtischen Treibhausgasreduzierung leisten müssen. Unsere wesentlichen kommunalen Schwerpunktsektoren liegen in der Architektur, zum Beispiel im Wohnungsbau (Vebowag), und dem Bestand des Städtischen Gebäudemanagements Bonn sowie im Bereich Verkehr und Energie (Stadtwerke).

Welche konkreten Projekte sehen Sie vor?

Wir wollen es vermeiden, Klimaneutralität durch rechnerische Kompensationen zu erreichen - sondern Treibhausneutralität durch echte Energievermeidung und Einsparung schaffen. Der Klimaplan wird in naher Zukunft hier die Projektvorschläge unterbreiten, die wir dem Rat zur Beschlussfassung vorlegen. Bereits beschlossen hat unser Rat, dass künftig alle baulichen Maßnahmen an städtischen
Gebäuden im KfW40-Standard erfolgen sollen; außerdem wurde eine Photovoltaik (PV)-Pflicht für größere Maßnahmen eingeführt. Wir wissen: In Bonn könnte mindestens die Hälfte des gesamten Strombedarfs über PV auf bestehenden Dächern gedeckt werden. Das ist ein großes Ziel, und die Stadt stellt hierfür Fördermittel bereit.

Wichtig ist der Blick aufs Quartier?

Unsere Bonner Energieagentur e.V. berät seit zehn Jahren private Eigentümerinnen und
Eigentümer. Wir haben dort inzwischen über 9.000 Beratungen zur energetischen Optimierung durchgeführt, und die Nachfrage ist aktuell größer denn je. Daher wollen wir die Beratung auf Quartiere ausweiten. PV auf dem Dach ist ein wichtiger Baustein, aber ebenso die Dämmung der Hülle. Die beste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen.  

Wie sehen Sie gestalterische Fragen bei Dämmung und Photovoltaik?

Als Architektin schlagen da zwei Herzen in meiner Brust. Die Klimaziele sind ambitioniert und sollen möglichst schnell erreicht werden. Das Erscheinungsbild von Straßenzügen wird sich durch PV und Dämmung verändern. Dabei müssen die Belange von Nachhaltigkeit und Gestaltung gegeneinander abgewogen werden. Hier sehe ich eine der ganz zentralen Zukunftsaufgaben unseres Berufsstands. Das Klimaschutzmanagement in den Rathäusern sollte unbedingt auch von Architektinnen und Architekten wahrgenommen werden.

Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Einbeziehung der Bürger*innen?

Diese ist grundlegend, denn zur Klimaneutralität ist die Mitwirkung der Zivilgesellschaft unerlässlich. Der Rat hat das Beteiligungsformat „Bonn4Future“ beschlossen, hier werden Maßnahmen und Vorschläge für einen eigenen Klimaplan der Bürgerinnen und Bürger entwickelt. Es geht nur gemeinsam.   

 

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