Serie: „Junge Architektinnen und Architekten in NRW“

Architektur als Katalysator gesellschaftlicher Prozesse

Die Architektengruppe „rheinflügel baukunst“ und der Architekt Mark Mückenheim, beide in Düsseldorf ansässig, haben im Herbst 2005 den mit 5.000 € dotierten „Förderpreis des Landes NRW für Künstlerinnen und Künstler“ im Fach Architektur, Innenarchitektur, Gartenarchitektur, Städtebau und Design erhalten.

03. Februar 2006von Frank Maier-Solgk

Herr Mückenheim, Sie haben in New York und London Architektur studiert und lehren jetzt als Wissenschaftlicher Assistent an der RWTH Aachen. Was unterscheidet die Ausbildung bei uns und in den USA?

MM: In den USA ist das Architekturstudium wesentlich freier ausgerichtet. Der Schwerpunkt liegt auf dem Ausbilden der individuellen Kreativität des Entwerfers. Gebaut wird in den USA überwiegend von Bauträgern; der Architekt ist dort eher der Entwerfer. Ein fundiertes Ingenieurswissen, wie man es in Deutschland im Studium erwirbt, wird in den USA hoch geschätzt. Entsprechend gut ist der Ruf, den das Diplom und deutsche Architekten in den USA genießen.  

Sie haben bisher in Deutschland kaum bauen können. Den NRW-Förderpreis haben Sie offenbar für Ihre eher gesellschaftspolitisch orientierten Entwürfe erhalten. Liegt hier ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit? 

MM: Eindeutig ja. Gesellschaftliche Phänomene und ihre baulichen Lösungen sind mir sehr wichtig. Ich denke, Architektur wird in Deutschland viel zu sehr als Dienstleistung gesehen. Für die meisten Menschen hier ist das, was Architekten tun, in erster Linie die Abwicklung von Bautätigkeit, etwa in Neubausiedlungen. Wir müssten viel deutlicher machen, dass wir Architekten auch eine Kulturleistung erbringen.

Ein Beispiel?

MM: Mit meinem Büro urban environments architekten habe ich einige freie Entwürfe angefertigt, die gesellschaftspolitisch ausgerichtet sind. Ein Projekt namens „mti - mobile tourist interface“ hat sich zum Beispiel auf Teneriffa mit der zunehmenden Zersiedelung der Insel aufgrund des Tourismus befasst. In unserem Entwurf haben wir ein konzeptionelles Gegenmodell entwickelt, welches von der dortigen Stadtplanungskommission kontrovers diskutiert wurde. Mich interessiert es, solche Diskussionen anzuregen. Die freien Arbeiten beeinflussen so auch unsere Entwürfe für reale Gebäude.

Welche Rolle spielt der Computer bei Ihrer Arbeit? In der Begründung der „Förderpreis“-Jury wurde dieser Punkt als bemerkenswert angeführt.

MM: Der Computer ist für mich persönlich nur ein Werkzeug neben dem Stift und dem Modell. Ich nutze ihn gerne - wie andere Vertreter meiner Generation, zur Visualisierung der Entwürfe. In einigen unserer Projekte haben wir durch Computer generierte Modulierung und Verfremdung der Entwurfsparameter weiterführende Lösungen für die jeweilige Aufgabe entwickelt - so wird der Rechner dann tatsächlich zu einem Entwurfswerkzeug.Rheinflügel baukunst... 

...hat sich vor allem auf dem Feld kultureller Nutzungen in der kunstnahen Szene bereits einen Namen gemacht. Die Arbeit der Gruppe, die aus sechs ehemaligen Düsseldorfer Akademieschülern besteht, hat u. a. vor drei Jahren den 1967 im Stil des Betonbrutalismus entworfenen Monolithen der Düsseldorfer Kunsthalle im Inneren modernisiert, einschließlich der Künstlerbar „Salon des Amateurs“ im Erdgeschoss. Das Architektenteam hatten dem Bau durch ein lichtes, gut gegliedertes Foyer, einen eleganten Treppenaufgang, großzügig dimensionierte Ausstellungssäle, einen glatten mineralischen Estrich (der den muffigen Teppichboden ersetzte) und eine pointierte Sequenz von Neonröhren eine entschiedene Auffrischung verliehen. Die Mitglieder von Rheinflügel hatten sich 1999 in der Klasse Laurids Ortner zusammen gefunden. Seitdem haben sie ein Programm verfolgt, das mit den Schwerpunkten öffentlicher Raum sowie Modernisierung und Umbau im kulturellen Bereich den Weg zu einem aussichtsreichen beruflichen Feld zu eröffnen scheint.

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