Aus der Serie "Architekten in ungewöhnlichen Berufsfeldern": Bewusstsein für Baukultur und Architektur

Ursula Thielemann ist als Architektin in vielen Feldern unterwegs: Sie ist an der Hochschule Bochum die Kontaktstelle zwischen Schule und Hochschule, fördert den MINT-Nachwuchs in Schulen durch eigene Workshops, leitet Arbeitsgruppen für Kunst und Kultur, hat in Recklinghausen die "Freie Akademie Kunst und Architektur" für Kinder und Erwachsene eröffnet und ist mit ihren Angeboten in dem Bildungsnetzwerk IST.Bochum.NRW und MINTREGIO Marl vertreten. Außerdem fungiert die 58-Jährige seit 2012 als Schulberaterin der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Vor einiger Zeit hat Ursula Thielemann ihr eigenes kleines Unternehmen "AKM - Architektur Kunst & Media Management" gegründet. Für das Unternehmenskonzept wurde sie vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW mit dem Unternehmerinnenbrief 2014 ausgezeichnet.

26. Juli 2016von Sabine Neumann

Die gebürtige Bochumerin studierte von 1976 bis 1981 an der Gesamthochschule Wuppertal Architektur und Innenarchitektur. Danach arbeitete sie als Innenarchitektin für verschiedene Auftraggeber, in der Denkmalpflege und als Online-Marketing-Managerin. 2011 absolvierte Ursula Thielemann den Masterstudiengang "Architektur Media Management" an der Hochschule Bochum, der in NRW einzigartig ist. "Nach meiner Arbeit im Marketing wollte ich einfach gerne mehr Architekturvermittlung betreiben", erläutert sie rückblickend. "Als Freiberuflerin konnte ich mir durchaus vorstellen, nach Studienende Architektur und Baukultur im Bildungsbereich an Kinder und Erwachsene zu vermitteln."

Damit entdeckte sie für sich eine Marktlücke. Neben ihrem Architekturkommunikationsbüro in Recklinghausen hat sie noch an der Hochschule Bochum einen Platz. Für Schulklassen organisiert sie TECLab Schülerlabore und führt diese im Bereich Architektur auch selbst durch. Die engagierte Fachfrau kümmert sich sehr gerne um den schulischen und studentischen Nachwuchs: "Kinder und Jugendliche sollen frühzeitig ihre schlummernden Fähigkeiten und Neigungen entdecken und nicht später feststellen, dass sie das falsche Studienfach gewählt haben. Denn in der Schule lernen sie leider kaum etwas über die Architektur", meint Ursula Thielemann. Architektur müsse man sehen, fühlen und verstehen - und zwar im Zusammenhang mit Kunst, Naturwissenschaft und Technik. In Österreich und Bayern stehe die Architekturvermittlung auf dem Lehrplan; in NRW leider nicht. "Hier klafft eine große Bildungslücke", bedauert die Bochumer Architektin.

Ursula Thielemann eröffnete im Frühjahr 2016 in Recklinghausen ihre Architektur und Kunstakademie. Dort veranstaltet sie montags und dienstags freie Workshops für Interessierte. Im Angebot hat sie aktuelle Themen wie "Wärmedämmung mit Styropor und die daraus entstehenden Bauschäden" und "Wohnpsychologie". "Ich sehe meine Hauptaufgabe in der Förderung der Architektur-Wahrnehmung einer breiten Öffentlichkeit", sagt die Architektin. Das will sie u. a. durch Architektur- und Kunst-Workshops, Exkursionen, Vorträge von externen Referenten und Aus­stellungen mit verschiedenen Aktionsschwerpunkten erreichen. Kinder und Jugendliche erforschen bei ihr als „Stadtteildetektive“ ihre Umgebung, um dann zu speziellen Architekturthemen Modelle zu bauen und damit die Sprache der Architekten zu erlernen. "Man muss eine Stadt sehen und für sich entdecken. Dazu gehören das bewusste Wahrnehmen der gebauten Umwelt, das räumliche Denken und das Wissen im Konstruktion, Farbe, Form und Raum. Mein Motto lautet: Entdecke deine Stadt!"

Ursula Thielemann unterstützt auch das zdi Netzwerk "Zukunft durch Innovation" und hilft hier mit, den MINT-Nachwuchs zu fördern. "Ich finde es stets spannend, Schülerinnen und Schülern den Architekturberuf näher zu bringen", sagt sie. Diese Gelegenheit hatte sie auch beim Bochumer Ingenieurforum (BO.Ing.). Hier gab sie den interessierten Jugendlichen eine Anleitung zum Bau geodätischer Kuppeln: Aus einfachem Zeitungspapier in Kombination mit angeordneten Dreiecksformen entstanden tragfähige Gebilde. So konnten aktive Lernerfahrungen gemacht werden. Die Schülerinnen und Schüler erkundeten ihre Fähigkeiten des räumlichen Denkens und ihre kognitive Wahrnehmung. Beides wurde dann auch konstruktiv umgesetzt. Zusätzlich informierte Ursula Thielemann auch über die Ausbildungs- und Studiengänge sowie die dazu passenden Berufsfelder - und natürlich auch über das Berufsbild der Architektinnen und Architekten. Das kam sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Lehrerinnen und Lehrern sehr gut an.

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