Neue Filmreihe im März: Bêka & Lemoine - Film demokratisiert Architektur

Einen einzigartigen, etwas schrägen Blick auf die Darstellung von Architektur im Medium Film zeigt die 32. Ausgabe der Reihe „Architektur und Film“ der Architektenkammer NRW und des Filmmuseums der Landeshauptstadt Düsseldorf: Das wohl berühmteste Duo der internationalen Architektur- und Filmszene - der Italiener Ila Bêka und die Französin Louise Lemoine - haben in den letzten fünfzehn Jahren über zwanzig Filme gedreht und produziert, die allesamt ein andere Perspektive einnehmen, als wir es sonst gewohnt sind.

09. Februar 2023von Nicole Ehnes

Bêka und Lemoine distanzieren sich in ihren außergewöhnlichen Dokumentarfilmen zur Architektur vehement von der oft stillen oder auch der spektakulären Art, Architektur auf der Leinwand sichtbar zu machen. Vielmehr plädieren sie für die Darstellung einer bewohnten Architektur und fokussieren sich deswegen auf die Körper im Raum. Sie betrachten den gelebten Alltag in den Gebäuden. Auf diese Weise dekonstruieren ihre Filme den Typus des Meisters, der hier so gut wie nie zu Wort kommt oder zu sehen ist.

Für Bêka und Lemoine scheint der künstlerische Anspruch wichtiger zu sein als der dokumentarische Ansatz. Entsprechend werden ihre Filme sowohl im musealen als auch im Kinokontext gezeigt. - Die Reihe wurde von der Kunstvermittlerin Océane Gonnet kuratiert.

Die Filmreihe präsentiert folgende Filme des Duos:

•    „Butohouse“ (J 2019, 33 min, engl. ZT; Deutschlandpremiere):

Architektur als Solo-Improvisationstanz: Das könnte die Definition der Herangehensweise von Keisuke Oka zu seinem Bau Arimaston sein, den er im Herzen Tokios, über die letzten fünfzehn Jahre, Stück für Stück errichtet hat. Eine skurrile, zum Teil unterirdische Betongrotte, deren abstrakte und eckige Form gen Himmel ragt und sich dem Außen an vielen kleinen Stellen öffnet.
Im Anschluss: „Moriyama-San“ (F 2017, 63 min, englisch und japanisch, OmeU): Das Moriyama Haus im Zentrum Tokios ist ein Meisterwerk der japanischen Architektur, das der berühmte zeitgenössische Architekt Ryue Nishizawa 2005 für den kunst-, musik- und architekturbegeisterten Herrn Moriyama konzipierte. Bêka und Lemoine sind eine Woche bei ihm zu Gast, filmen ihn aus verschiedenen Perspektiven beim Waschen, Lesen, Meditieren.


•    „The infinite Happiness“ (F·DK 2017, 85 min, englisch und schwedisch, OmeU):

Kann Architektur sowas wie kollektives Glück schaffen? Bêka und Lemoine beobachten, inwiefern das ambitionierte „8 House“ seine Auszeichnung als „bestes Wohnensemble der Welt“ verdient. Sie sind 21 Tage vor Ort und versuchen, wie bei einem Legospiel, die vernetzen Lebenserfahrungen der Bewohner*innen in Bezug auf die Architektur zu erzählen.


•    „Barbicania“ (F·GB 2014, 90 min, englisch, OmeU):

Das Londoner Barbicon Centre & Estate ist im Inneren extravagant, farbenfroh, vielfältig – und von außen ein kaltes, dunkles und massives Betonschloss, das beispielhaft für den britischen Brutalismus steht. Hier beginnen Bêka und Lemoine ihre Erkundungen. Es wird über den Ort und seine soziale Struktur gesprochen, bevor er überhaupt selbst zu sehen ist. Das Duo kommt hinter der Kamera ins Gespräch mit den Bewohner*innen des Gebäudes oder mit Mitarbeiter*innen des Kulturzentrums, wodurch ein vielstimmiges Portrait des Baus entsteht.


•    „Spiriti“ (I 2015, italienisch, OmeU; Deutschlandpremiere):

Die Doppeldeutigkeit des italienischen Wortes „Spirito“ – Alkohol und Geist – funktioniert hier wunderbar. Bêka & Lemoine „zeigen“ die alten Geister der Milanen-Destillerie, wo die Fondazione Prada von Rem Koolhaas und seinem Büro OMA ihren musealen Komplex bauen ließ. In 15 kurzen Tableaus nutzt das Duo die Chance, den Bau zu filmen. Die Filmemacher lassen sich sehr viel Zeit, um auf die Hände der Bauar-beiter*innen zu schauen, über die Materialität der Wände zu schwenken oder mit dem ehemaligen Besitzer eines der Häuser zu sprechen.
•    Im Anschluss „Koolhaas Houselife“ (F 2008, 58 min, OmeU): Ein Haus zu porträtieren, ohne es wirklich zu zeigen. Maison à Bordeaux ist ein Privathaus, das von einer Familie bei Rem Koolhaas in Auftrag gegeben und 1998 fertiggestellt wurde. Bêka und Lemoine lassen diejenige berichten, die den Ort am besten kennt: die Putzfrau Guadelupe Acedo, die mit einem ehrlich-naiven Blick hemmungslos, aber mit Humor die moderne, beeindruckende Architektur und ihre technischen Probleme analysiert.

Kinos und Termine:

•    Düsseldorf, Black Box: 01.03., 08.03., 15.03. und 22.03.2023 (20.00 Uhr);
•    Dortmund, sweetSixteen: 14.03., 21.03., 04.04. und 11.04.2023 (19.30 Uhr)
•    Münster, Cinema: 02.04., 16.04., 23.04. und 30.04.2023 (17.15 Uhr);
•    Bielefeld, Lichtwerk: 14.03.2023 (20.00 Uhr), 19.03. (13.00 Uhr), 21.03.2023 (20.00 Uhr) und 26.03.2023 (13.00 Uhr).

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