Gespräch mit einer Architektin, die ihren Schwerpunkt in der Projektentwicklerin setzt

Berufswege: Architektin, die als Projektentwicklerin tätig ist

Das Berufsbild der Architektinnen und Architekten befindet sich in einem strukturellen Wandel. Neben den klassischen Aufgaben im Leistungsspektrum der HOAI gewinnen neue Tätigkeitsfelder an Bedeutung, die von der Architektenschaft aktiv erschlossen werden müssen. Die Architektin Antje Wimmer hat sich auf Projektentwicklung spezialisiert.

07. Dezember 2004von Till Wöhler

Das Berufsbild der Architektinnen und Architekten befindet sich in einem strukturellen Wandel. Neben den klassischen Aufgaben im Leistungsspektrum der HOAI gewinnen neue Tätigkeitsfelder an Bedeutung, die von der Architektenschaft aktiv erschlossen werden müssen. In unserer Reihe „NRW-Architekten in ungewöhnlichen Berufsfeldern“ stellen wir die Architektin Antje Wimmer vor, die sich auf Projektentwicklung spezialisiert hat. Frau Wimmer, Sie haben Architektur studiert und arbeiten heute auch als Projektentwicklerin. Wie sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen?

Meine Entwicklung ist ziemlich klassisch: Getragen von hohen idealistischen Zielen mit großem ästhetischem Anspruch habe ich mich leidenschaftlich und voller Naivität durchs Studium geträumt und bin in der „Vor-Wende“-Rezession 1987 ins Berufsleben gestolpert. Aus privaten Gründen regional gebunden, haben mich die scheinbaren Realitätszwänge eines durchschnittlich qualitätvollen, mittelständischen und regional tätigen Architekturbüros mit Arbeitsschwerpunkt im gewerblichen Bauen mit Kosten-/Nutzenanalysen, Flächen- und Bauzeitoptimierung dann kalt erwischt. Erst nach dem Studium habe ich erkannt, welche Bedeutung die als „Nebenfächer“ gelehrten Bereiche Baurecht und Baubetriebslehre in der Arbeitswelt haben. Also habe ich mich erneut ans Lernen gemacht, da ich erkennen musste, dass man seinen Anspruch an Architektur nur erfüllen kann, wenn es gelingt, die am Prozess beteiligten Entscheidungsträger von der Gesamtleistung zu überzeugen.

Welche Voraussetzungen benötigt ein Architekt für die Projektentwicklung?

Man benötigt neben einem überzeugenden Auftreten strategisches Denken, die Fähigkeit, Fakten zusammen zu tragen und zu analysieren. Als gute Strategie hat sich erwiesen, in die Position des Auftraggebers und Investors zu schlüpfen und dessen Ziele und Interessen zu verstehen und zu formulieren. Dies war für mich der erste Schritt in Richtung Projektentwicklung.

Trägt Ihre Arbeit lediglich dazu bei, Projekte für Investoren attraktiver zu machen, oder gibt es noch weitere Vorteile? Bauen Sie quasi einen wirtschaftlichen Gesamtrahmen?

Ich verstehe Projektentwicklung als Arbeitsakquisition, also Schaffung von Eigenkonjunktur; Produkte am Markt bereits entwickelt anzubieten, deren Bedarf oder Möglichkeiten bisher niemand erkannt hat über beispielsweise die Zusammenführung von Mietinteressenten, Grundstückseigentümern und Investoren. Hierzu sind eine genaue Kenntnis des Marktes und ein weit verzweigtes Kontaktnetz erforderlich. Bedarfs- und Gesamtkostenanalysen mit ersten Renditeberechnungen runden das Leistungsbild ab.

Welches Risiko tragen Sie bei Projektentwicklungen?

Ähnlich wie bei freien Wettbewerben erfolgt die Honorierung der Projektentwicklung üblicherweise erst im Erfolgsfall, d. h. bei Realisierung des Projekts über den sich daraus ableitenden Architektenvertrag gemäß HOAI bzw. darüber hinaus wie bei einem Projektsteuerungsvertrag in freier Vereinbarung.

Besteht nicht die Gefahr, dass eine Beurteilung der Architektur als Renditeobjekt zu Lasten städtebaulicher und architektonischer Gestaltqualitäten geht?

Projektentwicklung zu betreiben bedeutet, Investoren verstehen lernen und nicht mehr wie die Maus den Bussard als natürlichen Feind des Architekten mit dem alleinigen Ziel der Renditeoptimierung zu sehen. Nur wer die Zwänge und Abhängigkeiten eines Bauherrn oder Investors kennt und versteht, kann auch darauf einwirken, der allgemein grassierenden „Geiz-ist-Geil-Mentalität“ entgegen zu steuern und Vertrauen zu schaffen für eine qualitätvolle Architektur. Gerade hier liegt mein Ansatz in der Projektentwicklung, denn in der eigenen Projektentwicklung liegen Chancen für kreative Lösungsansätze, da das Vorgabenkorsett noch nicht geschnürt wurde.

Was sind Ihre Wünsche in Bezug auf die Zukunft Ihres Arbeitsfeldes Projektentwicklung?

Ich möchte Projektentwicklung verbinden mit dem Anspruch an die Qualität unserer Produkte, an eine hohe und teamfähige Professionalität in der Bearbeitung und eine Verbesserung in der Kommunikation zum Auftraggeber. 

Zur Person:
Antje Wimmer, Dipl. Ing. Architektin, geb. 1960, Studium Architektur (FH Düsseldorf und Canterbury College of Art). Tätigkeit im Architekturbüro Düster und von Büttner in Duisburg/Leipzig 1986- 1997. Bürogründung Architekturbüro Wimmer and friends, Duisburg 1998. Bürogründung WFM.BAU.PROJEKT. GmbH, Duisburg 1998 

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