Bruno Lambart (1924 - 2014): Bauen als Kulturbeitrag
Bruno Lambart hat Bauen immer als entscheidenden Kulturbeitrag verstanden und sich mit seiner Architektur in den Dienst von Nutzern und Bauherren gestellt. Nun verstarb der Ratinger Architekt im Alter von 90 Jahren. - In unserer „Retrospektive“ blicken wir auf einen Architekten der ersten Nachkriegsgeneration.
Geboren 1924 in Düsseldorf zählt Bruno Lambart zur ersten Architektengeneration der Nachkriegszeit. Nachdem er alle Widrigkeiten des Nationalsozialismus während seiner Schulzeit durchlebt hatte, entschloss er sich nach den Kriegsjahren noch während seiner Rückkehr aus amerikanischer Gefangenschaft und angesichts der dramatischen Zerstörungen in den deutschen Städten, den Architektenberuf zu ergreifen. Bereits ein Jahr später, 1946, begann Lambart sein Architekturstudium in Stuttgart unter Bedingungen, die heute kaum noch vorstellbar sind.
Die Lehre dieser sogenannten Zweiten Stuttgarter Schule brachte bei Lambart ein ausgeprägtes Interesse an funktionellen Lösungen, eine Vorliebe für durchdachte und sorgfältige Konstruktionen sowie für materialgerechte Gestaltungen hervor. Durch seinen von ihm sehr geschätzten Lehrer Günter Wilhelm entwickelte Lambart eine hohe Sensibilität für die Verbindung von Bauwerk und Umgebung, die sein gesamtes architektonisches Schaffen bestimmen sollte.
Lambarts ungeheurer Tatendrang, sein Durchhaltevermögen und sein Mut, Dinge direkt anzupacken, ließen ihn bereits ein Jahr nach seinem Diplom an seinem ersten Wettbewerb für die Sommerrainschule in Stuttgart teilnehmen. Dieser erste Preis aus dem Jahr 1952 stand noch gänzlich unter dem Einfluss der Stuttgarter Schule und stellte zugleich den Startschuss für eine über 50-jährige Architektenkarriere dar. Zunächst in einer Bürogemeinschaft mit Günter Behnisch nahmen beide an zahlreichen Wettbewerben vor allem auf dem Gebiet des Schulbaus teil. Doch bereits Mitte der Fünfziger Jahre zog es Bruno Lambart wieder in seine Heimat zurück, und er gründete ein zweites Büro in Düsseldorf, mit dem er sich als regelrechter „Bildungsbau-Spezialist“ einen Namen machen sollte. Zu seinen ersten Schulbauten zählt die mittlerweile unter Denkmalschutz gestellte ehemalige Volksschule in Duisburg-Hüttenheim, die erste Pavillonschule im Rheinland.
Nach der Trennung von Behnisch 1959 blieb Bruno Lambart im Düsseldorfer Büro und festigte seine Tätigkeit im Bereich des Öffentlichen Bauens. Die Aufträge, nahezu vollständig aus Wettbewerbsteilnahmen hervorgegangen, umfassten neben einer großen Zahl an Schulbauten unter anderem auch Bürgerzentren, Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser und Wohnungsbauten. Nach dem Bau der Pädagogischen Akademie in Münster folgte mit der Ingenieurschule in Ulm der erste, in kompletter Vorfertigung errichtete Schulbau der Bundesrepublik.
Ein bekanntes Beispiel dürfte auch die jüngst sanierte und mit dem BDA-Preis ausgezeichnete ehemalige Mensa der Ruhr-Universität Bochum sein, die im Zusammenhang mit der Mies-Rezeptionswelle der Sechziger Jahre zu sehen ist. Gegensätzlich dazu weist beispielsweise der Bau der Berufsschule in Ostendorf brutalistische Züge auf. Und mit der als „Vorbildliches Bauwerk NRWs“ ausgezeichneten Psychiatrischen Landesklinik in Frönspert setzte Lambart auch im Krankenhausbau neue Maßstäbe.
Ab Mitte der Siebziger Jahre widmete er sich dann verstärkt der Restaurierung und Revitalisierung von Baudenkmälern. Eine besonders zentrale Rolle spielte in diesem Zusammenhang die Restaurierung der Wasserburg „Haus zum Haus“ in Ratingen, die bis heute seinen neuen Arbeits- und Lebensmittelpunkt darstellte. Der Nachlass des Architekten Bruno Lambart befindet sich im Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst NRW (A:AI) an der TU Dortmund, auf dessen Grundlage jüngst am Lehrstuhl für Geschichte und Theorie der Architektur eine monographische Arbeit als Dissertation entstanden ist.
Lambarts Architektur stellte zu keinem Zeitpunkt eine „Spektakelbaukunst“ dar, wie Paulhans Peters einmal treffend formulierte, denn eine unbedingte Erstmaligkeit von Architektur hätte nach Lambarts Meinung die Ernsthaftigkeit seiner Arbeit in Frage gestellt. Statt einer offensichtlich signifikanten Handschrift wird in seiner Architektur vor allem die Fähigkeit deutlich, die eigene Entwurfshaltung immer wieder zeitgemäß zu verändern und weiterzuentwickeln, ohne dabei die eigenen Grundsätze von Maßstäblichkeit und Umgebungsbezug aus den Augen zu verlieren.
Bruno Lambart ist am 4. Juli im Alter von 90 Jahren verstorben. Er hinterlässt mit rund 540 realisierten und projektierten Bauten ein architektonisches Werk, an dem die Baugeschichte der Bonner Republik nachvollziehbar wird.
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