Gewinner des Ideenwettbewerbs „1.000 Baulücken in NRW“ realisieren in Köln einen Prototyp ihres Entwurfskonzeptes

Container: Räume für temporäre Architektur

Was im Jahr 2004 als kreativer Gedanke im Zuge des Ideenwettbewerbs „pro Stadt - contra Lücke - 1.000 Baulücken in NRW“ der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen geboren wurde, nimmt in diesen Tagen konkrete Formen an: Das Konzept eines „Stapelhauses“ hatten Jan Hohlfeld, Marko Heinsdorff und andere junge Architekten für eine Baulücke an der Kampstraße in Dortmund vorgeschlagen und damit einen der ersten Plätze in dem Wettbewerbsverfahren der Architektenkammer belegt. Ihre Idee bestand im Kern darin, gebräuchliche Logistikcontainer zu einem Gesamtbauwerk zu stapeln und so umzubauen, dass sie beispielsweise als Studentenwohnungen oder Obdachlosenheim genutzt werden könnten. Diese - zunächst als theoretisches Planspiel entwickelte - Idee ließ Jan Hohlfeld nicht mehr los. Nun, knapp drei Jahre und viele Entwicklungsphasen des Modells später, wird das Konzept im Rahmen eines sozialen Projektes in Köln realisiert.

18. April 2007von ros

„Container sind kostengünstig, leicht verfügbar und unglaublich vielfältig einsetzbar!“ Wenn Jan Hohlfeld über seine Projektidee spricht, Transportcontainer zu Nutzraum umzubauen, ist ihm die Begeisterung für das dahinterstehende Architekturkonzept deutlich anzumerken. Der Ansatz, den Hohlfeld mit jungen Architektenkollegen für den Baulücken-Wettbewerb im Jahr 2003 entwickelte, ist mittlerweile zu einem ausgereiften, durchgeplanten Konzept ausgewachsen. „Es gibt überzeugende, funktionierende Vorbilder im Ausland“, betont Jan Hohlfeld. „Besonders für temporäre Nutzungen können Container eine ideale Hülle darstellen.“ 

Realisierung als soziales Projekt

Dass Hohlfeld gegenwärtig die Realisierung seines lang gehegten Traumes erleben darf, verdankt er einer Gruppe sozial engagierter Menschen, die sich im Kölner Stadtteil Ehrenfeld zum Verein „Jack in the Box“ zusammengeschlossen haben. Wie der Vereinsname andeutet, geht es der Gruppe darum, eine „Box“ zum Leben zu bringen, konkret: Ein Seecontainer soll zu einem Raum ausgebaut werden, der vielfältige Nutzungen ermöglicht - Ausstellungsraum, Bar, Werkraum, Arbeitsstätte, Wohnraum.Treibende Kraft hinter „Jack in the Box“ ist der Sozialarbeiter Martin Schmittseifer, der das Konzept von Hohlfeld und Co. aufgriff, um daraus ein Modellprojekt zur Beschäftigungsförderung zu konzipieren. „Der Gedanke, Container für soziale Zwecke und Projekte zu nutzen, treibt mich schon seit einigen Jahren um“, erzählt Schmittseifer im Vereinsbüro an der Helmholtzstraße in Ehrenfeld. Das Baulücken-Konzept der jungen Architekten habe ihn deshalb sofort angesprochen und dazu motiviert, Architektur und Sozialarbeit in einem Projekt zusammen zu führen.

„Uns geht es zunächst darum, Menschen, die das Arbeitslosengeld II beziehen, über eine sinnvolle Beschäftigung zu stabilisieren und zu qualifizieren“, erläutert Schmittseifer seinen Ansatz. In Kooperation mit der Jugendhilfe Köln entwickelte er ein Konzept, das den angestrebten Aus- und Umbau von Seecontainern zu Raumelementen, die temporäre und modulare Nutzungsmöglichkeiten bieten, als Ziel formuliert, an dessen Realisierung eine Vielzahl von ALG II-Empfängern mitwirken können.     

Anfang vergangenen Jahres wurde der Verein „Jack in the Box“ von vier Architekten, drei Sozialarbeitern und einer PR-Fachkraft gegründet. Die anschließenden Verhandlungen mit der ARGE Köln führten schnell zu dem gewünschten Ergebnis. „Wir können heute 30 Personen innerhalb dieses Vorhabens auf beschränkte Zeit beschäftigen“, so der Sozialarbeiter. Die Mitarbeiter seien 20 - 55 Jahre alt und hätten sehr unterschiedliche berufliche Hintergründe: Schweißer, Schlosser und Schreiner seien ebenso darunter wie Elektriker und drei Architekten. 28 m2 Nutzraum auf 12 m Länge

Uwe Harzer ist einer der zuvor arbeitslosen Architekten. „Das Projekt ist thematisch natürlich sehr reizvoll und bietet mir zugleich die Möglichkeit, in unserem schwierigen Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen“, beschreibt der Diplomingenieur seine Motivation zur Mitarbeit bei „Jack in the Box“. Aus Sicht eines Architekten sei es hoch spannend, aus einer 12 Meter langen, fensterlosen „Seekiste“ einen Raum zu gestalten, der praktisch nutzbar und ansprechend gestaltet sein soll. „Wir werden in einem ersten Schritt eine Art Prototyp bauen, mit dem wir die Multifunktionalität von Containern in eindrucksvoller Weise demonstrieren können“, erklärt Harzer, der innerhalb des Teams vor allem Aufgaben der Bauleitung übernimmt. Flexibel, mobil, modular

Architekt Jan Hohlfeld hat das Konzept des Container-Moduls gemeinsam mit seinen Kollegen Marko Heinsdorff, Claus Hesemann sowie dem Sozialarbeiter Martin Schmittseifer für verschiedene Nutzungen planerisch durchgespielt. Unter dem Gruppennamen „s3h-Architekten“ entwickelten die jungen Planer u. a. ein Konzept für eine „ContainerBar“ sowie das Projekt „MassenGut“, das im Rahmen der Kölner Initiative nun unter dem Titel „KoelnerBox“ umgesetzt wird.

Der Verein „Jack in the Box“ erwarb für rund 4.000 € einen neuwertigen Standard-Überseecontainer: 12 m  lang, 2,44 m breit, 2,90 m hoch. In diesen Kubus werden die Mitarbeiter von „Jack in the Box“ nun schmale, hohe Fenster einschneiden, eine Holzverkleidung einbringen, Kastenelemente als Schränke, Regale und Sitzgelegenheiten einbauen. Der besondere Charme des Industriellen, Rauen soll dabei aber auf jeden Fall erhalten bleiben. Es gehe nicht in erster Linie darum, kostengünstig Nutzfläche zu schaffen, sondern die spezifischen Charakteristika des modularen Massengutes neuen Anwendungen zuzuführen, so die Planer von s3h. Entsprechend soll das Demonstrationsobjekt zunächst als nutzungsoffener Ausstellungsraum umgesetzt werden.                        

Pläne für weitere Projekte sind aber bereits vorhanden oder in Vorbereitung: „Eine ContainerBar kann man sich sehr gut vorstellen; aber auch Wohnungsprojekte sind durchaus machbar, das zeigen die wenigen Beispiele, die es in einigen Nachbarländern bereits gibt“, erläutert Jan Hohlfeld So seien in London seit 2001 Arbeits- und Wohnflächen in Containern realisiert worden; in Amsterdam werde ein Studentenwohnheim betrieben, das vor zwei Jahren aus 1.200 Seecontainern konstruiert wurde; in Hannover habe sich ein Containerprojekt als Notschlafstelle für obdachlose Kinder und Jugendliche bewährt. Das Projekt in Köln sei deshalb nicht nur aus Sicht der Sozialarbeit interessant, sondern auch aus architektonischer Perspektive. „Unsere ‚KoelnerBox‘ hat großes Innovationspotenzial - in architektonischer, aber auch in städtebaulicher Hinsicht.“ Präsentation auf der „plan07“

Seit März laufen nun die konkreten Bauarbeiten an dem Container-Vorhaben, das für alle Beteiligten erst den Anfang eines umfassenden Architektur- und Sozialprojektes darstellt.                

Auch der künstlerisch-theoretische Anspruch des Vorhabens wird von den kreativen Köpfen der Initiative mit bedacht. Die Kölner Fotografin Karin Danne dokumentiert das gesamte Vorhaben und kümmert sich für den Verein darum, dass das Container-Projekt eine enge Einbindung in den politischen Raum erfährt. „Wir verstehen den Container auch als Kunstobjekt: Es provoziert eine Vielzahl von Assoziationen, Ideen und praktischen Anwendungsvarianten, die wir nach der Fertigstellung auch umsetzen wollen.“ Ihre foto-künstlerische Auseinandersetzung mit der Kölner Box wird von der GAG Immobilien AG unterstützt.              

Einem umfassenden „Praxistest“ wird die „KoelnerBox“ im September dieses Jahres unterzogen werden: Dann wird sich die Fachöffentlichkeit von der Nutzbarkeit und Qualität des Multifunktionscontainers im Rahmen der Architekturmesse „plan07“ überzeugen können. 

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