SAG JA*-Kampagne auf „Hausbesuch“: Peter Wilson (vor Kopf) empfing die jungen Planerinnen und Planer am Büro im Münsteraner Hafen. – Foto: Maria Jourlova-Nordmeyer/Architektenkammer NRW

Die Handzeichnung in digitalen Zeiten

„Vielleicht bin ich ja ein Dinosaurier, der bald ausstirbt“, sagte der Münsteraner Architekt Peter Wilson augenzwinkernd im Gespräch mit einer Gruppe junger Planerinnen und Planer. „Aber die haptische Arbeit mit einem echten, gebauten Modell inspiriert im Team und auch im Gespräch mit Auftraggebern oft stärker als das virtuelle Pendant.“ Am 19. September empfing der aus Australien stammende und sich in London heimisch fühlende Architekt mit Büro „Bolles + Wilson“ in Münster etwa ein Dutzend Junior-Architekt*innen und Nachwuchskräfte zu einem „Hausbesuch“.

27. September 2023von Christof Rose

Wie Christof Rose, Abteilungsleiter „Medien + Kommunikation“ der Architektenkammer NRW, in seiner Begrüßung erläuterte, hatte die AKNW die Veranstaltung im Rahmen der Kampagne „SAG JA* - Junge Planerinnen und Planer“ organisiert, um Einblicke in die Arbeit eines renommierten Büros und den Austausch mit den leitenden Köpfen zu ermöglichen.

Peter Wilson stellte zunächst anhand einiger prominenter Bauwerke dar, dass sein Büro seit der Gründung im Jahr 1980 (mit Julia Bolles) die meisten Aufträge über erfolgreich absolvierte Wettbewerbe gewonnen habe. Internationales Aufsehen erregte das Büro im Jahr 1993 mit der Stadtbibliothek Münster, die (bis heute gelungen) auf den Ort reagiert, dabei aber eine völlig neuartige Architekturinszenierung angestrebt habe. „Das Projekt habe ich von Hand gezeichnet“, erinnerte sich Peter Wilson. Heute sei er der Einzige im Büro, der noch Architekturzeichnungen anfertige.

Wie Jonas Többen, der als junger Architekt seit drei Jahren im Team Bolles + Wilson arbeitet, ergänzte, arbeite das Büro die Entwürfe dann digital aus. „Art und Sorgfalt der Detaillierung waren immer schon ein Kennzeichnen von Bolles + Wilson, und das soll auch so bleiben.“ Aus diesem Grund halte das Team es weiterhin für wichtig, Modelle zu bauen. „Der Modellbau regt das räumliche Denken an und fördert die kritische Diskussion im Team.“

Wie Peter Wilson berichtete, habe das Büro Bolles + Wilson in Zeiten seiner größten Expansion um die 30 Mitarbeitende gehabt. „Heute sind wir ein Kernteam von etwa 14 Personen. Es ist schwieriger geworden, sich über Wettbewerbsteilnahmen am Markt zu behaupten“, räumte Peter Wilson ein. Ein Vorteil sein bis heute, dass er als englischer Muttersprachler stark im internationalen Bereich vernetzt sei - und das Büro Bolles + Wilson deshalb immer auch viel im Ausland bauen konnte.

Peter Wilson zeigte den jungen Planerinnen und Planern einige Projekte, die in den letzten Jahren in Albanien realisiert werden konnten. Als weiteren „Meilenstein“ für Bolles + Wilson sah der Büroinhaber die „Bibliothèque nationale du Luxembourg“. Das am 01.10.2021 eröffnete Bauwerk bewahre die komplette Geschichte Luxemburgs auf, in Form von 2,5 Millionen Medien. „Wie schon beim Projekt der Stadtbibliothek Münster haben wir in Luxemburg eine ‚promenade architectural‘ entworfen, die in das Bauwerk lockt und durch das Gebäude führt“, erläuterte Peter Wilson den Entwurfsgedanken. Allerdings sei der Baustil heute doch deutlich reduzierter und klarer als im Jahr 1998.

Die jungen Planerinnen und Planer zeigten sich in ihren Rückfragen sehr interessiert an der architektonischen Haltung Peter Wilsons und seiner jungen Mitarbeiter. „Eine tolle Gelegenheit, ein so einflussreiches Büro kennenzulernen und mit solchen Persönlichkeiten persönlich zu sprechen“, bedankte sich Junior-Architekt Niklas Ferdenhert für den „Hausbesuch“ der AKNW in Münster.

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