"digital MONDAYs“: Digitalisierung: Nachhaltiges Planen und „Design-to-Production“
Pünktlich zum Start der vierten Staffel der Vortrags- und Gesprächsreihe „digital MONDAYs“ der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen am 6. März erschien das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ mit der Titelgeschichte „Künstliche Intelligenz - Die neue Weltmacht“. Wie KI und die weitere Digitalisierung die Planungs- und Baubranche aktuell verändern und künftig verändern werden, steht als Leitfrage im Mittelpunkt der vier „digitalen Montage“ der AKNW im März.
„Digitale Fabrikation“ am 13. März
Als „Pioniere der Gebäudedatenmodellierung“ verstehen sich Architekt Arnold Walz und der Informatiker Fabian Scheurer. Im Jahr 2007 stellten sie fest, dass sie an zwei Enden der gleichen digitalen Prozesskette arbeiteten - ohne eine Verbindung dazwischen. Wie heute unmittelbar - digital basiert - der Weg „Design-to-Production“ beschritten werden kann, stelle Prof. Fabian Scheurer (HS München) am 13. März im Rahmen des zweiten „digital Monday“ vor.
„Wir müssen die Planung vom gewünschten Ergebnis her denken“, betonte der Informatiker, der für eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit warb. Komplexe Bauvorhaben wir die neue Zentrale des Uhrenherstellers Swatch in Biel (Shigeru Ban, 2019), ein amorph geformter Holzbau mit 75 000 Einzelbauteilen, könne nur über eine parametrische Programmierung erstellt werden - dann aber äußerst exakt. „Das geht nur, wenn die Möglichkeiten der späteren Fertigung und Montage in der Planung mitgedacht werden.“
Digitale Produktion verlagere Produktionsprozesse in die Planung. „Wir nehmen Komplexität weg von der Baustelle“, beschrieb Prof. Scheurer einen der Vorteile des Verfahrens. Damit steige insgesamt auch die Qualität der realisierten Bauwerke.
Fabian Scheurer konnte in seinem Vortrag auf Erfahrungen mit rund 150 Bauwerken zurückgreifen, die sein Büro „Design-to-production“ in Zürich im Laufe der zurückliegenden 15 Jahre realisiert hatte – vor allem im Holzbau und oft in Zusammenarbeit mit renommierten Architekten und Architektinnen. In Nordrhein-Westfalen war das Büro u. a. an den Projekten Weltstadthaus Peek & Cloppenburg in Köln (Renzo Piano, 2005), dem Haldenkunstwerk „Tiger & Turtle“ in Duisburg (Heike Mutter/Ulrich Genth, 2011) und aktuell dem nachhaltigen Bürohaus „The Cradle“ in Düsseldorf (HPP, im Bau) beteiligt.
Insgesamt warb Fabian Scheurer, der Anfang März 2023 eine Forschungsprofessur für „Bautechnologie und digitale Fabrikation“ an der Hochschule München übernommen hatte, für mehr technologische Offenheit und Innovationsfreude in der Planungs- und Baubranche. „Technologisch haben wir seit 30 Jahren eine Stagnation in unserer Branche. Was wir jetzt brauchen, ist eine Revolution des digitalen Fortschritts, auch im Sinne des nachhaltigen Planens und Bauens“, so Prof. Scheurer.
„Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ am 06. März
„Wir wollen über aktuelle Entwicklungen informieren und eine Diskussion zwischen Expertinnen und Experten unterschiedlicher Disziplinen mit unseren Mitgliedern anregen“, erläuterte Moderator Christof Rose in seiner Begrüßung zu der neuen Staffel der sehr populären Veranstaltungsreihe, die bei ihrem Start am 6. März 2023 mit 770 Teilnehmenden einen neuen Rekord aufstellen konnte.
Das Schwerpunktthema der ersten Veranstaltung lautete „Digitalisierung und Nachhaltigkeit“. Der Aachener Architekt Gerhard Wittfeld, Gründungspartner und geschäftsführender Gesellschafter von kadawittfeldarchitektur, verdeutlichte an zwei Projektbeispielen aus der Praxis, wie die digitale Abwicklung eine umfassende Lebenszyklusplanung unterstützen kann. Das Wohnhochhaus „Moringa“ in der Hamburger Hafencity gelte in diesem Segment als eines der ersten Bauwerke, das den hohen Ansprüchen nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip umfassend gerecht werden könne. Ein Großteil der eingesetzten Materialien kann rückgebaut und wiederverwendet werden; das Ensemble wird umfassend begrünt und trägt wird die Temperatur im Sommer um 1,3 Grad absenken; die soziale Mischung mit 30 Prozent gefördertem Mietwohnungsbau werde ein langfristig lebendiges Quartier schaffen, so Gerhard Wittfeld.
Grundsätzlich, so betonte der Aachener Architekt, müsse der Schwerpunkt der heutigen Planungsarbeit im Gebäudebestand liegen. Wittfeld stellte das aktuell laufende Projekt „Revitalisierung Hohenzollernring 62“ in Köln vor, bei dem ein Bürogebäude aus den 1960er Jahren vor dem ursprünglich geplanten Abriss bewahrt werden konnte. „Bauherren zeigen sich zunehmend offen für Nachhaltigkeits-Argumente“, bekräftigte Gerhard Wittfeld auf Nachfrage des Moderators. „Wir müssen die ‚graue Energie‘ des Bestandes konkret berechnen und benennen.“ Auch sei es wichtig, nicht allein die Erstellungskosten zu benennen, sondern die Lebenszykluskosten herauszustellen und auch ökologische Kosten zu thematisieren. „Das ist auch für Finanzinvestoren heute ein Thema“, zeigte sich Wittfeld überzeugt.
„Wir Architektinnen und Architekten müssen über den Projektkosmos hinaus denken und die Nachhaltigkeit jetzt umfassend und dauerhaft in das Planen und Bauen bringen“, lautete sein Appell. Dazu gehöre, in büroübergreifenden Teams zu arbeiten und das Wissen zu teilen. Digitale Tools leisteten dabei wichtige Unterstützung - etwa Materialdatenbanken wie Concular oder Madaster. Künftig werde den Einsatz von Augmented Reality in der Kommunikation von Projekten, aber auch in der Bauausführung und -leitung auf der Baustelle eine wichtige Rolle spielen, sagte Gerhard Wittfeld voraus. Das Büro kadawittfeldarchitektur habe dazu erste Versuche unternommen.
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