Entwurfsseminar: Impulse für den Deutzer Hafen

Ein Industriehafen mitten in der Kölner Innenstadt, in bester Lage mit „Aussicht op de Dom“, leider aber auch im Hochwasserbereich des Rheins und mit dem Lärm des Schienenverkehrs und der ansässigen Industrie belastet – das war das Thema des diesjährigen Entwurfsseminars der Stiftung Deutscher Architekten. Im Rahmen des Entwurfsseminars 2013 der Stiftung Deutscher Architekten befassten sich 20 Nachwuchsarchitektinnen und -architekten, Innenarchitekten sowie angehende Landschaftsarchitekten und Stadtplaner vom 11. bis 13. Oktober 2013 mit der Frage: Wie kann die Zukunft des Deutzer Hafens in Köln aussehen? Ziel des Entwurfsseminars war es, die zentralen Fragestellungen um die Zukunft des Deutzer Hafens als Wohn- und Dienstleistungsstandort zu untersuchen und frische Ideen zu entwickeln, die unkonventionell sein können aber auch im Kern des Gedankens umsetzbar sein sollten.

12. November 2013von Vera Anton-Lappeneit

Das diesjährige Seminar wurde mit Unterstützung der Stadt Köln und der ortsansässigen Kampffmeyer Mühlen GmbH durchgeführt. Inhaltlich unterstützt wurden die Arbeitsgruppen des Entwurfsseminars von den renommierten Planerinnen und Planern: Architektin Prof. Anne-Julchen Bernhardt, Innenarchitekt Dominik Hof, Architekt und Stadtplaner Prof. Rolf Westerheide, Architekt Martin Halfmann und Landschaftsarchitekt Prof Rainer Sachse.

Intention der Stiftung Deutscher Architekten ist es, mit den im zweijährigen Rhythmus durchgeführten Entwurfsseminaren, im Sinne der Nachwuchsförderung, junge Berufskolleginnen und -kollegen in ihrer weiteren Berufsentwicklung zu fördern. Traditionell werden hierfür Themen gesucht, die einen realistischen Hintergrund haben, um die Motivation der jungen Teilnehmer zu stärken. Auch in diesem Jahr ist es den Semiarteilnehmern gelungen, Antworten auf eine anspruchsvolle Aufgabenstellung zu finden. Jede Gruppe hat dafür einen ganz eigenen und individuellen Ansatz erarbeitet.

Köln Sylt

Keine weitere Verdichtung der Poller Wiesen, eine Auenlandschaft, die als Kompensationsfläche im Falle eines Hochwassers dient – dies ist der Vorschlag einer Gruppe. „Statt das angrenzende Hafenareal zu verdichten und dadurch die Hochwassersituation zu verschärfen, hat sich die Gruppe dazu entschlossen, dieses Areal der Natur zurückzugeben und nur mit einem minimalen Eingriff die Gebäude in dem Naturraum zu verorten“, so Dennis Fonteiner mit seiner Gruppe. Die dort neu geplanten Gebäude sind alle so aufgeständert, dass sie über dem Hochpunkt des 200-jährigen Hochwassers liegen und eine höher gelegene Erschließung erhalten. Auf der anderen Seite des Hafenbeckens bleibt die klare, ortsteilprägende Kante des Hafens und der Ellmühle erhalten. Um dies zu verstärken, soll die Verdichtung mit Blockrandbebauung südlich des Mühlenkomplexes angeordnet und dort eine Mischnutzung mit Gewerbe, Einzelhandel, Büros und Wohnen vorgesehen werden.

Kulturelle Höhepunkte an der Schäl Sick

Der neue Deutzer Rheinboulevard zieht nicht nur Touristen und Sportler auf die Schäl Sick sondern bietet auch Linksrheinern einen attraktiven Aufenthaltsort. Dies sollte gen Süden weiter gehen und im Deutzer Hafen seinen Höhepunkt bekommen, so die Meinung von Yasmin Jarjour und ihrer Arbeitsgruppe. Aus der faszinierenden Großform der Mühle und der Bebauung entlang der Siegburger Straße mit der Betonung der Hafenkante leitet die Gruppe einen Rhythmus ab, der die städtebauliche Kubatur und den Maßstab vorgibt. Die Struktur kann sukzessive nachverdichtet werden. Der Westkai des Hafens hat mit den Poller Wiesen eine Aufenthaltsqualität, die einen anderen Maßstab erfordert. Hier soll ein großzügiges Wohnquartier mit kleinteiliger Parzellierung und Blockrandbebauung eine lebendige Stadtstruktur ermöglichen und gleichzeitig die ruhige Atmosphäre der Poller Wiesen gewahrt bleiben. Am Kopf des Hafenbeckens, mit der spektakulären Aussicht auf dem Dom, soll ein öffentlicher Platz mit Gastronomie und kulturellem Betrieb entstehen.

Kölsche Gracht

Die Grachten von Amsterdam haben die Gruppe um Miriam Lehmann-Gragert und Mathias Wurzeler zu ihrem Entwurf inspiriert. Das Konzept sieht eine klare Fassung, der geradlinigen „Gracht“ des Hafenbeckens, durch bauliche Anlagen vor und soll ein neues innerstädtisches Quartier im Herzen von Köln bilden. Die stringent gefasste Wasserfläche soll der Lebensmittelpunkt des Quartiers sein. Eine angemessene soziale Durchmischung des Gebietes soll ein vielschichtiges urbanes Leben ermöglichen. Die Alfred-Schütte Allee wird vom PKW-Verkehr befreit und die Poller Wiesen als Grünanlage gestärkt. Die neue Verkehrsführung soll als „Shared Space“ um die Gracht geführt werden.

„Morgenröte – Aufbruch im Osten“

Es fällt auf, das es im Linksrheinischen typisch ist, in seinem Veedel zu wohnen, zu arbeiten und zu leben. Rechtsreihnische Quartiere dagegen liegen „gefühlt“ weiter außerhalb des Zentrums als sie tatsächlich sind. Dieser Gedanke brachte die Gruppe um Fritz Keuthen und Maren Brixius dazu, den Deutzer Hafen als Schnittstelle und wichtigen Impulsgeber für ein Kölsches Zukunftsquartier zu betrachten. Dies soll nicht über einen abschließenden Masterplan erreicht werden, sondern durch eine städtische Vision, die Spielräume für neue Wohn-, Freizeit-, und Arbeitsformen ermöglicht. Durch Wettbewerbe in die vorhandene Struktur eingebrachte „Attraktoren“ sollen den Starimpuls setzen, um dann, unter Mitwirkung eines regulativen Gremiums, ein sukzessives Wachstum zu beschleunigen. Mit diesem Konzept könnte direkt begonnen werden.

StadtLandschaft

Das kleine Team Julia Sack und Adem Celik will durch ein neues städtebauliches Wasser- und Grünkonzept, dem Deutzer Stadtteil eine neue Identität verleihen, und damit eine hohe Lebens- und Aufenthaltsqualität erzeugen. Im Bereich des östlichen Hafenareals soll mit einer harten städtebaulichen Gebäudekante ein Gebiet für Mischnutzungen aus Wohnen und Dienstleistung entstehen. Der leerstehende Teil der Ellmühle wird dabei zurückgebaut. Das freiraumplanerische Konzept sieht vor, den Hafenkanal durch weitere Wasserbecken in Richtung Siegburger Straße zu ergänzen, die an den Kanal angedockt werden und als Puffer zu Ellmühle dienen. So wird das Element Wasser tiefer in die Bebauung hineingebracht. Marinas bieten die Möglichkeit, mit kleinen Booten anzulegen. Im Bereich der Haltestelle Siegburger Straße und am Kanalende soll ein kleiner Stadtteilplatz als städtischer Raum genutzt werden. Das westliche Kanalufer wird nicht bebaut, sondern abgeflacht und soll mit einem Schilfgürtel einen geschützten Bereich für Tiere bieten. Temporäre Pavillons auf Pontons sollen als Kioske oder Cafés dienen.

Fazit

Welche Perspektiven der frische Blick der jungen Seminarteilnehmer auf das Gebiet des Deutzer Hafens eröffnet hat, bleibt abzuwarten und der örtlichen Politik überlassen. „Klar ist aber, dass die jungen Planerinnen und Planer an vielen Stellen quer gedacht und spannende Ansatzpunkte gefunden haben“, so Markus Lehrmann, Geschäftsführer der Stiftung. Auch die Seminarteilnehmer bestätigten die Stiftung einhellig in ihrer Idee, Entwurfsseminare für Nachwuchsplanerinnen und -planer durchzuführen. Gerade die intensive interdisziplinäre Auseinandersetzung an Hand einer konkreten, aber dennoch nicht alltäglichen Aufgabe führe zu Erfahrungen, die in dieser Nachhaltigkeit im Arbeitsalltag nicht zu erlangen, aber für die Handlungskompetenz im weiteren Berufsleben überaus wichtig seien.

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