Erinnerungen an die Anfangszeit der AKNW
Im Jahr 2009 wird sich die Gründungsphase der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zum 40. Mal jähren. Ältere Kammermitglieder werden sich vielleicht an die Anfangszeiten erinnern, in welchen der sogenannte Gründungsausschuss, ein aus Repräsentanten der NRW-Architektenverbände bestelltes Gremium, die Einrichtung der Architektenkammer NRW im Auftrag des Landesgesetzgebers vorbereitete. Einer, der von Anfang an für die Kammer aktiv war, ist der Architekt Wolfgang Dill. In einem persönlich gehaltenen Beitrag erinnert er sich an die Gründungstage der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
Von Anfang an dabei - 38 Jahre in der AKNW Von einigen jüngeren Kolleginnen und Kollegen wurde ich vor einiger Zeit angeregt, einmal aus der Vergangenheit der Architektenkammer NRW, insbesondere über die Taten und Beweggründe der „Alten" zu berichten. Ich will gerne einiges über die Wurzeln und die Entwicklung der Architektenkammer erzählen - auch wenn es nicht möglich ist, diesen Zeitabschnitt in wenigen Zeilen darzustellen.
Unmittelbar nach Inkrafttreten des Architektengesetzes NRW am 01.04.1970 stellte ich einen Antrag auf eine Mitgliedschaft in der„Architektenkammer NW". (Damals wurde unser Bundesland noch mit „NW" abgekürzt.) NRW war nicht das erste Land in der Bundesrepublik, Niedersachsen hatte sein Architektengesetz bereits 1950, Baden-Württemberg schon 1957.
Grund meines Antrages auf Eintragung war, dass durch das Gesetz erstmalig in Nordrhein-Westfalen die Berufsbezeichnung „Architekt" gesetzlich geschützt wurde. Meinem Antrag wurde am 21.09.1970 stattgegeben. Mir wurde die Mitgliedsnummer 0116 zuerkannt, die Aufnahmegebühr betrug DM 36. Nun war ich Mitglied der AKNW und durfte weiterhin meine Berufsbezeichnung führen. Das war eigentlich für meine Person eine Selbstverständlichkeit, aber der Vorteil lag auf der Hand: Durch das neue Gesetz war es nun in Zukunft berufsfremden Personen verboten, sich mit der attraktiven Berufsbezeichnung „Architekt" zu schmücken.
Übrigens, der jährliche Kammerbeitrag betrug nach Beschluss der ersten Vertreterversammlung damals DM 120, wohlbemerkt für angestellte Architektinnen und Architekten. Für Freischaffende Architekten betrug der Beitrag 180 DM und für nicht berufliche tätige Architekten 90 DM.
1970 war das Jahr, in dem die zur Entspannung führenden Ostverträge unterzeichnet wurden. Präsident der Bundesrepublik Deutschland war Gustav Heinemann, der Bundeskanzler hieß Kurt Georg Kiesinger, der Außenminister und Koalitionspartner Willy Brandt. Es gab die erste sogenannte Große Koalition in Deutschland. Zum ersten Präsidenten der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen wurde der Architekt Dipl.-Ing. Nikolaus Rosiny gewählt, die Herren Helmut Hussmann und Anton Stratmann wurden als Geschäftführer eingestellt.
Die Geschicke der Kammer wurden in den siebziger Jahren vornehmlich von den Berufsverbänden BDA, BDB und VFA geprägt, wobei diese Verbände eine starke freischaffende Ausrichtung hatten. Für mich galt es, als Architekt und leitender Angestellter einer Gruppierung beizutreten, die die Interessen von angestellten Architektinnen und Architekten wahrnahm. Die von den Herren E. A. Graef und H. Zimmermann ins Leben gerufenen FLAA, Freie Liste Angestellter Architekten, (vormals AA, Angestellte Architekten), bot mir die Plattform, mich aktiv für die Belange der angestellten Architekten einzusetzen. In die erste Vertreterversammlung von 1971 bis 1975 gewählt wurden die Kollegen Graef und Zimmermann für die FLAA. Ich selbst wurde im Jahr 1980 in die Vertreterversammlung gewählt.
Die FLAA konnte bei jeder folgenden Wahl Mandate zulegen, und so war ich 20 Jahre Mitglied der Vertreterversammlung der AKNW. Damit hatte ich die Möglichkeit, kontinuierlich in dem damaligen Ausschuss Vertrags - und Gebührenrecht sowie im Ausschuss Berufsordnung, Schlichtung mitzuwirken und meine Erfahrungen einzubringen. Zu Beginn meiner Ausschusstätigkeit wurde die Mitwirkung in der Architektenkammer vollständig ehrenamtlich erbracht, es gab keinerlei Kostenerstattung. Die Beteiligten waren mit Säften, Kaffee und Gebäck zufrieden. Die Fülle der Aufgaben der jungen Kammer war allerdings bei dem erforderlichen gewaltigen Zeitaufwand bald aber nicht mehr ohne eine zumindest anerkennende Zeitentschädigung leistbar. Bösartige, aber gut informierte Kollegen bezeichneten diese Entschädigung gerne als "Schmerzensgeld", weil natürlich kein angemessenes Honorar für die erbrachten fachlichen Leistungen gezahlt wurde.
Im Zeitraum von vielen Jahren habe ich 24 Vertreterversammlungen erlebt und an88 Ausschusssitzungen teilgenommen. Dabei habe ich oft über charakterliche Eigenarten, aber auch Qualitäten sowie besondere Fähigkeiten der Führungsriege geschmunzelt. Ich war gelegentlich betrübt und erstaunt über die teilweise gestelzte Kollegialität bzw. Höflichkeit bis hin zur abzulehnenden „demokratischen Willkür". Heute, mit mehr Gelassenheit, würde ich dies vielleicht anders beurteilen.
Der Mitgliedsbeitrag für angestellte Architekten hatte sich über die Jahre über DM 220 im Jahr 1993 und über DM 300 im Jahr 2001 auf den heutigen Stand entwickelt. Natürlich ist die heutige Kammer mit ihren vielfältigen Aufgaben, Aktivitäten und Serviceleistungen nicht mehr mit der damaligen Kammer zu vergleichen, daher ist der Beitrag zwangsläufig gestiegen. Verglichen mit allen anderen Länder-Architektenkammern hat Nordrhein-Westfalen außerdem weiterhin den mit Abstand niedrigsten Kammerbeitrag.
Oft wurde ich gefragt: „Was ist eigentlich ein Architekt und vor allem, was verdient er?" Mit einem Lächeln habe ich stets geantwortet: 1. Der Architekt ist Gottes Rache an den Menschen. 2. Der Architekt verfügt über keine herausragenden Fähigkeiten. 3. In jedem Fall zu wenig.
Wenn ich mich unter Freunden und Bekannten umhörte, was man sich unter einem Architekten vorstellte, so erhielt ich oft die verblüffende Antwort: „Ein Architekt schmückt sich gern mit langem Haar, trägt als Statussymbol ständig eine größere Papierrolle unter dem Arm mit sich herum und findet sich in schwarzer Kleidung besonders attraktiv." Ein weiteres Erkennungszeichen soll ein oft aufheulendes, natürlich auch schwarzes, in Baden-Württemberg gefertigtes zweisitziges Kraftfahrzeug sein. Natürlich habe ich dieser irrigen Meinung stets vehement widersprochen.
Im heutigen Berufsleben gibt es bei Misserfolgen und besonders im Sport nach Misserfolgen häufig die Losung: „ Wir müssen jetzt nach vorn schauen." Diese Probleme kennt die AKNW seit ihrem Bestehen nicht, und sie hat sie auch nicht zu befürchten. Das heißt allerdings nicht, dass man alles dem Selbstlauf überlässt. Ich bin mir sicher, dass dies alle Kammermitglieder wissen, und jeder wird sich stets für die Durchsetzung der Belange aller Architekten aktiv einsetzen, gegebenenfalls dafür kämpfen. Die Art und Weise des Wirkens muss jedem allerdings selbst überlassen bleiben.
Ein aktuelles überzeugendes Beispiel, dass nur gemeinsames Handeln weiterführt, zeigt der Erfolg, dass der missglückte Referentenentwurf zur Novelle der HOAI zurückgenommen wurde.
Mit besonderem Stolz möchte ich abschließend erwähnen, dass ich nach Aussagen einiger Freunde die langjährige Mitgliedschaft in der Kammer ohne erkennbare geistige und körperliche Schäden überstanden habe. In den 38 Jahren wurde berufspolitisch viel erreicht, jedoch stehen für mich u. a. folgende Probleme zur zeitnahen Erledigung an:
1. Aktive Bemühungen der AKNW um ein erfreulicheres Ansehen der Architektenschaft in der Öffentlichkeit.
2. Erhöhte Einflussnahme der AKNW auf die Texte von öffentlichen Ausschreibungen für Architektenwettbewerbe der Städte und Kommunen.
3. Intensivere Förderung und Unterstützung der Frauen, z.B. bei der Anhebung der Einkommen der angestellten Architektinnen.
Ich wünsche der AKNW alles Gute und vor allem den für die in der Kammer Tätigen immer eine glückliche Hand bei ihren Entscheidungen!
Wolfgang Dill
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