Rechtsfall: Förderfallstrick übersehen

Architektin A wendet sich mit folgender Frage an die Architektenkammer NRW: „Mein Auftraggeber wollte ein Mehrfamilienhaus energetisch sanieren lassen und dafür KfW-Fördermittel in Anspruch nehmen. Ich habe im Rahmen der qualifizierten Energieberatung und Baubegleitung Maßnahmen vorgeschlagen und zudem empfohlen, das Objekt in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Den vorausgefüllten Förderantrag habe ich dem Auftraggeber zwecks Einreichung zugesandt, nachdem sein Entschluss feststand. Als der Bauherr dann nach Abschluss der Arbeiten und parallel grundbuchmäßig vollzogener Umwandlung in Wohneigentum den Zuschuss abrufen wollten, verweigerte die KfW die Auszahlung, weil nach den Förderbedingungen nur Eigentümer von bei Antragstellung bestehenden Eigentumswohnungen antragsberechtigt seien; eine erst später erfolgende Umwandlung in Wohnungseigentum genüge nicht. Nun verlangt der Bauherr von mir Schadensersatz. - Kann er damit Erfolg haben, obwohl ich doch nur für die technischen Aspekte zuständig bin und nicht für die Erlangung der Förderung einstehen kann?“

21. Mai 2024von Dr. Sven Kerkhoff

Ein Schadensersatzanspruch ist denkbar. Zwar sind Verträge über Energieberatung einschließlich der Fragen der Förderfähigkeit in der Regel dienstvertraglicher Natur, sodass – anders als bei Planerverträgen – kein Erfolg geschuldet wird (vgl. OLG Celle, Urteil vom 30.6.2021, 14 U 188/19). Einzustehen haben Beraterinnen und Berater aber, ähnlich wie Rechtsanwältinnen oder Steuerberater, für die sachlich und fachlich zutreffende Beratung einschließlich der Beachtung der Wirtschaftlichkeit. Entstehen dem Auftraggeber durch eine Falschberatung Nachteile, kann er solche nach § 280 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen.
Hier sind dem Bauherrn Fördervorteile entgangen, weil er nicht darüber informiert wurde, dass die Umwandlung in Wohneigentum vor der Antragstellung erfolgen musste. Dabei handelt es sich um förderrechtliche Fragen und bei der Beratung hierzu somit um eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Die Erbringung solcher Rechtsdienstleistung wird im Kontext der Energieberatung zwar vielfach Nebenleistung nach § 5 RDG und damit an sich erlaubt sein (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.7.2016, 12 U 188/14). Hierfür spricht auch, dass das Mitwirken bei der Fördermittelbeschaffung zum nach § 16 Abs. 5 BauKaG NRW weiten Berufsbild von Architektinnen und Architekten zählt, wie die Erwähnung in den Besonderen Leistungen der Anlage 10 der HOAI bei LPH 2 zeigt. Die Beratung zu eigentumsrechtlich komplexen Vorfragen der Förderfähigkeit hat aber eigenständigen, über eine bloße Nebenleistung hinausgehenden Charakter.
Unabhängig hiervon gilt, dass eine sich auf solche Aspekte erstreckende Beratung stets inhaltlich zutreffend sein muss. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht Frankenthal (Urteil vom 25.1.2024, 7 O 13/23) in einem vergleichbaren Fall die Energieberaterin rechtskräftig zum Schadensersatz verurteilt. Der Schaden kann in solchen Konstellationen im Verlust von Zuschüssen und/oder in höheren Finanzierungskosten bestehen.


Praxistipp:
Wer im Hinblick auf Fragen nicht-technischer, sondern rechtlicher oder steuerlicher Art berät, muss für die Richtigkeit geradestehen. Dies gilt selbst dann, wenn die Beratung die Grenzen des nach dem RDG oder StBerG Erlaubten überschreiten sollte. Das Argument, der Kunde dürfe sich nicht auf die Richtigkeit des (Rechts-)Rates von Nicht-Juristen verlassen, greift in der Regel nicht durch (vgl. BGH, Urteil vom 9.11.2023, VII ZR 190/22). Mindestens in Zweifelsfällen sollte daher nachweislich die Inanspruchnahme ergänzenden anwaltlichen Rechtsrats empfohlen werden.

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