Erfahrungsaustausch der nordrhein-westfälischen Planungsbeiräte im Haus der Architekten

Gestaltungsbeiräte: Ein überzeugendes System setzt sich durch

Am 17. April hatte die Architektenkammer NRW zum dritten Mal zum Erfahrungsaustausch der Gestaltungs- und Planungsbeiräte in Nordrhein-Westfalen eingeladen. Die Architektenkammer hat damit erneut ihr Interesse an dem Instrument der Beiräte zur Förderung der Baukultur in Nordrhein-Westfalen unterstrichen. Dass der Einladung ins „Haus der Architekten“ rund 50 Personen, Vorsitzende der Beiräte, Dezernenten oder Amtsleiter und einige interessierte Gäste nachkamen, belegt, dass dieses Interesse auch bei den Kommunen und der Architektenschaft in Nordrhein-Westfalen groß ist.

11. Mai 2007von Prof. Kunibert Wachten

Michael Arns, Vizepräsident der Kammer, gab deshalb auch in seiner Begrüßungsrede seiner Freude über die Resonanz und die allmählich wachsende Zahl der Beiräte in Nordrhein-Westfalen Ausdruck. Arns verwies aber auch darauf, dass angesichts einer Gesamtzahl von 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen die Zahl von 22 Beiräten noch recht bescheiden und das Instrument beileibe noch nicht stabil und überall akzeptiert sei. Deshalb stellte er auch in den Mittelpunkt seiner inhaltlichen Wünsche an den Erfahrungsaustausch die Frage: Wie kann eine größere Akzeptanz für Gestaltungs- und Planungs-beiräte geschaffen werden? Wie kann die öffentliche Wahrnehmung der Beiratsarbeit verbessert und der Nutzen und Gewinn herausgestellt werden? 

Als Anregung für den Erfahrungsaustausch und die Diskussion hielten Tanja S. Flemming, Leiterin der Geschäftsstelle des Gestaltungsbeirates der Stadt Regensburg, und Prof. Zvonko Turkali, der Vorsitzende dieses Beirates, einleitende Referate über die politische Einbindung, die Zusammensetzung, die Arbeitsweise und Wirkungen des Regensburger Beirates und illustrierten die Arbeitseffekte an einigen Beispielen. Dabei wurde allen Zuhörern die Besonderheit des Regensburger Beispiels schnell deutlich. Prof. Kunibert Wachten, der den Erfahrungsaustausch moderierte, hob aus seiner Erfahrung als Vorsitzender des Architektur- und Städtebaubeirates der Stadt Trier noch einige Aspekte hervor, da der Beirat in Trier fast exakt dem Regensburger Vorbild folgt. Das Regensburger und auch das Trierer Beispiel weisen einige Besonderheiten auf: Die jeweils fünf Beiratsmitglieder sind nicht ortsansässig, besitzen ein befristetes Mandat und sind für die Zeit ihrer Beiratstätigkeit und einer Nachlaufzeit von Bau- oder Planungsaufträgen ausgeschlossen. Dafür erhalten sie jedoch auch für ihre fachliche Beratungstätigkeit ein angemessenes Honorar. Vertreter der politischen Fraktionen gehören – zumindest in Trier – meinungsbildend, aber nicht stimmberechtigt dem Beirat an. Der Regensburger wie auch der Trierer Beirat besitzen jeweils eine in der Stadtverwaltung etablierte Geschäftsstelle mit einem eigenen Budget, aus dem teilweise auch öffentliche Veranstaltungen zur Baukultur finanziert werden können. Die Geschäftsstelle bereitet die Sitzungen vor und erstellt in der Regel für jedes zu beratende Städtebau-Projekt oder Bauvorhaben ein Dossier mit allen entscheidungsrelevanten Fakten und Vorgängen, das frühzeitig den Beiratsmitgliedern zur Vorbereitung zugeleitet wird. Die Sitzungen beider Beiräte sind öffentlich, haben aber auch nicht öffentliche Teile. Fast immer sind Gäste und vor allem die Presse anwesend. Die Beurteilung der Projekte erfolgt in der Regel auch in der Sitzung öffentlich, wird jedoch noch von einer schriftlichen Fassung flankiert.  

Tanja Flemming und Prof. Zvonko Turkali aus Regensburg wiesen bei Rückfragen immer wieder darauf hin, dass es für die Wirkung der Beiratsarbeit ganz entscheidend ist, dass der Beirat „politisch gewollt“ ist. In der Diskussion zeigte sich auch, dass die Einrichtung einer Geschäftsstelle, die professionell Sitzungen vorbereitet, und die Bereitstellung von Budget wichtige Indizien für politische Akzeptanz sind, auch wenn generell die Beiratsarbeit per se politisch nicht ohne Konfliktstoff ist. 

Der äußerst lebendige Erfahrungsaustausch im Haus der Architekten brachte vor allem in der Frage, wie viel Öffentlichkeit und öffentliche Beratung von Bauvorhaben und Projekten sinnvoll sei, eine kontroverse Einschätzung hervor. Und es wurde in der Diskussion schnell deutlich, dass ein hohes Maß an Öffentlichkeit und Pressebeteiligung kein generalisierbarer Akzeptanzverstärker ist. Vielmehr bedürfe es eines wohldosierten, auf die jeweilige kommunale Lage abgestimmten Maßes, da die politischen Bedingungen, die bau- und planungskulturelle Tradition und die Funktion der Beiratsarbeit höchst unterschiedlich sein könnten. 

Als Zwischenresümee der Diskussion, angereichert mit eigenen Erfahrungen in Trier, entwickelte Prof. Kunibert Wachten im Verlauf des Erfahrungsaustauschs einige Positionen: 

1. Die Beiratsarbeit ist sinnvoller Baustein einer kommunalen Strategie zur Förderung der Baukultur. Flankierende Veranstaltungen und Aktionen können helfen, die Notwendigkeit von Baukultur breiter in der Öffentlichkeit zu verankern. Die Beiratsarbeit, ihre Wirkungen und Erfolge, müssen also auch Bestandteil gezielter Öffentlichkeitsarbeit sein.
2. Um dies gezielt betreiben zu können, braucht man adäquate Organisationsstrukturen und vor allem ein entsprechendes Budget. Bürgerschaftliches und berufliches Engagement kann unterstützend hinzukommen, aber die eindeutige kommunale Willenserklärung zur Verbesserung der Baukultur durch das Bereitstellen von Geschäftsstelle und Budget müssen den Kern bilden.
3. Mit der Einbindung der Beiratsarbeit in die Baukultur-Öffentlichkeitsarbeit wächst der Zwang für die Beiräte, für ein breiteres Publikum verständlich und nachvollziehbar zu argumentieren und fachliche Belange, Werte und Maßstäbe zu vermitteln.
4. Ein Gremium, das zusätzlich zu den üblichen Verwaltungsabläufen Bauvorhaben und Projekte beurteilt, annimmt und meistenfalls mit Überarbeitungswünschen zurückweist, kann per se keine große Gegenliebe und Akzeptanz erwarten. Deshalb ist es wichtig, dass die Beiräte nicht nur der operativen Arbeit der Beurteilung nachgehen, sondern auch strategische Aufgaben wahrnehmen können, Anregungen und Impulse für städtebauliche Zukunftsaufgaben, für Planungsverfahren und Baukultur-Aktionen setzen können. Ein Beirat braucht die Chance, seinen Nutzen zu demonstrieren, um Akzeptanz zu erfahren.
5. In dem Maße, wie in der Politik und Öffentlichkeit die Einschätzung und Erfahrung wächst, dass die Beiratsarbeit nützlich und produktiv ist, wächst auch die Verbindlichkeit der Beiratsempfehlungen. Das „gute Beispiel“ hat auch in diesem Fall mehr Überzeugungskraft als formelle Regelungen. 

Aus dem Teilnehmerkreis fanden diese Positionen Echo und vielfältige Anregungen und konkrete Ideen. Als ein Anliegen für künftige Veranstaltungen wurde die Auflistung von Argumenten für die Einrichtung von Planungs- und Gestaltungsbeiräten angesehen. Auch dafür gaben die Impulsbeiträge von Tanja S. Flemming und Prof. Turkali Anregungen, die für Regensburg die heute unstrittigen Effekte aufzeigten: 

• Architekturqualität wirkt als Standortfaktor.
• Das Bewusstsein für die gebaute Umwelt wächst.
• Die Beiratsarbeit löst Marketingeffekte für Investoren aus.
• Sie ist eine kostenlose Qualitätskontrolle für Banken.
• Es zeigt sich eine Imageförderung für Architekten.
• Das Qualitätsniveau erfährt eine Anhebung. 

Die Lebendigkeit des Erfahrungsaustauschs war eine deutliche Ermunterung, diese Veranstaltungsreihe mit jeweils anderen thematischen Fokussierungen fortzusetzen. Die Idee der Kammer, den Austausch zu verstetigen, fand allseits positive Resonanz.

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